Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Fabrikation der Salpetersäure, der Salzsäure und der Soda.
Kochsalzgehaltes des Chilesalpeters vorfindet, läßt sich zum allergrößten
Teil durch Destillation kleiner Portionen der unreinen Säure entfernen;
es geht mit den ersten Säureteilen über. Mineralische Verunreinigungen,
die durch Überspritzen aus den Cylindern entstehen, kann man gleich-
falls durch Destillieren beseitigen.

Die Darstellung der Salpetersäure, welche früher hauptsächlich nur
bei der Schwefelsäurefabrikation und in der Metallindustrie benutzt
wurde, hat in neuerer Zeit, infolge der umfassenden Anwendung der
Säure bei der Herstellung vieler Sprengstoffe, einen sehr bedeutenden
Aufschwung genommen. (Vergl. S. 704 ff.)

c) Die Fabrikation der Salzsäure.

Die Darstellung dieser Säure wird nicht besonders betrieben, weil
sie als Nebenprodukt bei der Sodafabrikation gewonnen wird. Bei
dieser Gelegenheit wird daher von ihr die Rede sein. Hier interessiert
nur ihr chemischer Bestand und der Prozeß ihrer Bildung.

Die Salzsäure, die wichtigste der des Sauerstoffs ganz entbehren-
den, sogenannten Wasserstoffsäuren, ist die wässerige Lösung einer Ver-
bindung von Chlor und Wasserstoff, des Chlorwasserstoffgases (HCl).
Dasselbe löst sich bei der Lufttemperatur zu nicht weniger als
450 Volumen in 1 Volum Wasser zu der käuflichen Salzsäure. Ob-
gleich die letztere von den übrigen Säuren durch ihren Sauerstoffmangel
wesentlich abweicht, so gehorcht sie doch denselben Gesetzen wie jene.
Durch Ersetzung ihres Wasserstoffatoms durch Metalle entstehen z. B.
salzartige Körper (Haloide), aus denen die Salzsäure wiederum durch
Schwefelsäure abgeschieden wird. Man gewinnt daher die Säure, in-
dem man das mineralisch in gewaltigen Massen vorkommende Steinsalz
oder Chlornatrium (NaCl), mit Schwefelsäure behandelt. Chlorwasser-
stoffgas wird frei, und es bleibt derselbe Rückstand, wie bei der
Salpetersäurefabrikation, nämlich Natriumsulfat (Na2SO4).

d) Die Sodafabrikation.

Außerordentlich viele Gewerbe zählen zu ihren wichtigsten Be-
dürfnissen das Natron, ein Alkali, welches sowohl im festen Zustande,
als auch in Lösung seine kaustischen Eigenschaften in so kräftiger Weise
äußert, daß seine Wirkung häufig gemäßigt werden muß, um es brauchbar
zu machen. Aber selbst im entgegengesetzten Falle ist das Natron nicht
haltbar, sondern geht an der Luft bald in kohlensaures Natrium über.
Da dieses letztere nur sehr mäßige ätzende Kraft besitzt und aus ihm
andererseits reine Natronlauge jederzeit herstellbar ist, so liefert der
Handel alles in der Technik nötige Natron heute in Form von kohlen-
saurem Natrium oder Soda (Na2CO3).

Nur an sehr wenigen Orten der Erde kommen spärlich Substanzen
mineralisch vor, deren Zusammensetzung der der Soda gleich oder

Das Buch der Erfindungen. 53

Die Fabrikation der Salpeterſäure, der Salzſäure und der Soda.
Kochſalzgehaltes des Chileſalpeters vorfindet, läßt ſich zum allergrößten
Teil durch Deſtillation kleiner Portionen der unreinen Säure entfernen;
es geht mit den erſten Säureteilen über. Mineraliſche Verunreinigungen,
die durch Überſpritzen aus den Cylindern entſtehen, kann man gleich-
falls durch Deſtillieren beſeitigen.

Die Darſtellung der Salpeterſäure, welche früher hauptſächlich nur
bei der Schwefelſäurefabrikation und in der Metallinduſtrie benutzt
wurde, hat in neuerer Zeit, infolge der umfaſſenden Anwendung der
Säure bei der Herſtellung vieler Sprengſtoffe, einen ſehr bedeutenden
Aufſchwung genommen. (Vergl. S. 704 ff.)

c) Die Fabrikation der Salzſäure.

Die Darſtellung dieſer Säure wird nicht beſonders betrieben, weil
ſie als Nebenprodukt bei der Sodafabrikation gewonnen wird. Bei
dieſer Gelegenheit wird daher von ihr die Rede ſein. Hier intereſſiert
nur ihr chemiſcher Beſtand und der Prozeß ihrer Bildung.

Die Salzſäure, die wichtigſte der des Sauerſtoffs ganz entbehren-
den, ſogenannten Waſſerſtoffſäuren, iſt die wäſſerige Löſung einer Ver-
bindung von Chlor und Waſſerſtoff, des Chlorwaſſerſtoffgaſes (HCl).
Dasſelbe löſt ſich bei der Lufttemperatur zu nicht weniger als
450 Volumen in 1 Volum Waſſer zu der käuflichen Salzſäure. Ob-
gleich die letztere von den übrigen Säuren durch ihren Sauerſtoffmangel
weſentlich abweicht, ſo gehorcht ſie doch denſelben Geſetzen wie jene.
Durch Erſetzung ihres Waſſerſtoffatoms durch Metalle entſtehen z. B.
ſalzartige Körper (Haloide), aus denen die Salzſäure wiederum durch
Schwefelſäure abgeſchieden wird. Man gewinnt daher die Säure, in-
dem man das mineraliſch in gewaltigen Maſſen vorkommende Steinſalz
oder Chlornatrium (NaCl), mit Schwefelſäure behandelt. Chlorwaſſer-
ſtoffgas wird frei, und es bleibt derſelbe Rückſtand, wie bei der
Salpeterſäurefabrikation, nämlich Natriumſulfat (Na2SO4).

d) Die Sodafabrikation.

Außerordentlich viele Gewerbe zählen zu ihren wichtigſten Be-
dürfniſſen das Natron, ein Alkali, welches ſowohl im feſten Zuſtande,
als auch in Löſung ſeine kauſtiſchen Eigenſchaften in ſo kräftiger Weiſe
äußert, daß ſeine Wirkung häufig gemäßigt werden muß, um es brauchbar
zu machen. Aber ſelbſt im entgegengeſetzten Falle iſt das Natron nicht
haltbar, ſondern geht an der Luft bald in kohlenſaures Natrium über.
Da dieſes letztere nur ſehr mäßige ätzende Kraft beſitzt und aus ihm
andererſeits reine Natronlauge jederzeit herſtellbar iſt, ſo liefert der
Handel alles in der Technik nötige Natron heute in Form von kohlen-
ſaurem Natrium oder Soda (Na2CO3).

Nur an ſehr wenigen Orten der Erde kommen ſpärlich Subſtanzen
mineraliſch vor, deren Zuſammenſetzung der der Soda gleich oder

Das Buch der Erfindungen. 53
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0851" n="833"/><fw place="top" type="header">Die Fabrikation der Salpeter&#x017F;äure, der Salz&#x017F;äure und der Soda.</fw><lb/>
Koch&#x017F;alzgehaltes des Chile&#x017F;alpeters vorfindet, läßt &#x017F;ich zum allergrößten<lb/>
Teil durch De&#x017F;tillation kleiner Portionen der unreinen Säure entfernen;<lb/>
es geht mit den er&#x017F;ten Säureteilen über. Minerali&#x017F;che Verunreinigungen,<lb/>
die durch Über&#x017F;pritzen aus den Cylindern ent&#x017F;tehen, kann man gleich-<lb/>
falls durch De&#x017F;tillieren be&#x017F;eitigen.</p><lb/>
            <p>Die Dar&#x017F;tellung der Salpeter&#x017F;äure, welche früher haupt&#x017F;ächlich nur<lb/>
bei der Schwefel&#x017F;äurefabrikation und in der Metallindu&#x017F;trie benutzt<lb/>
wurde, hat in neuerer Zeit, infolge der umfa&#x017F;&#x017F;enden Anwendung der<lb/>
Säure bei der Her&#x017F;tellung vieler Spreng&#x017F;toffe, einen &#x017F;ehr bedeutenden<lb/>
Auf&#x017F;chwung genommen. (Vergl. S. 704 ff.)</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">c)</hi> Die Fabrikation der Salz&#x017F;äure.</hi> </head><lb/>
            <p>Die Dar&#x017F;tellung die&#x017F;er Säure wird nicht be&#x017F;onders betrieben, weil<lb/>
&#x017F;ie als Nebenprodukt bei der Sodafabrikation gewonnen wird. Bei<lb/>
die&#x017F;er Gelegenheit wird daher von ihr die Rede &#x017F;ein. Hier intere&#x017F;&#x017F;iert<lb/>
nur ihr chemi&#x017F;cher Be&#x017F;tand und der Prozeß ihrer Bildung.</p><lb/>
            <p>Die Salz&#x017F;äure, die wichtig&#x017F;te der des Sauer&#x017F;toffs ganz entbehren-<lb/>
den, &#x017F;ogenannten Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff&#x017F;äuren, i&#x017F;t die wä&#x017F;&#x017F;erige Lö&#x017F;ung einer Ver-<lb/>
bindung von Chlor und Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff, des Chlorwa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffga&#x017F;es (<hi rendition="#aq">HCl</hi>).<lb/>
Das&#x017F;elbe lö&#x017F;t &#x017F;ich bei der Lufttemperatur zu nicht weniger als<lb/>
450 Volumen in 1 Volum Wa&#x017F;&#x017F;er zu der käuflichen Salz&#x017F;äure. Ob-<lb/>
gleich die letztere von den übrigen Säuren durch ihren Sauer&#x017F;toffmangel<lb/>
we&#x017F;entlich abweicht, &#x017F;o gehorcht &#x017F;ie doch den&#x017F;elben Ge&#x017F;etzen wie jene.<lb/>
Durch Er&#x017F;etzung ihres Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffatoms durch Metalle ent&#x017F;tehen z. B.<lb/>
&#x017F;alzartige Körper (Haloide), aus denen die Salz&#x017F;äure wiederum durch<lb/>
Schwefel&#x017F;äure abge&#x017F;chieden wird. Man gewinnt daher die Säure, in-<lb/>
dem man das minerali&#x017F;ch in gewaltigen Ma&#x017F;&#x017F;en vorkommende Stein&#x017F;alz<lb/>
oder Chlornatrium (<hi rendition="#aq">NaCl</hi>), mit Schwefel&#x017F;äure behandelt. Chlorwa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
&#x017F;toffgas wird frei, und es bleibt der&#x017F;elbe Rück&#x017F;tand, wie bei der<lb/>
Salpeter&#x017F;äurefabrikation, nämlich Natrium&#x017F;ulfat (<hi rendition="#aq">Na<hi rendition="#sub">2</hi>SO<hi rendition="#sub">4</hi></hi>).</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">d)</hi> Die Sodafabrikation.</hi> </head><lb/>
            <p>Außerordentlich viele Gewerbe zählen zu ihren wichtig&#x017F;ten Be-<lb/>
dürfni&#x017F;&#x017F;en das Natron, ein Alkali, welches &#x017F;owohl im fe&#x017F;ten Zu&#x017F;tande,<lb/>
als auch in Lö&#x017F;ung &#x017F;eine kau&#x017F;ti&#x017F;chen Eigen&#x017F;chaften in &#x017F;o kräftiger Wei&#x017F;e<lb/>
äußert, daß &#x017F;eine Wirkung häufig gemäßigt werden muß, um es brauchbar<lb/>
zu machen. Aber &#x017F;elb&#x017F;t im entgegenge&#x017F;etzten Falle i&#x017F;t das Natron nicht<lb/>
haltbar, &#x017F;ondern geht an der Luft bald in kohlen&#x017F;aures Natrium über.<lb/>
Da die&#x017F;es letztere nur &#x017F;ehr mäßige ätzende Kraft be&#x017F;itzt und aus ihm<lb/>
anderer&#x017F;eits reine Natronlauge jederzeit her&#x017F;tellbar i&#x017F;t, &#x017F;o liefert der<lb/>
Handel alles in der Technik nötige Natron heute in Form von kohlen-<lb/>
&#x017F;aurem Natrium oder Soda (<hi rendition="#aq">Na<hi rendition="#sub">2</hi>CO<hi rendition="#sub">3</hi></hi>).</p><lb/>
            <p>Nur an &#x017F;ehr wenigen Orten der Erde kommen &#x017F;pärlich Sub&#x017F;tanzen<lb/>
minerali&#x017F;ch vor, deren Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung der der Soda gleich oder<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Das Buch der Erfindungen. 53</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[833/0851] Die Fabrikation der Salpeterſäure, der Salzſäure und der Soda. Kochſalzgehaltes des Chileſalpeters vorfindet, läßt ſich zum allergrößten Teil durch Deſtillation kleiner Portionen der unreinen Säure entfernen; es geht mit den erſten Säureteilen über. Mineraliſche Verunreinigungen, die durch Überſpritzen aus den Cylindern entſtehen, kann man gleich- falls durch Deſtillieren beſeitigen. Die Darſtellung der Salpeterſäure, welche früher hauptſächlich nur bei der Schwefelſäurefabrikation und in der Metallinduſtrie benutzt wurde, hat in neuerer Zeit, infolge der umfaſſenden Anwendung der Säure bei der Herſtellung vieler Sprengſtoffe, einen ſehr bedeutenden Aufſchwung genommen. (Vergl. S. 704 ff.) c) Die Fabrikation der Salzſäure. Die Darſtellung dieſer Säure wird nicht beſonders betrieben, weil ſie als Nebenprodukt bei der Sodafabrikation gewonnen wird. Bei dieſer Gelegenheit wird daher von ihr die Rede ſein. Hier intereſſiert nur ihr chemiſcher Beſtand und der Prozeß ihrer Bildung. Die Salzſäure, die wichtigſte der des Sauerſtoffs ganz entbehren- den, ſogenannten Waſſerſtoffſäuren, iſt die wäſſerige Löſung einer Ver- bindung von Chlor und Waſſerſtoff, des Chlorwaſſerſtoffgaſes (HCl). Dasſelbe löſt ſich bei der Lufttemperatur zu nicht weniger als 450 Volumen in 1 Volum Waſſer zu der käuflichen Salzſäure. Ob- gleich die letztere von den übrigen Säuren durch ihren Sauerſtoffmangel weſentlich abweicht, ſo gehorcht ſie doch denſelben Geſetzen wie jene. Durch Erſetzung ihres Waſſerſtoffatoms durch Metalle entſtehen z. B. ſalzartige Körper (Haloide), aus denen die Salzſäure wiederum durch Schwefelſäure abgeſchieden wird. Man gewinnt daher die Säure, in- dem man das mineraliſch in gewaltigen Maſſen vorkommende Steinſalz oder Chlornatrium (NaCl), mit Schwefelſäure behandelt. Chlorwaſſer- ſtoffgas wird frei, und es bleibt derſelbe Rückſtand, wie bei der Salpeterſäurefabrikation, nämlich Natriumſulfat (Na2SO4). d) Die Sodafabrikation. Außerordentlich viele Gewerbe zählen zu ihren wichtigſten Be- dürfniſſen das Natron, ein Alkali, welches ſowohl im feſten Zuſtande, als auch in Löſung ſeine kauſtiſchen Eigenſchaften in ſo kräftiger Weiſe äußert, daß ſeine Wirkung häufig gemäßigt werden muß, um es brauchbar zu machen. Aber ſelbſt im entgegengeſetzten Falle iſt das Natron nicht haltbar, ſondern geht an der Luft bald in kohlenſaures Natrium über. Da dieſes letztere nur ſehr mäßige ätzende Kraft beſitzt und aus ihm andererſeits reine Natronlauge jederzeit herſtellbar iſt, ſo liefert der Handel alles in der Technik nötige Natron heute in Form von kohlen- ſaurem Natrium oder Soda (Na2CO3). Nur an ſehr wenigen Orten der Erde kommen ſpärlich Subſtanzen mineraliſch vor, deren Zuſammenſetzung der der Soda gleich oder Das Buch der Erfindungen. 53

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/851
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 833. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/851>, abgerufen am 24.11.2024.