Einwohner. Engel schätzt die aus der Beschleunigung des Personen- verkehrs sich ergebende Ersparnis für die Zeit bis 1878 für Deutsch- land auf 955 Millionen Mark. Beiläufig möge hier noch bemerkt werden, daß der thatsächliche, d. h. direkte und indirekte Vorteil einer Eisenbahn von dem bekannten französischen Minister Freycinet (welcher gleich dem Präsidenten Carnot aus dem Ingenieurfache hervorgegangen ist) als das Vierfache der gesamten Bruttoeinnahme der Bahn be- rechnet wurde.
Man ist in den Kreisen der Laien sehr geneigt, die Eisenbahnen als ein höchst gefährliches Transportmittel zu betrachten. Mit Unrecht! denn die Statistik lehrt das Gegenteil. So stellte man für Frankreich fest, daß durch die Eisenbahnen eine Steigerung der körperlichen Sicherung um das 13--16fache gegenüber dem Reisen in der Post- kutsche bewirkt worden ist. Für England ist nachgewiesen worden, daß es bei weitem nicht so gefährlich ist, einen Tag mit der Eisenbahn zu reisen, als während derselben Zeit in den belebteren Teilen Londons zu gehen, woselbst durch Pferdewagen jährlich 7--8mal so viel Menschen umkommen, als auf den sämtlichen Eisenbahnen Großbritanniens. Durch die Eisenbahnen ist der Komfort und die Gelegenheit zum Reisen so gewaltig gewachsen, daß z. B. in Frankreich vom Jahre 1841 bis bis zum Jahre 1890 die Zahl der Reisenden sich um das 381 fache vermehrte.
1. Der Bau der Eisenbahnen.
Handelt es sich darum, zwei Städte unter einander durch eine Eisenbahn zu verbinden, so sind zunächst diejenigen zwischenliegenden Punkte zu bestimmen, welche wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung durch die Eisenbahn berührt und in den Verkehr einbezogen werden sollen. Die auf diese Weise festgelegte Linie nennt man die kommerzielle Trace. Nunmehr ist es Sache des Bauingenieurs diese kommerzielle Trace so zu legen, daß dieselbe mit den zur Verfügung stehenden technischen Mitteln gebaut und betrieben werden kann, und zwar so, daß ein angemessener Nutzen erzielt werden kann. Aus dem Kom- promisse zwischen der kommerziellen und der thatsächlich ausführbaren Trace entspringt dann schließlich das endgültige Projekt. Als Grund- sätze für den Bau der Eisenbahnen gelten im allgemeinen folgende:
1. Die Krümmungsradien der Kurven müssen möglichst groß sein, damit die Fahrzeuge möglichst leicht hindurch passieren können; man nimmt für diese Radien im flachen Lande eine Größe von 1100 Metern, im Hügellande von 600, im Gebirge von 300 Metern; in Deutschland sind Kurvenradien von weniger als 180 Metern überhaupt nicht zulässig.
2. Die Steigungen sollen im Flachlande in der Regel den Betrag von 1 : 200 nicht überschreiten, d. h. die Eisenbahn soll auf einer Länge von 200 Metern höchstens 1 Meter ansteigen. Im Hügellande geht man bis 1 : 100, im Gebirge bis auf 1 : 40, ja in der neueren Zeit bis
Der Verkehr zu Lande.
Einwohner. Engel ſchätzt die aus der Beſchleunigung des Perſonen- verkehrs ſich ergebende Erſparnis für die Zeit bis 1878 für Deutſch- land auf 955 Millionen Mark. Beiläufig möge hier noch bemerkt werden, daß der thatſächliche, d. h. direkte und indirekte Vorteil einer Eiſenbahn von dem bekannten franzöſiſchen Miniſter Freycinet (welcher gleich dem Präſidenten Carnot aus dem Ingenieurfache hervorgegangen iſt) als das Vierfache der geſamten Bruttoeinnahme der Bahn be- rechnet wurde.
Man iſt in den Kreiſen der Laien ſehr geneigt, die Eiſenbahnen als ein höchſt gefährliches Transportmittel zu betrachten. Mit Unrecht! denn die Statiſtik lehrt das Gegenteil. So ſtellte man für Frankreich feſt, daß durch die Eiſenbahnen eine Steigerung der körperlichen Sicherung um das 13—16fache gegenüber dem Reiſen in der Poſt- kutſche bewirkt worden iſt. Für England iſt nachgewieſen worden, daß es bei weitem nicht ſo gefährlich iſt, einen Tag mit der Eiſenbahn zu reiſen, als während derſelben Zeit in den belebteren Teilen Londons zu gehen, woſelbſt durch Pferdewagen jährlich 7—8mal ſo viel Menſchen umkommen, als auf den ſämtlichen Eiſenbahnen Großbritanniens. Durch die Eiſenbahnen iſt der Komfort und die Gelegenheit zum Reiſen ſo gewaltig gewachſen, daß z. B. in Frankreich vom Jahre 1841 bis bis zum Jahre 1890 die Zahl der Reiſenden ſich um das 381 fache vermehrte.
1. Der Bau der Eiſenbahnen.
Handelt es ſich darum, zwei Städte unter einander durch eine Eiſenbahn zu verbinden, ſo ſind zunächſt diejenigen zwiſchenliegenden Punkte zu beſtimmen, welche wegen ihrer wirtſchaftlichen Bedeutung durch die Eiſenbahn berührt und in den Verkehr einbezogen werden ſollen. Die auf dieſe Weiſe feſtgelegte Linie nennt man die kommerzielle Trace. Nunmehr iſt es Sache des Bauingenieurs dieſe kommerzielle Trace ſo zu legen, daß dieſelbe mit den zur Verfügung ſtehenden techniſchen Mitteln gebaut und betrieben werden kann, und zwar ſo, daß ein angemeſſener Nutzen erzielt werden kann. Aus dem Kom- promiſſe zwiſchen der kommerziellen und der thatſächlich ausführbaren Trace entſpringt dann ſchließlich das endgültige Projekt. Als Grund- ſätze für den Bau der Eiſenbahnen gelten im allgemeinen folgende:
1. Die Krümmungsradien der Kurven müſſen möglichſt groß ſein, damit die Fahrzeuge möglichſt leicht hindurch paſſieren können; man nimmt für dieſe Radien im flachen Lande eine Größe von 1100 Metern, im Hügellande von 600, im Gebirge von 300 Metern; in Deutſchland ſind Kurvenradien von weniger als 180 Metern überhaupt nicht zuläſſig.
2. Die Steigungen ſollen im Flachlande in der Regel den Betrag von 1 : 200 nicht überſchreiten, d. h. die Eiſenbahn ſoll auf einer Länge von 200 Metern höchſtens 1 Meter anſteigen. Im Hügellande geht man bis 1 : 100, im Gebirge bis auf 1 : 40, ja in der neueren Zeit bis
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Der Verkehr zu Lande.
Einwohner. Engel ſchätzt die aus der Beſchleunigung des Perſonen-
verkehrs ſich ergebende Erſparnis für die Zeit bis 1878 für Deutſch-
land auf 955 Millionen Mark. Beiläufig möge hier noch bemerkt
werden, daß der thatſächliche, d. h. direkte und indirekte Vorteil einer
Eiſenbahn von dem bekannten franzöſiſchen Miniſter Freycinet (welcher
gleich dem Präſidenten Carnot aus dem Ingenieurfache hervorgegangen
iſt) als das Vierfache der geſamten Bruttoeinnahme der Bahn be-
rechnet wurde.
Man iſt in den Kreiſen der Laien ſehr geneigt, die Eiſenbahnen
als ein höchſt gefährliches Transportmittel zu betrachten. Mit Unrecht!
denn die Statiſtik lehrt das Gegenteil. So ſtellte man für Frankreich
feſt, daß durch die Eiſenbahnen eine Steigerung der körperlichen
Sicherung um das 13—16fache gegenüber dem Reiſen in der Poſt-
kutſche bewirkt worden iſt. Für England iſt nachgewieſen worden, daß
es bei weitem nicht ſo gefährlich iſt, einen Tag mit der Eiſenbahn zu
reiſen, als während derſelben Zeit in den belebteren Teilen Londons
zu gehen, woſelbſt durch Pferdewagen jährlich 7—8mal ſo viel Menſchen
umkommen, als auf den ſämtlichen Eiſenbahnen Großbritanniens.
Durch die Eiſenbahnen iſt der Komfort und die Gelegenheit zum Reiſen
ſo gewaltig gewachſen, daß z. B. in Frankreich vom Jahre 1841 bis
bis zum Jahre 1890 die Zahl der Reiſenden ſich um das 381 fache
vermehrte.
1. Der Bau der Eiſenbahnen.
Handelt es ſich darum, zwei Städte unter einander durch eine
Eiſenbahn zu verbinden, ſo ſind zunächſt diejenigen zwiſchenliegenden
Punkte zu beſtimmen, welche wegen ihrer wirtſchaftlichen Bedeutung
durch die Eiſenbahn berührt und in den Verkehr einbezogen werden
ſollen. Die auf dieſe Weiſe feſtgelegte Linie nennt man die kommerzielle
Trace. Nunmehr iſt es Sache des Bauingenieurs dieſe kommerzielle
Trace ſo zu legen, daß dieſelbe mit den zur Verfügung ſtehenden
techniſchen Mitteln gebaut und betrieben werden kann, und zwar ſo,
daß ein angemeſſener Nutzen erzielt werden kann. Aus dem Kom-
promiſſe zwiſchen der kommerziellen und der thatſächlich ausführbaren
Trace entſpringt dann ſchließlich das endgültige Projekt. Als Grund-
ſätze für den Bau der Eiſenbahnen gelten im allgemeinen folgende:
1. Die Krümmungsradien der Kurven müſſen möglichſt groß ſein,
damit die Fahrzeuge möglichſt leicht hindurch paſſieren können; man
nimmt für dieſe Radien im flachen Lande eine Größe von 1100 Metern,
im Hügellande von 600, im Gebirge von 300 Metern; in Deutſchland
ſind Kurvenradien von weniger als 180 Metern überhaupt nicht zuläſſig.
2. Die Steigungen ſollen im Flachlande in der Regel den Betrag
von 1 : 200 nicht überſchreiten, d. h. die Eiſenbahn ſoll auf einer Länge
von 200 Metern höchſtens 1 Meter anſteigen. Im Hügellande geht
man bis 1 : 100, im Gebirge bis auf 1 : 40, ja in der neueren Zeit bis
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 748. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/766>, abgerufen am 22.11.2024.
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