Röhren spielen im Haushalte der Menschen eine höchst wichtige Rolle. Tausende von Kilometern sind in einer Großstadt allein in die Erde gegraben. Da liegen Wasserleitungsrohre, Kanalisationsrohre und Gasrohre; Telegraphenkabel und Kabel für elektrische Beleuchtung sind in Röhren eingeschlossen, durch Röhren fliegt die Rohrpost; ebensoviele Kilometer sind in den Wänden der Häuser eingemauert, oder laufen außen an den Häusern entlang; da giebt es neben den genannten noch Röhren für Centralheizungen, für Ventilation, Röhren, welche Druck- luft als Betriebskraft von einer Centralstelle in die Werkstätten führen, auf dem Hofe findet man Brunnenröhren; und welche Unmengen von Röhren sind erst an den Maschinen aller Art, kurz Röhren hier und Röhren da, Röhren überall, wohin das Auge blickt. Kein Wunder also, wenn der Röhrenfabrikation die größte Aufmerksamkeit zugewendet wird, und fast jede Woche neue Verfahren ersonnen und zum Patent an- gemeldet werden.
Gußeiserne Röhren konnte man schon in früher Zeit herstellen. Dieselben sollen vollkommen blasenfrei sein, damit sie dicht halten und weder Gas noch Wasser durchsickern lassen, sie sollen aber auch bei Er- schütterungen, wie sie bei der Wasserleitung durch das Wasser ausgeübt werden, wie sie aber auch beim Dichten der Verbindungsstellen nicht zu vermeiden sind, nicht zerbrechen. Man gießt daher die Röhren meist stehend, die Muffe -- der erweiterte Ansatz, in welchen die folgende Röhre hineingeschoben wird -- nach unten. Dann steigen die Blasen nach oben, alle Unreinigkeiten und Fremdkörper schwimmen oben und bleiben nicht in der Röhre, namentlich wird die Muffe, die gerade beim Dichten die Schläge auszuhalten hat, frei von Verunreinigungen sein. Ferner hat der stehende Guß den Vorteil, daß man den Kern hineinhängen kann, ohne ihn weiter zu versteifen und zu stützen. Die Formen, meist aus Sand hergestellt, werden zuvor getrocknet, um die Dampfentwicklung zu vermindern. Man wendet durchweg Kastenguß an, der Kasten ist cylindrisch, zweiteilig und sein Durchmesser so ge- wählt, daß die Sandschicht nur schmal, 20 bis 30 mm breit ist -- so wird Material an Sand gespart und das Trocknen geht schneller vor sich. So werden in Deutschland allein über eine Million Centner Röhren jährlich hergestellt.
Gegossene Röhren haben natürlich immer eine ziemliche Wand- stärke, man hat deshalb schon seit Anfang dieses Jahrhunderts Röhren gezogen, gerade wie man Draht zieht. Ein kurzer kräftiger Hohl- cylinder wird gegossen und auf die Schleppzangenziehbank gebracht. Das Zieheisen, welches das Rohr passieren muß, heißt hier Zieh- ring. Um ein Verbiegen und Krümmen des Rohres zu ver- hindern, und um ihm gleichzeitig genau die verlangte Wandstärke zu erteilen, wird das Rohr nicht bloß durch den Ring, sondern gleichzeitig
Die Metallverarbeitung.
Die Röhrenerzeugung.
Röhren ſpielen im Haushalte der Menſchen eine höchſt wichtige Rolle. Tauſende von Kilometern ſind in einer Großſtadt allein in die Erde gegraben. Da liegen Waſſerleitungsrohre, Kanaliſationsrohre und Gasrohre; Telegraphenkabel und Kabel für elektriſche Beleuchtung ſind in Röhren eingeſchloſſen, durch Röhren fliegt die Rohrpoſt; ebenſoviele Kilometer ſind in den Wänden der Häuſer eingemauert, oder laufen außen an den Häuſern entlang; da giebt es neben den genannten noch Röhren für Centralheizungen, für Ventilation, Röhren, welche Druck- luft als Betriebskraft von einer Centralſtelle in die Werkſtätten führen, auf dem Hofe findet man Brunnenröhren; und welche Unmengen von Röhren ſind erſt an den Maſchinen aller Art, kurz Röhren hier und Röhren da, Röhren überall, wohin das Auge blickt. Kein Wunder alſo, wenn der Röhrenfabrikation die größte Aufmerkſamkeit zugewendet wird, und faſt jede Woche neue Verfahren erſonnen und zum Patent an- gemeldet werden.
Gußeiſerne Röhren konnte man ſchon in früher Zeit herſtellen. Dieſelben ſollen vollkommen blaſenfrei ſein, damit ſie dicht halten und weder Gas noch Waſſer durchſickern laſſen, ſie ſollen aber auch bei Er- ſchütterungen, wie ſie bei der Waſſerleitung durch das Waſſer ausgeübt werden, wie ſie aber auch beim Dichten der Verbindungsſtellen nicht zu vermeiden ſind, nicht zerbrechen. Man gießt daher die Röhren meiſt ſtehend, die Muffe — der erweiterte Anſatz, in welchen die folgende Röhre hineingeſchoben wird — nach unten. Dann ſteigen die Blaſen nach oben, alle Unreinigkeiten und Fremdkörper ſchwimmen oben und bleiben nicht in der Röhre, namentlich wird die Muffe, die gerade beim Dichten die Schläge auszuhalten hat, frei von Verunreinigungen ſein. Ferner hat der ſtehende Guß den Vorteil, daß man den Kern hineinhängen kann, ohne ihn weiter zu verſteifen und zu ſtützen. Die Formen, meiſt aus Sand hergeſtellt, werden zuvor getrocknet, um die Dampfentwicklung zu vermindern. Man wendet durchweg Kaſtenguß an, der Kaſten iſt cylindriſch, zweiteilig und ſein Durchmeſſer ſo ge- wählt, daß die Sandſchicht nur ſchmal, 20 bis 30 mm breit iſt — ſo wird Material an Sand geſpart und das Trocknen geht ſchneller vor ſich. So werden in Deutſchland allein über eine Million Centner Röhren jährlich hergeſtellt.
Gegoſſene Röhren haben natürlich immer eine ziemliche Wand- ſtärke, man hat deshalb ſchon ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts Röhren gezogen, gerade wie man Draht zieht. Ein kurzer kräftiger Hohl- cylinder wird gegoſſen und auf die Schleppzangenziehbank gebracht. Das Zieheiſen, welches das Rohr paſſieren muß, heißt hier Zieh- ring. Um ein Verbiegen und Krümmen des Rohres zu ver- hindern, und um ihm gleichzeitig genau die verlangte Wandſtärke zu erteilen, wird das Rohr nicht bloß durch den Ring, ſondern gleichzeitig
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Die Metallverarbeitung.
Die Röhrenerzeugung.
Röhren ſpielen im Haushalte der Menſchen eine höchſt wichtige
Rolle. Tauſende von Kilometern ſind in einer Großſtadt allein in die
Erde gegraben. Da liegen Waſſerleitungsrohre, Kanaliſationsrohre und
Gasrohre; Telegraphenkabel und Kabel für elektriſche Beleuchtung ſind
in Röhren eingeſchloſſen, durch Röhren fliegt die Rohrpoſt; ebenſoviele
Kilometer ſind in den Wänden der Häuſer eingemauert, oder laufen
außen an den Häuſern entlang; da giebt es neben den genannten noch
Röhren für Centralheizungen, für Ventilation, Röhren, welche Druck-
luft als Betriebskraft von einer Centralſtelle in die Werkſtätten führen,
auf dem Hofe findet man Brunnenröhren; und welche Unmengen von
Röhren ſind erſt an den Maſchinen aller Art, kurz Röhren hier und
Röhren da, Röhren überall, wohin das Auge blickt. Kein Wunder alſo,
wenn der Röhrenfabrikation die größte Aufmerkſamkeit zugewendet wird,
und faſt jede Woche neue Verfahren erſonnen und zum Patent an-
gemeldet werden.
Gußeiſerne Röhren konnte man ſchon in früher Zeit herſtellen.
Dieſelben ſollen vollkommen blaſenfrei ſein, damit ſie dicht halten und
weder Gas noch Waſſer durchſickern laſſen, ſie ſollen aber auch bei Er-
ſchütterungen, wie ſie bei der Waſſerleitung durch das Waſſer ausgeübt
werden, wie ſie aber auch beim Dichten der Verbindungsſtellen nicht zu
vermeiden ſind, nicht zerbrechen. Man gießt daher die Röhren meiſt
ſtehend, die Muffe — der erweiterte Anſatz, in welchen die folgende
Röhre hineingeſchoben wird — nach unten. Dann ſteigen die Blaſen
nach oben, alle Unreinigkeiten und Fremdkörper ſchwimmen oben und
bleiben nicht in der Röhre, namentlich wird die Muffe, die gerade
beim Dichten die Schläge auszuhalten hat, frei von Verunreinigungen
ſein. Ferner hat der ſtehende Guß den Vorteil, daß man den Kern
hineinhängen kann, ohne ihn weiter zu verſteifen und zu ſtützen. Die
Formen, meiſt aus Sand hergeſtellt, werden zuvor getrocknet, um die
Dampfentwicklung zu vermindern. Man wendet durchweg Kaſtenguß
an, der Kaſten iſt cylindriſch, zweiteilig und ſein Durchmeſſer ſo ge-
wählt, daß die Sandſchicht nur ſchmal, 20 bis 30 mm breit iſt — ſo
wird Material an Sand geſpart und das Trocknen geht ſchneller vor
ſich. So werden in Deutſchland allein über eine Million Centner
Röhren jährlich hergeſtellt.
Gegoſſene Röhren haben natürlich immer eine ziemliche Wand-
ſtärke, man hat deshalb ſchon ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts Röhren
gezogen, gerade wie man Draht zieht. Ein kurzer kräftiger Hohl-
cylinder wird gegoſſen und auf die Schleppzangenziehbank gebracht.
Das Zieheiſen, welches das Rohr paſſieren muß, heißt hier Zieh-
ring. Um ein Verbiegen und Krümmen des Rohres zu ver-
hindern, und um ihm gleichzeitig genau die verlangte Wandſtärke zu
erteilen, wird das Rohr nicht bloß durch den Ring, ſondern gleichzeitig
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/684>, abgerufen am 22.11.2024.
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