Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Sodafabrikation.
Wasser läuft zuerst durch den höchst stehenden Bottich, sättigt sich hier
zum Teil mit Soda aus der in dem Einsatz befindlichen zerkleinerten
Rohsoda und läuft dann durch einen Heber in den nächsten ein wenig
tiefer liegenden Bottich, wo die Sättigung weiter erfolgt. Ist nach
einiger Zeit die Rohsoda im obersten
[Abbildung] Fig. 452.

Auslaugeanlage einer Sodafabrik.

Bottich erschöpft, so nimmt man den
Einsatz heraus, beschickt ihn mit neuer
Masse, läßt alle übrigen Einsätze um
je eine Stufe in die Höhe rücken und
setzt den neu beschickten in den auf
diese Weise frei gewordenen untersten Bottich.
Durch dieses einfache Verfahren erreicht man,
daß die Rohsoda vollständig ausgenutzt wird;
denn durch das beschriebene Arrangement wird
immer die bereits am meisten erschöpfte Roh-
soda mit dem kräftigsten Lösungsmittel, nämlich
reinem Wasser, in Berührung gebracht, während
die weiterhin folgenden, noch gehaltreicheren
Teile mit zum Teil schon gesättigter Lösung
überströmt werden. Das oben eintretende
Wasser wird also beim Abwärtsrieseln all-
mählich zu einer Lauge von steigender Stärke,
während der Gehalt der in den Einsätzen be-
findlichen Rohsoda nach oben zu stufenweise ab-
nimmt. Ein gemeinsames Dampfrohr, welches
Zweigleitungen in die einzelnen Bottiche ent-
sendet, sorgt dafür, daß die Temperatur auf
der ursprünglichen Höhe bleibt.

Die gewonnene Lauge ist mehr oder
weniger mit etwas Schwefelnatrium verun-
reinigt, welches die beim Abdampfen erhaltene
Soda durch Bildung von Schwefeleisen (aus
einem geringen Eisengehalt der Lauge) bräunt,
so daß sie heute die Konkurrenz mit der schönen
weißen, durch das Ammoniakverfahren produ-
zierten Soda nicht aushalten könnte. Daher
verfährt man beim Abdampfen so, daß man
eine bestimmte Konzentration der Lauge ab-
wartet, bei welcher kleine Krystalle von einfach
gewässerter Soda (Na2CO3 + H2O) nieder zu
fallen beginnen. Diese Krystalle werden
herausgeschöpst (das "Soggen"), getrocknet, nochmals gelöst und die
so erhaltene Lösung entweder zur Krystallisation oder zur Trockenheit
eingedampft. Im ersteren Falle erhält man krystallisierte Soda
(Na2CO3 + 10H2O), im letzteren kalcinierte, d. h. wasserfreie. Die

Die Sodafabrikation.
Waſſer läuft zuerſt durch den höchſt ſtehenden Bottich, ſättigt ſich hier
zum Teil mit Soda aus der in dem Einſatz befindlichen zerkleinerten
Rohſoda und läuft dann durch einen Heber in den nächſten ein wenig
tiefer liegenden Bottich, wo die Sättigung weiter erfolgt. Iſt nach
einiger Zeit die Rohſoda im oberſten
[Abbildung] Fig. 452.

Auslaugeanlage einer Sodafabrik.

Bottich erſchöpft, ſo nimmt man den
Einſatz heraus, beſchickt ihn mit neuer
Maſſe, läßt alle übrigen Einſätze um
je eine Stufe in die Höhe rücken und
ſetzt den neu beſchickten in den auf
dieſe Weiſe frei gewordenen unterſten Bottich.
Durch dieſes einfache Verfahren erreicht man,
daß die Rohſoda vollſtändig ausgenutzt wird;
denn durch das beſchriebene Arrangement wird
immer die bereits am meiſten erſchöpfte Roh-
ſoda mit dem kräftigſten Löſungsmittel, nämlich
reinem Waſſer, in Berührung gebracht, während
die weiterhin folgenden, noch gehaltreicheren
Teile mit zum Teil ſchon geſättigter Löſung
überſtrömt werden. Das oben eintretende
Waſſer wird alſo beim Abwärtsrieſeln all-
mählich zu einer Lauge von ſteigender Stärke,
während der Gehalt der in den Einſätzen be-
findlichen Rohſoda nach oben zu ſtufenweiſe ab-
nimmt. Ein gemeinſames Dampfrohr, welches
Zweigleitungen in die einzelnen Bottiche ent-
ſendet, ſorgt dafür, daß die Temperatur auf
der urſprünglichen Höhe bleibt.

Die gewonnene Lauge iſt mehr oder
weniger mit etwas Schwefelnatrium verun-
reinigt, welches die beim Abdampfen erhaltene
Soda durch Bildung von Schwefeleiſen (aus
einem geringen Eiſengehalt der Lauge) bräunt,
ſo daß ſie heute die Konkurrenz mit der ſchönen
weißen, durch das Ammoniakverfahren produ-
zierten Soda nicht aushalten könnte. Daher
verfährt man beim Abdampfen ſo, daß man
eine beſtimmte Konzentration der Lauge ab-
wartet, bei welcher kleine Kryſtalle von einfach
gewäſſerter Soda (Na2CO3 + H2O) nieder zu
fallen beginnen. Dieſe Kryſtalle werden
herausgeſchöpſt (das „Soggen“), getrocknet, nochmals gelöſt und die
ſo erhaltene Löſung entweder zur Kryſtalliſation oder zur Trockenheit
eingedampft. Im erſteren Falle erhält man kryſtalliſierte Soda
(Na2CO3 + 10H2O), im letzteren kalcinierte, d. h. waſſerfreie. Die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0855" n="837"/><fw place="top" type="header">Die Sodafabrikation.</fw><lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er läuft zuer&#x017F;t durch den höch&#x017F;t &#x017F;tehenden Bottich, &#x017F;ättigt &#x017F;ich hier<lb/>
zum Teil mit Soda aus der in dem Ein&#x017F;atz befindlichen zerkleinerten<lb/>
Roh&#x017F;oda und läuft dann durch einen Heber in den näch&#x017F;ten ein wenig<lb/>
tiefer liegenden Bottich, wo die Sättigung weiter erfolgt. I&#x017F;t nach<lb/>
einiger Zeit die Roh&#x017F;oda im ober&#x017F;ten<lb/><figure><head>Fig. 452. </head><p>Auslaugeanlage einer Sodafabrik.</p></figure><lb/>
Bottich er&#x017F;chöpft, &#x017F;o nimmt man den<lb/>
Ein&#x017F;atz heraus, be&#x017F;chickt ihn mit neuer<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;e, läßt alle übrigen Ein&#x017F;ätze um<lb/>
je eine Stufe in die Höhe rücken und<lb/>
&#x017F;etzt den neu be&#x017F;chickten in den auf<lb/>
die&#x017F;e Wei&#x017F;e frei gewordenen <choice><sic>nnter&#x017F;ten</sic><corr>unter&#x017F;ten</corr></choice> Bottich.<lb/>
Durch die&#x017F;es einfache Verfahren erreicht man,<lb/>
daß die Roh&#x017F;oda voll&#x017F;tändig ausgenutzt wird;<lb/>
denn durch das be&#x017F;chriebene Arrangement wird<lb/>
immer die bereits am mei&#x017F;ten er&#x017F;chöpfte Roh-<lb/>
&#x017F;oda mit dem kräftig&#x017F;ten Lö&#x017F;ungsmittel, nämlich<lb/>
reinem Wa&#x017F;&#x017F;er, in Berührung gebracht, während<lb/>
die weiterhin folgenden, noch gehaltreicheren<lb/>
Teile mit zum Teil &#x017F;chon ge&#x017F;ättigter Lö&#x017F;ung<lb/>
über&#x017F;trömt werden. Das oben eintretende<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er wird al&#x017F;o beim Abwärtsrie&#x017F;eln all-<lb/>
mählich zu einer Lauge von &#x017F;teigender Stärke,<lb/>
während der Gehalt der in den Ein&#x017F;ätzen be-<lb/>
findlichen Roh&#x017F;oda nach oben zu &#x017F;tufenwei&#x017F;e ab-<lb/>
nimmt. Ein gemein&#x017F;ames Dampfrohr, welches<lb/>
Zweigleitungen in die einzelnen Bottiche ent-<lb/>
&#x017F;endet, &#x017F;orgt dafür, daß die Temperatur auf<lb/>
der ur&#x017F;prünglichen Höhe bleibt.</p><lb/>
              <p>Die gewonnene Lauge i&#x017F;t mehr oder<lb/>
weniger mit etwas Schwefelnatrium verun-<lb/>
reinigt, welches die beim Abdampfen erhaltene<lb/>
Soda durch Bildung von Schwefelei&#x017F;en (aus<lb/>
einem geringen Ei&#x017F;engehalt der Lauge) bräunt,<lb/>
&#x017F;o daß &#x017F;ie heute die Konkurrenz mit der &#x017F;chönen<lb/>
weißen, durch das Ammoniakverfahren produ-<lb/>
zierten Soda nicht aushalten könnte. Daher<lb/>
verfährt man beim Abdampfen &#x017F;o, daß man<lb/>
eine be&#x017F;timmte Konzentration der Lauge ab-<lb/>
wartet, bei welcher kleine Kry&#x017F;talle von einfach<lb/>
gewä&#x017F;&#x017F;erter Soda (<hi rendition="#aq">Na<hi rendition="#sub">2</hi>CO<hi rendition="#sub">3</hi></hi> + <hi rendition="#aq">H<hi rendition="#sub">2</hi>O</hi>) nieder zu<lb/>
fallen beginnen. Die&#x017F;e Kry&#x017F;talle werden<lb/>
herausge&#x017F;chöp&#x017F;t (das &#x201E;Soggen&#x201C;), getrocknet, nochmals gelö&#x017F;t und die<lb/>
&#x017F;o erhaltene Lö&#x017F;ung entweder zur Kry&#x017F;talli&#x017F;ation oder zur Trockenheit<lb/>
eingedampft. Im er&#x017F;teren Falle erhält man kry&#x017F;talli&#x017F;ierte Soda<lb/>
(<hi rendition="#aq">Na<hi rendition="#sub">2</hi>CO<hi rendition="#sub">3</hi></hi> + <hi rendition="#aq">10H<hi rendition="#sub">2</hi>O</hi>), im letzteren kalcinierte, d. h. wa&#x017F;&#x017F;erfreie. Die<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[837/0855] Die Sodafabrikation. Waſſer läuft zuerſt durch den höchſt ſtehenden Bottich, ſättigt ſich hier zum Teil mit Soda aus der in dem Einſatz befindlichen zerkleinerten Rohſoda und läuft dann durch einen Heber in den nächſten ein wenig tiefer liegenden Bottich, wo die Sättigung weiter erfolgt. Iſt nach einiger Zeit die Rohſoda im oberſten [Abbildung Fig. 452. Auslaugeanlage einer Sodafabrik.] Bottich erſchöpft, ſo nimmt man den Einſatz heraus, beſchickt ihn mit neuer Maſſe, läßt alle übrigen Einſätze um je eine Stufe in die Höhe rücken und ſetzt den neu beſchickten in den auf dieſe Weiſe frei gewordenen unterſten Bottich. Durch dieſes einfache Verfahren erreicht man, daß die Rohſoda vollſtändig ausgenutzt wird; denn durch das beſchriebene Arrangement wird immer die bereits am meiſten erſchöpfte Roh- ſoda mit dem kräftigſten Löſungsmittel, nämlich reinem Waſſer, in Berührung gebracht, während die weiterhin folgenden, noch gehaltreicheren Teile mit zum Teil ſchon geſättigter Löſung überſtrömt werden. Das oben eintretende Waſſer wird alſo beim Abwärtsrieſeln all- mählich zu einer Lauge von ſteigender Stärke, während der Gehalt der in den Einſätzen be- findlichen Rohſoda nach oben zu ſtufenweiſe ab- nimmt. Ein gemeinſames Dampfrohr, welches Zweigleitungen in die einzelnen Bottiche ent- ſendet, ſorgt dafür, daß die Temperatur auf der urſprünglichen Höhe bleibt. Die gewonnene Lauge iſt mehr oder weniger mit etwas Schwefelnatrium verun- reinigt, welches die beim Abdampfen erhaltene Soda durch Bildung von Schwefeleiſen (aus einem geringen Eiſengehalt der Lauge) bräunt, ſo daß ſie heute die Konkurrenz mit der ſchönen weißen, durch das Ammoniakverfahren produ- zierten Soda nicht aushalten könnte. Daher verfährt man beim Abdampfen ſo, daß man eine beſtimmte Konzentration der Lauge ab- wartet, bei welcher kleine Kryſtalle von einfach gewäſſerter Soda (Na2CO3 + H2O) nieder zu fallen beginnen. Dieſe Kryſtalle werden herausgeſchöpſt (das „Soggen“), getrocknet, nochmals gelöſt und die ſo erhaltene Löſung entweder zur Kryſtalliſation oder zur Trockenheit eingedampft. Im erſteren Falle erhält man kryſtalliſierte Soda (Na2CO3 + 10H2O), im letzteren kalcinierte, d. h. waſſerfreie. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/855
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 837. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/855>, abgerufen am 25.11.2024.