Lineal hin, und es bleibt in jeder Furche eine Nadel liegen. Auch hierzu giebt es Maschinchen, welche die ganze Arbeit soweit allein besorgen, daß sie die Nadeln sogar noch in Papier stecken, so daß der Arbeiter nur die Kurbel dreht und das Papier hinlegt und fortnimmt.
3. Die Sprengstoffe und ihre Verwendung in der Technik und im Kriege.
Wenn es wahr ist, daß die siegende Intelligenz, welche den Menschen über alle anderen Geschöpfe erhebt, ihr höchstes Ziel in der Beherrschung der Naturkräfte findet, so muß die Erfindung der Sprengstoffe als einer der größten Triumphe der menschlichen Geistes- kraft angesehen werden. Denn auf keinem anderen Gebiete ist das Material, mit welchem der spekulative Verstand zu arbeiten hat, ein derartig sprödes, in seiner fesselfreien Entfaltung furchtbares und ver- nichtendes, bei keiner anderen Erfindung der Einfluß auf die Schicksale der Menschheit ein so gewaltiger und in wunderbarer Weise zwischen Fluch und Segen geteilter, wie gerade hier. Derselbe Stoff, der in der Hand des fleißigen Arbeiters eine segenspendende Kraft von gigan- tischer Leistungsfähigkeit darstellt, wird in der Waffe des Kriegers zum zerstörenden, die Weltgeschichte beherrschenden Dämon, und in der Faust des politischen Schwärmers zum Werkzeug fluchwürdiger Ver- brechen.
Die Sprengstoffe sind im wesentlichen eine Erfindung des gegen- wärtigen Jahrhunderts; besonders ist es erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit gelungen, einen genaueren Einblick in die Wirkungsweise dieser Körper zu gewinnen und, gestützt auf die Fortschritte der Chemie, ihre Eigenschaften mit derselben Sicherheit zu beherrschen, mit der wir andere natürliche Kraftquellen für unsere Zwecke ausnutzen. Nur die Erfindung des bekanntesten aller Sprengstoffe, des Schießpulvers, gehört früheren Zeiten an, und ihre Spur verliert sich im sagenhaften Altertum. Wie wir aber einerseits das Pulver in historischer Be- ziehung als das Urbild der Sprengstoffe ansehen müssen, so ist anderer- seits seine verhältnismäßig langsame Wirkungsart besser, als diejenige anderer neuerer Sprengstoffe geeignet, einen Begriff von den Prozessen zu geben, welche sich bei der Zersetzung explodierender Körper abspielen. Wir beginnen daher mit der Betrachtung des Pulvers, um dann die wichtigsten anderen Sprengstoffe folgen zu lassen.
Die Sprengſtoffe und ihre Verwendung.
Lineal hin, und es bleibt in jeder Furche eine Nadel liegen. Auch hierzu giebt es Maſchinchen, welche die ganze Arbeit ſoweit allein beſorgen, daß ſie die Nadeln ſogar noch in Papier ſtecken, ſo daß der Arbeiter nur die Kurbel dreht und das Papier hinlegt und fortnimmt.
3. Die Sprengſtoffe und ihre Verwendung in der Technik und im Kriege.
Wenn es wahr iſt, daß die ſiegende Intelligenz, welche den Menſchen über alle anderen Geſchöpfe erhebt, ihr höchſtes Ziel in der Beherrſchung der Naturkräfte findet, ſo muß die Erfindung der Sprengſtoffe als einer der größten Triumphe der menſchlichen Geiſtes- kraft angeſehen werden. Denn auf keinem anderen Gebiete iſt das Material, mit welchem der ſpekulative Verſtand zu arbeiten hat, ein derartig ſprödes, in ſeiner feſſelfreien Entfaltung furchtbares und ver- nichtendes, bei keiner anderen Erfindung der Einfluß auf die Schickſale der Menſchheit ein ſo gewaltiger und in wunderbarer Weiſe zwiſchen Fluch und Segen geteilter, wie gerade hier. Derſelbe Stoff, der in der Hand des fleißigen Arbeiters eine ſegenſpendende Kraft von gigan- tiſcher Leiſtungsfähigkeit darſtellt, wird in der Waffe des Kriegers zum zerſtörenden, die Weltgeſchichte beherrſchenden Dämon, und in der Fauſt des politiſchen Schwärmers zum Werkzeug fluchwürdiger Ver- brechen.
Die Sprengſtoffe ſind im weſentlichen eine Erfindung des gegen- wärtigen Jahrhunderts; beſonders iſt es erſt ſeit verhältnismäßig kurzer Zeit gelungen, einen genaueren Einblick in die Wirkungsweiſe dieſer Körper zu gewinnen und, geſtützt auf die Fortſchritte der Chemie, ihre Eigenſchaften mit derſelben Sicherheit zu beherrſchen, mit der wir andere natürliche Kraftquellen für unſere Zwecke ausnutzen. Nur die Erfindung des bekannteſten aller Sprengſtoffe, des Schießpulvers, gehört früheren Zeiten an, und ihre Spur verliert ſich im ſagenhaften Altertum. Wie wir aber einerſeits das Pulver in hiſtoriſcher Be- ziehung als das Urbild der Sprengſtoffe anſehen müſſen, ſo iſt anderer- ſeits ſeine verhältnismäßig langſame Wirkungsart beſſer, als diejenige anderer neuerer Sprengſtoffe geeignet, einen Begriff von den Prozeſſen zu geben, welche ſich bei der Zerſetzung explodierender Körper abſpielen. Wir beginnen daher mit der Betrachtung des Pulvers, um dann die wichtigſten anderen Sprengſtoffe folgen zu laſſen.
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Die Sprengſtoffe und ihre Verwendung.
Lineal hin, und es bleibt in jeder Furche eine Nadel liegen. Auch
hierzu giebt es Maſchinchen, welche die ganze Arbeit ſoweit allein
beſorgen, daß ſie die Nadeln ſogar noch in Papier ſtecken, ſo daß
der Arbeiter nur die Kurbel dreht und das Papier hinlegt und
fortnimmt.
3. Die Sprengſtoffe und ihre Verwendung in der
Technik und im Kriege.
Wenn es wahr iſt, daß die ſiegende Intelligenz, welche den
Menſchen über alle anderen Geſchöpfe erhebt, ihr höchſtes Ziel
in der Beherrſchung der Naturkräfte findet, ſo muß die Erfindung der
Sprengſtoffe als einer der größten Triumphe der menſchlichen Geiſtes-
kraft angeſehen werden. Denn auf keinem anderen Gebiete iſt das
Material, mit welchem der ſpekulative Verſtand zu arbeiten hat, ein
derartig ſprödes, in ſeiner feſſelfreien Entfaltung furchtbares und ver-
nichtendes, bei keiner anderen Erfindung der Einfluß auf die Schickſale
der Menſchheit ein ſo gewaltiger und in wunderbarer Weiſe zwiſchen
Fluch und Segen geteilter, wie gerade hier. Derſelbe Stoff, der in
der Hand des fleißigen Arbeiters eine ſegenſpendende Kraft von gigan-
tiſcher Leiſtungsfähigkeit darſtellt, wird in der Waffe des Kriegers zum
zerſtörenden, die Weltgeſchichte beherrſchenden Dämon, und in der
Fauſt des politiſchen Schwärmers zum Werkzeug fluchwürdiger Ver-
brechen.
Die Sprengſtoffe ſind im weſentlichen eine Erfindung des gegen-
wärtigen Jahrhunderts; beſonders iſt es erſt ſeit verhältnismäßig kurzer
Zeit gelungen, einen genaueren Einblick in die Wirkungsweiſe dieſer
Körper zu gewinnen und, geſtützt auf die Fortſchritte der Chemie, ihre
Eigenſchaften mit derſelben Sicherheit zu beherrſchen, mit der wir
andere natürliche Kraftquellen für unſere Zwecke ausnutzen. Nur die
Erfindung des bekannteſten aller Sprengſtoffe, des Schießpulvers,
gehört früheren Zeiten an, und ihre Spur verliert ſich im ſagenhaften
Altertum. Wie wir aber einerſeits das Pulver in hiſtoriſcher Be-
ziehung als das Urbild der Sprengſtoffe anſehen müſſen, ſo iſt anderer-
ſeits ſeine verhältnismäßig langſame Wirkungsart beſſer, als diejenige
anderer neuerer Sprengſtoffe geeignet, einen Begriff von den Prozeſſen
zu geben, welche ſich bei der Zerſetzung explodierender Körper abſpielen.
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 690. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/708>, abgerufen am 22.11.2024.
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