der Regel zunächst durch Hinüberwerfen von Leinen mittels geeigneter Mörser- oder Raketenapparate hergestellt; starke Taue können von den auf dem Wrack etwa noch befindlichen Personen nachgezogen und in geeigneter Weise fest verkoppelt werden. Da aber, wo die Entfernung zu groß ist, oder wo diese Art der Verbindung eine Möglichkeit der Rettung auszuschließen scheint, tritt die Rettungsmannschaft ein, welche in ihrem schwanken Boote, oft unter Einsetzung des Lebens und im aufreibendsten stundenlangen Kampfe mit der tosenden Brandung an das Schiff heranzukommen sucht. -- Wie überaus segensreich das Küsten- rettungswesen wirkt, geht am besten aus den Jahresberichten der ver- schiedenen Gesellschaften hervor: viele Tausende von Schiffbrüchigen verdanken demselben die Erhaltung ihres Lebens, und alljährlich mehrt sich der Prozentsatz derer, die auf solche Weise dem drohenden Unter- gange entrissen wurden, deren Existenz den aufgeregten wütenden Ele- menten im wahren Sinne des Wortes abgerungen ist.
Mit dem meist privater Initiative entsprungenen Rettungswesen steht in engstem Zusammenhang das in erfreulichster Entwicklung be- griffene, in den Händen des Staates ruhende Sturmwarnungswesen. Dasselbe ist im eigentlichsten Sinne eine Errungenschaft der neuesten Zeit und in seiner Entstehung kaum weiter als bis zum Jahre 1854 zurückzuführen; ein am 14. November genannten Jahres im Schwarzen Meere orkanartig aufgetretener Sturm, welcher der französischen Kriegs- flotte bedeutenden Schaden zufügte, gab die direkte Veranlassung zu seiner Inaugurierung. Dem ermutigenden Beispiele Frankreichs folgten mit verschieden großem Eifer bald die übrigen Staaten nach. Zwar beruhte das Sturmwarnungswesen in seinen ersten Anfängen auf wenig wissenschaftlichen Grundlagen und war eine Zeit lang sogar nahe daran, in Vergessenheit oder Mißachtung zu geraten; dennoch sprachen sich auf dem Wiener Kongreß im Jahre 1873 fast alle Stimmen zu Gunsten der Beibehaltung desselben aus.
Zur praktischen Ausübung des Sturmwarnungswesens sind an be- sonders wichtigen Punkten, namentlich in Hafenorten, mehr oder minder vollständig ausgerüstete Signalstationen eingerichtet, die sämtlich mit den notwendigsten meteorologischen Instrumenten, wie Barometer, Thermo- meter und Regenmesser, versehen werden. Die Signalstellen erster Klasse haben einen Signalmast mit einem vollständigen Apparat zum Signalisieren der Stürme in die Ferne, nämlich zwei Kegel, eine Kugel und zwei rote Flaggen, während bei Nacht durch eine oder mehrere rote Lampen gleich- mäßig alle Tagessignale ersetzt werden. Die telegraphisch von der Central- station, in Deutschland z. B. von der Seewarte in Hamburg, übermittelten Warnungen besagen allgemein, daß etwa im Umkreise von 100 km eine atmosphärische Störung aller Voraussicht nach zu erwarten ist. Die Signalstellen zweiter Klasse ziehen einfach an einer Signalstange einen Ball als Nachricht auf, daß ein Warnungstelegramm eingegangen ist, dessen Wortlaut im übrigen auf der Station selbst eingesehen werden kann.
Der Verkehr zu Waſſer.
der Regel zunächſt durch Hinüberwerfen von Leinen mittels geeigneter Mörſer- oder Raketenapparate hergeſtellt; ſtarke Taue können von den auf dem Wrack etwa noch befindlichen Perſonen nachgezogen und in geeigneter Weiſe feſt verkoppelt werden. Da aber, wo die Entfernung zu groß iſt, oder wo dieſe Art der Verbindung eine Möglichkeit der Rettung auszuſchließen ſcheint, tritt die Rettungsmannſchaft ein, welche in ihrem ſchwanken Boote, oft unter Einſetzung des Lebens und im aufreibendſten ſtundenlangen Kampfe mit der toſenden Brandung an das Schiff heranzukommen ſucht. — Wie überaus ſegensreich das Küſten- rettungsweſen wirkt, geht am beſten aus den Jahresberichten der ver- ſchiedenen Geſellſchaften hervor: viele Tauſende von Schiffbrüchigen verdanken demſelben die Erhaltung ihres Lebens, und alljährlich mehrt ſich der Prozentſatz derer, die auf ſolche Weiſe dem drohenden Unter- gange entriſſen wurden, deren Exiſtenz den aufgeregten wütenden Ele- menten im wahren Sinne des Wortes abgerungen iſt.
Mit dem meiſt privater Initiative entſprungenen Rettungsweſen ſteht in engſtem Zuſammenhang das in erfreulichſter Entwicklung be- griffene, in den Händen des Staates ruhende Sturmwarnungsweſen. Dasſelbe iſt im eigentlichſten Sinne eine Errungenſchaft der neueſten Zeit und in ſeiner Entſtehung kaum weiter als bis zum Jahre 1854 zurückzuführen; ein am 14. November genannten Jahres im Schwarzen Meere orkanartig aufgetretener Sturm, welcher der franzöſiſchen Kriegs- flotte bedeutenden Schaden zufügte, gab die direkte Veranlaſſung zu ſeiner Inaugurierung. Dem ermutigenden Beiſpiele Frankreichs folgten mit verſchieden großem Eifer bald die übrigen Staaten nach. Zwar beruhte das Sturmwarnungsweſen in ſeinen erſten Anfängen auf wenig wiſſenſchaftlichen Grundlagen und war eine Zeit lang ſogar nahe daran, in Vergeſſenheit oder Mißachtung zu geraten; dennoch ſprachen ſich auf dem Wiener Kongreß im Jahre 1873 faſt alle Stimmen zu Gunſten der Beibehaltung desſelben aus.
Zur praktiſchen Ausübung des Sturmwarnungsweſens ſind an be- ſonders wichtigen Punkten, namentlich in Hafenorten, mehr oder minder vollſtändig ausgerüſtete Signalſtationen eingerichtet, die ſämtlich mit den notwendigſten meteorologiſchen Inſtrumenten, wie Barometer, Thermo- meter und Regenmeſſer, verſehen werden. Die Signalſtellen erſter Klaſſe haben einen Signalmaſt mit einem vollſtändigen Apparat zum Signaliſieren der Stürme in die Ferne, nämlich zwei Kegel, eine Kugel und zwei rote Flaggen, während bei Nacht durch eine oder mehrere rote Lampen gleich- mäßig alle Tagesſignale erſetzt werden. Die telegraphiſch von der Central- ſtation, in Deutſchland z. B. von der Seewarte in Hamburg, übermittelten Warnungen beſagen allgemein, daß etwa im Umkreiſe von 100 km eine atmoſphäriſche Störung aller Vorausſicht nach zu erwarten iſt. Die Signalſtellen zweiter Klaſſe ziehen einfach an einer Signalſtange einen Ball als Nachricht auf, daß ein Warnungstelegramm eingegangen iſt, deſſen Wortlaut im übrigen auf der Station ſelbſt eingeſehen werden kann.
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Der Verkehr zu Waſſer.
der Regel zunächſt durch Hinüberwerfen von Leinen mittels geeigneter
Mörſer- oder Raketenapparate hergeſtellt; ſtarke Taue können von den
auf dem Wrack etwa noch befindlichen Perſonen nachgezogen und in
geeigneter Weiſe feſt verkoppelt werden. Da aber, wo die Entfernung
zu groß iſt, oder wo dieſe Art der Verbindung eine Möglichkeit der
Rettung auszuſchließen ſcheint, tritt die Rettungsmannſchaft ein, welche
in ihrem ſchwanken Boote, oft unter Einſetzung des Lebens und im
aufreibendſten ſtundenlangen Kampfe mit der toſenden Brandung an das
Schiff heranzukommen ſucht. — Wie überaus ſegensreich das Küſten-
rettungsweſen wirkt, geht am beſten aus den Jahresberichten der ver-
ſchiedenen Geſellſchaften hervor: viele Tauſende von Schiffbrüchigen
verdanken demſelben die Erhaltung ihres Lebens, und alljährlich mehrt
ſich der Prozentſatz derer, die auf ſolche Weiſe dem drohenden Unter-
gange entriſſen wurden, deren Exiſtenz den aufgeregten wütenden Ele-
menten im wahren Sinne des Wortes abgerungen iſt.
Mit dem meiſt privater Initiative entſprungenen Rettungsweſen
ſteht in engſtem Zuſammenhang das in erfreulichſter Entwicklung be-
griffene, in den Händen des Staates ruhende Sturmwarnungsweſen.
Dasſelbe iſt im eigentlichſten Sinne eine Errungenſchaft der neueſten
Zeit und in ſeiner Entſtehung kaum weiter als bis zum Jahre 1854
zurückzuführen; ein am 14. November genannten Jahres im Schwarzen
Meere orkanartig aufgetretener Sturm, welcher der franzöſiſchen Kriegs-
flotte bedeutenden Schaden zufügte, gab die direkte Veranlaſſung zu
ſeiner Inaugurierung. Dem ermutigenden Beiſpiele Frankreichs folgten
mit verſchieden großem Eifer bald die übrigen Staaten nach. Zwar
beruhte das Sturmwarnungsweſen in ſeinen erſten Anfängen auf wenig
wiſſenſchaftlichen Grundlagen und war eine Zeit lang ſogar nahe
daran, in Vergeſſenheit oder Mißachtung zu geraten; dennoch ſprachen
ſich auf dem Wiener Kongreß im Jahre 1873 faſt alle Stimmen zu
Gunſten der Beibehaltung desſelben aus.
Zur praktiſchen Ausübung des Sturmwarnungsweſens ſind an be-
ſonders wichtigen Punkten, namentlich in Hafenorten, mehr oder minder
vollſtändig ausgerüſtete Signalſtationen eingerichtet, die ſämtlich mit den
notwendigſten meteorologiſchen Inſtrumenten, wie Barometer, Thermo-
meter und Regenmeſſer, verſehen werden. Die Signalſtellen erſter Klaſſe
haben einen Signalmaſt mit einem vollſtändigen Apparat zum Signaliſieren
der Stürme in die Ferne, nämlich zwei Kegel, eine Kugel und zwei rote
Flaggen, während bei Nacht durch eine oder mehrere rote Lampen gleich-
mäßig alle Tagesſignale erſetzt werden. Die telegraphiſch von der Central-
ſtation, in Deutſchland z. B. von der Seewarte in Hamburg, übermittelten
Warnungen beſagen allgemein, daß etwa im Umkreiſe von 100 km eine
atmoſphäriſche Störung aller Vorausſicht nach zu erwarten iſt. Die
Signalſtellen zweiter Klaſſe ziehen einfach an einer Signalſtange einen
Ball als Nachricht auf, daß ein Warnungstelegramm eingegangen iſt,
deſſen Wortlaut im übrigen auf der Station ſelbſt eingeſehen werden kann.
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 812. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/830>, abgerufen am 24.11.2024.
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