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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die chemische Industrie der Säuren und Alkalien.
ähnlich ist. Daher ist man schon frühzeitig bestrebt gewesen, Soda
in möglichst großer Menge künstlich zu gewinnen.

Da eine Menge von Pflanzen, und zwar besonders Strandpflanzen,
das in der Erde ihres Standortes enthaltene Kochsalz assimilieren, so
findet man in diesen Gewächsen reichliche Mengen organischer Natrium-
salze, welche beim Einäschern der Pflanzen in Soda übergehen. Letztere
verbleibt daher in der Asche und kann durch Wasser ausgezogen werden.
Auf diesem Wege gewann man früher und gewinnt man in einzelnen
Ländern sogar noch heute Soda aus der Asche des Seetangs und
anderer Pflanzenarten. Sie ist unter verschiedenen Namen (Barilla,
Blanquette, Salicor) im Handel. Alle diese Sodaarten sind sehr unrein
und stellen sich trotz ihrer einfachen Darstellung doch noch zu teuer.

Heute gewinnt man fast alle Soda aus Kochsalz, Chlornatrium
(NaCl), und zwar hauptsächlich nach zwei verschiedenen Verfahren, von
denen das erste im Anfang, das zweite gegen die Mitte unseres Jahr-
hunderts erfunden wurde. Es sind dies der Leblancsche Sodaprozeß
und das Solvaysche Ammoniakverfahren.

1. Darstellung der Soda nach Leblancs Verfahren.

Dieses Verfahren, welches fünfzig Jahre die Technik unumschränkt
beherrscht hat, heute aber von dem neueren Verfahren zum Teil schon
verdrängt ist, verdankt seine Erfindung, wie so viele andere wichtige
Zweige der Technik, der Not. Als nämlich der jungen Republik
Frankreich im Jahre 1793 durch ihre mit fast allen anderen Ländern
Europas geführten Kriege die Zufuhr der bis dahin allein benutzten
Pflanzensoda abgeschnitten war und alle im Inlande erzeugte Pottasche,
welche allenfalls als Ersatz hätte dienen können, durch die Salpeter-
fabriken zur Herstellung von Kriegspulver absorbiert wurde, forderte
der Wohlfahrtsausschuß, angeregt durch einen Vorschlag von Carny,
durch einen besonderen Erlaß alle Bürger auf, alle ihnen etwa be-
kannten Mittel und Wege der Sodadarstellung zum Besten des Gemein-
wohls und mit Übergehung aller eigenen Pläne und Absichten einer
Kommission mitzuteilen. Der Bericht dieser Behörde erkannte unter
den Vorschlägen einer großen Anzahl uneigennütziger Techniker dem-
jenigen von Nicolas Leblanc, als dem einfachsten und für den Groß-
betrieb am meisten geeigneten, den Preis zu.

Der Leblancsche Sodaprozeß zerfällt im wesentlichen in zwei
Hauptteile:

1. die Erzeugung des Natriumsulfats aus Kochsalz;
2. die Gewinnung der Rohsoda aus Natriumsulfat.

Hieran reihen sich dann das Auslaugen, das Eindampfen und
das Kalcinieren.

Zur Fabrikation des Natriumsulfats erhitzt man Kochsalz im
zerkleinerten Zustande mit Schwefelsäure. Wie schon oben erläutert,
entweicht salzsaures Gas, während Natriumsulfat zurückbleibt.

Die chemiſche Induſtrie der Säuren und Alkalien.
ähnlich iſt. Daher iſt man ſchon frühzeitig beſtrebt geweſen, Soda
in möglichſt großer Menge künſtlich zu gewinnen.

Da eine Menge von Pflanzen, und zwar beſonders Strandpflanzen,
das in der Erde ihres Standortes enthaltene Kochſalz aſſimilieren, ſo
findet man in dieſen Gewächſen reichliche Mengen organiſcher Natrium-
ſalze, welche beim Einäſchern der Pflanzen in Soda übergehen. Letztere
verbleibt daher in der Aſche und kann durch Waſſer ausgezogen werden.
Auf dieſem Wege gewann man früher und gewinnt man in einzelnen
Ländern ſogar noch heute Soda aus der Aſche des Seetangs und
anderer Pflanzenarten. Sie iſt unter verſchiedenen Namen (Barilla,
Blanquette, Salicor) im Handel. Alle dieſe Sodaarten ſind ſehr unrein
und ſtellen ſich trotz ihrer einfachen Darſtellung doch noch zu teuer.

Heute gewinnt man faſt alle Soda aus Kochſalz, Chlornatrium
(NaCl), und zwar hauptſächlich nach zwei verſchiedenen Verfahren, von
denen das erſte im Anfang, das zweite gegen die Mitte unſeres Jahr-
hunderts erfunden wurde. Es ſind dies der Leblancſche Sodaprozeß
und das Solvayſche Ammoniakverfahren.

1. Darſtellung der Soda nach Leblancs Verfahren.

Dieſes Verfahren, welches fünfzig Jahre die Technik unumſchränkt
beherrſcht hat, heute aber von dem neueren Verfahren zum Teil ſchon
verdrängt iſt, verdankt ſeine Erfindung, wie ſo viele andere wichtige
Zweige der Technik, der Not. Als nämlich der jungen Republik
Frankreich im Jahre 1793 durch ihre mit faſt allen anderen Ländern
Europas geführten Kriege die Zufuhr der bis dahin allein benutzten
Pflanzenſoda abgeſchnitten war und alle im Inlande erzeugte Pottaſche,
welche allenfalls als Erſatz hätte dienen können, durch die Salpeter-
fabriken zur Herſtellung von Kriegspulver abſorbiert wurde, forderte
der Wohlfahrtsausſchuß, angeregt durch einen Vorſchlag von Carny,
durch einen beſonderen Erlaß alle Bürger auf, alle ihnen etwa be-
kannten Mittel und Wege der Sodadarſtellung zum Beſten des Gemein-
wohls und mit Übergehung aller eigenen Pläne und Abſichten einer
Kommiſſion mitzuteilen. Der Bericht dieſer Behörde erkannte unter
den Vorſchlägen einer großen Anzahl uneigennütziger Techniker dem-
jenigen von Nicolas Leblanc, als dem einfachſten und für den Groß-
betrieb am meiſten geeigneten, den Preis zu.

Der Leblancſche Sodaprozeß zerfällt im weſentlichen in zwei
Hauptteile:

1. die Erzeugung des Natriumſulfats aus Kochſalz;
2. die Gewinnung der Rohſoda aus Natriumſulfat.

Hieran reihen ſich dann das Auslaugen, das Eindampfen und
das Kalcinieren.

Zur Fabrikation des Natriumſulfats erhitzt man Kochſalz im
zerkleinerten Zuſtande mit Schwefelſäure. Wie ſchon oben erläutert,
entweicht ſalzſaures Gas, während Natriumſulfat zurückbleibt.

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[834/0852] Die chemiſche Induſtrie der Säuren und Alkalien. ähnlich iſt. Daher iſt man ſchon frühzeitig beſtrebt geweſen, Soda in möglichſt großer Menge künſtlich zu gewinnen. Da eine Menge von Pflanzen, und zwar beſonders Strandpflanzen, das in der Erde ihres Standortes enthaltene Kochſalz aſſimilieren, ſo findet man in dieſen Gewächſen reichliche Mengen organiſcher Natrium- ſalze, welche beim Einäſchern der Pflanzen in Soda übergehen. Letztere verbleibt daher in der Aſche und kann durch Waſſer ausgezogen werden. Auf dieſem Wege gewann man früher und gewinnt man in einzelnen Ländern ſogar noch heute Soda aus der Aſche des Seetangs und anderer Pflanzenarten. Sie iſt unter verſchiedenen Namen (Barilla, Blanquette, Salicor) im Handel. Alle dieſe Sodaarten ſind ſehr unrein und ſtellen ſich trotz ihrer einfachen Darſtellung doch noch zu teuer. Heute gewinnt man faſt alle Soda aus Kochſalz, Chlornatrium (NaCl), und zwar hauptſächlich nach zwei verſchiedenen Verfahren, von denen das erſte im Anfang, das zweite gegen die Mitte unſeres Jahr- hunderts erfunden wurde. Es ſind dies der Leblancſche Sodaprozeß und das Solvayſche Ammoniakverfahren. 1. Darſtellung der Soda nach Leblancs Verfahren. Dieſes Verfahren, welches fünfzig Jahre die Technik unumſchränkt beherrſcht hat, heute aber von dem neueren Verfahren zum Teil ſchon verdrängt iſt, verdankt ſeine Erfindung, wie ſo viele andere wichtige Zweige der Technik, der Not. Als nämlich der jungen Republik Frankreich im Jahre 1793 durch ihre mit faſt allen anderen Ländern Europas geführten Kriege die Zufuhr der bis dahin allein benutzten Pflanzenſoda abgeſchnitten war und alle im Inlande erzeugte Pottaſche, welche allenfalls als Erſatz hätte dienen können, durch die Salpeter- fabriken zur Herſtellung von Kriegspulver abſorbiert wurde, forderte der Wohlfahrtsausſchuß, angeregt durch einen Vorſchlag von Carny, durch einen beſonderen Erlaß alle Bürger auf, alle ihnen etwa be- kannten Mittel und Wege der Sodadarſtellung zum Beſten des Gemein- wohls und mit Übergehung aller eigenen Pläne und Abſichten einer Kommiſſion mitzuteilen. Der Bericht dieſer Behörde erkannte unter den Vorſchlägen einer großen Anzahl uneigennütziger Techniker dem- jenigen von Nicolas Leblanc, als dem einfachſten und für den Groß- betrieb am meiſten geeigneten, den Preis zu. Der Leblancſche Sodaprozeß zerfällt im weſentlichen in zwei Hauptteile: 1. die Erzeugung des Natriumſulfats aus Kochſalz; 2. die Gewinnung der Rohſoda aus Natriumſulfat. Hieran reihen ſich dann das Auslaugen, das Eindampfen und das Kalcinieren. Zur Fabrikation des Natriumſulfats erhitzt man Kochſalz im zerkleinerten Zuſtande mit Schwefelſäure. Wie ſchon oben erläutert, entweicht ſalzſaures Gas, während Natriumſulfat zurückbleibt.

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 834. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/852>, abgerufen am 24.11.2024.