Personenverkehr besorgt und die Verbindung mit der Außenwelt her- stellt. Früher der Gegenstand der Lieder von poetisch und nicht poetisch veranlagten Geistern, nähert sie sich mit unaufhaltsamem Schritte ihrem völligen Verschwinden. Angesichts der stetig zunehmenden Verbreitung der modernen Verkehrsmittel, der Eisenbahnen, der Pferdebahnen, der elektrischen Bahnen, existiert sie nur noch in wenigen Exemplaren als ein Zeichen der mit Unrecht so oft gerühmten guten alten Zeit.
3. Die Motorwagen.
Als die Erkenntnis der dem Wasserdampfe innewohnenden Kraft sich immer mehr Bahn brach, da kam zuerst Savery, dessen Vor- richtung zum Heben von Wasser wir bei der Geschichte der Erfindung der Dampfmaschine des näheren erläutert haben, auf die Idee, die Dampfkraft zur Fortbewegung von Straßenfuhrwerken anzuwenden. Er kam jedoch über die Versuche nicht hinaus. Der erste, welcher einen mit Dampfkraft betriebenen Straßenwagen thatsächlich ausführte und in Betrieb setzte, war der Franzose Cugnot, und zwar geschah dieses auf Kosten der französischen Regierung im Jahre 1769. Diese Maschine mußte jedoch alsbald wieder bei Seite gelassen werden, da sie nur vier Personen mit einer Geschwindigkeit von 4 Kilometer in der Stunde auf dem Pariser Straßenpflaster zu befördern vermochte. Das Modell dieses Cugnotschen Dampfwagens befindet sich noch heut im Pariser Conservatoire des Arts et Metiers.
Von besseren Erfolgen waren die Bestrebungen des Amerikaners Olivier Evans und des Engländers Trevithick begleitet, leider aber ohne nachhaltige Wirkung. Von ersterem wird berichtet, daß er während der Jahre 1803/1804 in Philadelphia in Gegenwart Tausender Probefahrten angestellt habe; von einer weiteren Verwendung seiner Erfindung verlautet jedoch nichts.
Der von Trevithick konstruierte Dampfwagen ist in Fig. 405 dar- gestellt. Man hat Trevithick, der entschieden ein geborenes mechanisches Genie war, nicht mit Unrecht, als den eigentlichen Vater der Lokomotive bezeichnet, denn in der That wies sein Dampfwagen, den er 1801 erbaute und im Jahre 1803 wesentlich verbesserte, bereits alle diejenigen Merkmale auf, welche später die Stephensonsche Lokomotive zum Siege über ihre Rivalinnen führten. Trevithick wurde durch einen Zufall der Gehilfe Murdocs, des Werkführers von James Watt, und hatte hier die Reparatur eines von Murdoc in müßigen Stunden angefertigten, wenig brauchbaren Dampfwagens auszuführen. Es war dieses ein vierrädriges Gestell, auf welchem ein Dampfkessel mit stehendem Dampf- cylinder angeordnet war, von dessen Kolben aus die Räder durch eine Triebstange bewegt wurden. Im Jahre 1801 hatte Trevithick eine Dampfkutsche konstruiert, welche 6 Personen zu befördern vermochte. Dieselbe war insofern das Vorbild der späteren Lokomotive Stephen-
Die Motorwagen.
Perſonenverkehr beſorgt und die Verbindung mit der Außenwelt her- ſtellt. Früher der Gegenſtand der Lieder von poetiſch und nicht poetiſch veranlagten Geiſtern, nähert ſie ſich mit unaufhaltſamem Schritte ihrem völligen Verſchwinden. Angeſichts der ſtetig zunehmenden Verbreitung der modernen Verkehrsmittel, der Eiſenbahnen, der Pferdebahnen, der elektriſchen Bahnen, exiſtiert ſie nur noch in wenigen Exemplaren als ein Zeichen der mit Unrecht ſo oft gerühmten guten alten Zeit.
3. Die Motorwagen.
Als die Erkenntnis der dem Waſſerdampfe innewohnenden Kraft ſich immer mehr Bahn brach, da kam zuerſt Savery, deſſen Vor- richtung zum Heben von Waſſer wir bei der Geſchichte der Erfindung der Dampfmaſchine des näheren erläutert haben, auf die Idee, die Dampfkraft zur Fortbewegung von Straßenfuhrwerken anzuwenden. Er kam jedoch über die Verſuche nicht hinaus. Der erſte, welcher einen mit Dampfkraft betriebenen Straßenwagen thatſächlich ausführte und in Betrieb ſetzte, war der Franzoſe Cugnot, und zwar geſchah dieſes auf Koſten der franzöſiſchen Regierung im Jahre 1769. Dieſe Maſchine mußte jedoch alsbald wieder bei Seite gelaſſen werden, da ſie nur vier Perſonen mit einer Geſchwindigkeit von 4 Kilometer in der Stunde auf dem Pariſer Straßenpflaſter zu befördern vermochte. Das Modell dieſes Cugnotſchen Dampfwagens befindet ſich noch heut im Pariſer Conservatoire des Arts et Métiers.
Von beſſeren Erfolgen waren die Beſtrebungen des Amerikaners Olivier Evans und des Engländers Trevithick begleitet, leider aber ohne nachhaltige Wirkung. Von erſterem wird berichtet, daß er während der Jahre 1803/1804 in Philadelphia in Gegenwart Tauſender Probefahrten angeſtellt habe; von einer weiteren Verwendung ſeiner Erfindung verlautet jedoch nichts.
Der von Trevithick konſtruierte Dampfwagen iſt in Fig. 405 dar- geſtellt. Man hat Trevithick, der entſchieden ein geborenes mechaniſches Genie war, nicht mit Unrecht, als den eigentlichen Vater der Lokomotive bezeichnet, denn in der That wies ſein Dampfwagen, den er 1801 erbaute und im Jahre 1803 weſentlich verbeſſerte, bereits alle diejenigen Merkmale auf, welche ſpäter die Stephenſonſche Lokomotive zum Siege über ihre Rivalinnen führten. Trevithick wurde durch einen Zufall der Gehilfe Murdocs, des Werkführers von James Watt, und hatte hier die Reparatur eines von Murdoc in müßigen Stunden angefertigten, wenig brauchbaren Dampfwagens auszuführen. Es war dieſes ein vierrädriges Geſtell, auf welchem ein Dampfkeſſel mit ſtehendem Dampf- cylinder angeordnet war, von deſſen Kolben aus die Räder durch eine Triebſtange bewegt wurden. Im Jahre 1801 hatte Trevithick eine Dampfkutſche konſtruiert, welche 6 Perſonen zu befördern vermochte. Dieſelbe war inſofern das Vorbild der ſpäteren Lokomotive Stephen-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0749"n="731"/><fwplace="top"type="header">Die Motorwagen.</fw><lb/>
Perſonenverkehr beſorgt und die Verbindung mit der Außenwelt her-<lb/>ſtellt. Früher der Gegenſtand der Lieder von poetiſch und nicht poetiſch<lb/>
veranlagten Geiſtern, nähert ſie ſich mit unaufhaltſamem Schritte ihrem<lb/>
völligen Verſchwinden. Angeſichts der ſtetig zunehmenden Verbreitung<lb/>
der modernen Verkehrsmittel, der Eiſenbahnen, der Pferdebahnen, der<lb/>
elektriſchen Bahnen, exiſtiert ſie nur noch in wenigen Exemplaren als<lb/>
ein Zeichen der mit Unrecht ſo oft gerühmten guten alten Zeit.</p></div><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">3. Die Motorwagen.</hi></head><lb/><p>Als die Erkenntnis der dem Waſſerdampfe innewohnenden Kraft<lb/>ſich immer mehr Bahn brach, da kam zuerſt Savery, deſſen Vor-<lb/>
richtung zum Heben von Waſſer wir bei der Geſchichte der Erfindung<lb/>
der Dampfmaſchine des näheren erläutert haben, auf die Idee,<lb/>
die Dampfkraft zur Fortbewegung von Straßenfuhrwerken anzuwenden.<lb/>
Er kam jedoch über die Verſuche nicht hinaus. Der erſte, welcher<lb/>
einen mit Dampfkraft betriebenen Straßenwagen thatſächlich ausführte<lb/>
und in Betrieb ſetzte, war der Franzoſe Cugnot, und zwar geſchah<lb/>
dieſes auf Koſten der franzöſiſchen Regierung im Jahre 1769. Dieſe<lb/>
Maſchine mußte jedoch alsbald wieder bei Seite gelaſſen werden, da<lb/>ſie nur vier Perſonen mit einer Geſchwindigkeit von 4 Kilometer in der<lb/>
Stunde auf dem Pariſer Straßenpflaſter zu befördern vermochte. Das<lb/>
Modell dieſes Cugnotſchen Dampfwagens befindet ſich noch heut im<lb/>
Pariſer <hirendition="#aq">Conservatoire des Arts et Métiers.</hi></p><lb/><p>Von beſſeren Erfolgen waren die Beſtrebungen des Amerikaners<lb/>
Olivier Evans und des Engländers Trevithick begleitet, leider aber<lb/>
ohne nachhaltige Wirkung. Von erſterem wird berichtet, daß er<lb/>
während der Jahre 1803/1804 in Philadelphia in Gegenwart Tauſender<lb/>
Probefahrten angeſtellt habe; von einer weiteren Verwendung ſeiner<lb/>
Erfindung verlautet jedoch nichts.</p><lb/><p>Der von Trevithick konſtruierte Dampfwagen iſt in Fig. 405 dar-<lb/>
geſtellt. Man hat Trevithick, der entſchieden ein geborenes mechaniſches<lb/>
Genie war, nicht mit Unrecht, als den eigentlichen Vater der Lokomotive<lb/>
bezeichnet, denn in der That wies ſein Dampfwagen, den er 1801<lb/>
erbaute und im Jahre 1803 weſentlich verbeſſerte, bereits alle diejenigen<lb/>
Merkmale auf, welche ſpäter die Stephenſonſche Lokomotive zum Siege<lb/>
über ihre Rivalinnen führten. Trevithick wurde durch einen Zufall der<lb/>
Gehilfe Murdocs, des Werkführers von James Watt, und hatte hier<lb/>
die Reparatur eines von Murdoc in müßigen Stunden angefertigten,<lb/>
wenig brauchbaren Dampfwagens auszuführen. Es war dieſes ein<lb/>
vierrädriges Geſtell, auf welchem ein Dampfkeſſel mit ſtehendem Dampf-<lb/>
cylinder angeordnet war, von deſſen Kolben aus die Räder durch<lb/>
eine Triebſtange bewegt wurden. Im Jahre 1801 hatte Trevithick<lb/>
eine Dampfkutſche konſtruiert, welche 6 Perſonen zu befördern vermochte.<lb/>
Dieſelbe war inſofern das Vorbild der ſpäteren Lokomotive Stephen-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[731/0749]
Die Motorwagen.
Perſonenverkehr beſorgt und die Verbindung mit der Außenwelt her-
ſtellt. Früher der Gegenſtand der Lieder von poetiſch und nicht poetiſch
veranlagten Geiſtern, nähert ſie ſich mit unaufhaltſamem Schritte ihrem
völligen Verſchwinden. Angeſichts der ſtetig zunehmenden Verbreitung
der modernen Verkehrsmittel, der Eiſenbahnen, der Pferdebahnen, der
elektriſchen Bahnen, exiſtiert ſie nur noch in wenigen Exemplaren als
ein Zeichen der mit Unrecht ſo oft gerühmten guten alten Zeit.
3. Die Motorwagen.
Als die Erkenntnis der dem Waſſerdampfe innewohnenden Kraft
ſich immer mehr Bahn brach, da kam zuerſt Savery, deſſen Vor-
richtung zum Heben von Waſſer wir bei der Geſchichte der Erfindung
der Dampfmaſchine des näheren erläutert haben, auf die Idee,
die Dampfkraft zur Fortbewegung von Straßenfuhrwerken anzuwenden.
Er kam jedoch über die Verſuche nicht hinaus. Der erſte, welcher
einen mit Dampfkraft betriebenen Straßenwagen thatſächlich ausführte
und in Betrieb ſetzte, war der Franzoſe Cugnot, und zwar geſchah
dieſes auf Koſten der franzöſiſchen Regierung im Jahre 1769. Dieſe
Maſchine mußte jedoch alsbald wieder bei Seite gelaſſen werden, da
ſie nur vier Perſonen mit einer Geſchwindigkeit von 4 Kilometer in der
Stunde auf dem Pariſer Straßenpflaſter zu befördern vermochte. Das
Modell dieſes Cugnotſchen Dampfwagens befindet ſich noch heut im
Pariſer Conservatoire des Arts et Métiers.
Von beſſeren Erfolgen waren die Beſtrebungen des Amerikaners
Olivier Evans und des Engländers Trevithick begleitet, leider aber
ohne nachhaltige Wirkung. Von erſterem wird berichtet, daß er
während der Jahre 1803/1804 in Philadelphia in Gegenwart Tauſender
Probefahrten angeſtellt habe; von einer weiteren Verwendung ſeiner
Erfindung verlautet jedoch nichts.
Der von Trevithick konſtruierte Dampfwagen iſt in Fig. 405 dar-
geſtellt. Man hat Trevithick, der entſchieden ein geborenes mechaniſches
Genie war, nicht mit Unrecht, als den eigentlichen Vater der Lokomotive
bezeichnet, denn in der That wies ſein Dampfwagen, den er 1801
erbaute und im Jahre 1803 weſentlich verbeſſerte, bereits alle diejenigen
Merkmale auf, welche ſpäter die Stephenſonſche Lokomotive zum Siege
über ihre Rivalinnen führten. Trevithick wurde durch einen Zufall der
Gehilfe Murdocs, des Werkführers von James Watt, und hatte hier
die Reparatur eines von Murdoc in müßigen Stunden angefertigten,
wenig brauchbaren Dampfwagens auszuführen. Es war dieſes ein
vierrädriges Geſtell, auf welchem ein Dampfkeſſel mit ſtehendem Dampf-
cylinder angeordnet war, von deſſen Kolben aus die Räder durch
eine Triebſtange bewegt wurden. Im Jahre 1801 hatte Trevithick
eine Dampfkutſche konſtruiert, welche 6 Perſonen zu befördern vermochte.
Dieſelbe war inſofern das Vorbild der ſpäteren Lokomotive Stephen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 731. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/749>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.