geschieht in der That, ja auch die Kernseife wird häufig durch Zusätze nnd regelmäßiges Aufrühren der in der Form befindlichen erstarrenden Masse "gemandelt"; sie zeigt dann dunkle Flecke auf hellem Grunde.
Die Schmierseifen werden allgemein aus Leinöl, Brennöl, Thran mit Kalilauge hergestellt. Indessen fügt man stets ein wenig Natron- lauge zu, weil die erhaltene Seife dadurch, bei gleich hohem Wasser- gehalt, weniger flüssig wird, als ohne Natronzusatz. Man kocht zuerst mit schwacher, dann mit stärkerer Lauge; auch hierbei wird mit ver- schiedenen Füllungen gearbeitet. Häufig setzt man auch beim Sieden Harz (Kolophonium) zu, oder man vermischt die fertige Seife mit be- sonders gekochter Harzseife. Die Schmierseifen sind stark und un- angenehm riechende weiche Massen von dunkler, grüner bis schwarz- brauner Farbe, welche gegen 50 % Wasser enthalten.
Außer den schon oben erwähnten Toiletteseifen, gefüllten oder nur geschliffenen Seifen mit Parfümzusatz, fabriziert man einige besondere Arten. Hierzu gehören die transparenten Seifen, z. B. die Glycerinseife, die man durch Lösen der Kernseife in Glycerin und Erstarrenlassen erhält; die Bimssteinseife, welche Bimssteinpulver enthält; die Mandelseife, aus Palmöl und Talg unter Zusatz von Nitrobenzol (Eau de Mirban) ge- wonnen; endlich die durch ihre Reinheit berühmte Marseiller Seife, welche aus minderwertigen Sorten Olivenöl mit Natronlauge fabriziert und durch sehr geringen Zusatz von Eisenvitriol marmoriert wird. Die letztere Wirkung erklärt sich daraus, daß sich durch den geringen Ge- halt der Soda an Schwefelnatrium schwarzes Schwefeleisen bildet, welches die gewünschte dunkle Äderung hervorruft.
2. Die Fabrikation und Verarbeitung des Glases.
Allgemeines.
Die Erzählung, daß phönizische auf der Reise begriffene Kauf- leute, indem sie ihre Kochgeschirre auf Sodastücken, mit denen sie handelten, erhitzten, ein Zusammenfließen der Soda mit dem Sande des Bodens beobachteten und so die Erfinder des Glases wurden, beruht auf einem Irrtum, da freies Feuer ganz unmöglich das Flüssig- werden des Glases bewirken kann. Dennoch ist die Erfindung der Glas- macherkunst zweifellos in die ältesten Zeiten zu versetzen. Wir haben bestimmte Nachrichten, daß in Sidon und Alexandria Glashütten existierten, in welchen man das Produkt nicht nur einfach herstellte, sondern auch zu schleifen, zu färben und zu vergolden verstand. Trotz alle- dem war das Glas im Altertum ein verhältnismäßig kostbarer Gegen- stand, der vom alltäglichen Gebrauche ausgeschlossen war. Im Mittelalter scheint die Glasfabrikation zunächst nach Venedig verpflanzt worden zu
Die Seifenfabrikation.
geſchieht in der That, ja auch die Kernſeife wird häufig durch Zuſätze nnd regelmäßiges Aufrühren der in der Form befindlichen erſtarrenden Maſſe „gemandelt“; ſie zeigt dann dunkle Flecke auf hellem Grunde.
Die Schmierſeifen werden allgemein aus Leinöl, Brennöl, Thran mit Kalilauge hergeſtellt. Indeſſen fügt man ſtets ein wenig Natron- lauge zu, weil die erhaltene Seife dadurch, bei gleich hohem Waſſer- gehalt, weniger flüſſig wird, als ohne Natronzuſatz. Man kocht zuerſt mit ſchwacher, dann mit ſtärkerer Lauge; auch hierbei wird mit ver- ſchiedenen Füllungen gearbeitet. Häufig ſetzt man auch beim Sieden Harz (Kolophonium) zu, oder man vermiſcht die fertige Seife mit be- ſonders gekochter Harzſeife. Die Schmierſeifen ſind ſtark und un- angenehm riechende weiche Maſſen von dunkler, grüner bis ſchwarz- brauner Farbe, welche gegen 50 % Waſſer enthalten.
Außer den ſchon oben erwähnten Toiletteſeifen, gefüllten oder nur geſchliffenen Seifen mit Parfümzuſatz, fabriziert man einige beſondere Arten. Hierzu gehören die transparenten Seifen, z. B. die Glycerinſeife, die man durch Löſen der Kernſeife in Glycerin und Erſtarrenlaſſen erhält; die Bimsſteinſeife, welche Bimsſteinpulver enthält; die Mandelſeife, aus Palmöl und Talg unter Zuſatz von Nitrobenzol (Eau de Mirban) ge- wonnen; endlich die durch ihre Reinheit berühmte Marſeiller Seife, welche aus minderwertigen Sorten Olivenöl mit Natronlauge fabriziert und durch ſehr geringen Zuſatz von Eiſenvitriol marmoriert wird. Die letztere Wirkung erklärt ſich daraus, daß ſich durch den geringen Ge- halt der Soda an Schwefelnatrium ſchwarzes Schwefeleiſen bildet, welches die gewünſchte dunkle Äderung hervorruft.
2. Die Fabrikation und Verarbeitung des Glaſes.
Allgemeines.
Die Erzählung, daß phöniziſche auf der Reiſe begriffene Kauf- leute, indem ſie ihre Kochgeſchirre auf Sodaſtücken, mit denen ſie handelten, erhitzten, ein Zuſammenfließen der Soda mit dem Sande des Bodens beobachteten und ſo die Erfinder des Glaſes wurden, beruht auf einem Irrtum, da freies Feuer ganz unmöglich das Flüſſig- werden des Glaſes bewirken kann. Dennoch iſt die Erfindung der Glas- macherkunſt zweifellos in die älteſten Zeiten zu verſetzen. Wir haben beſtimmte Nachrichten, daß in Sidon und Alexandria Glashütten exiſtierten, in welchen man das Produkt nicht nur einfach herſtellte, ſondern auch zu ſchleifen, zu färben und zu vergolden verſtand. Trotz alle- dem war das Glas im Altertum ein verhältnismäßig koſtbarer Gegen- ſtand, der vom alltäglichen Gebrauche ausgeſchloſſen war. Im Mittelalter ſcheint die Glasfabrikation zunächſt nach Venedig verpflanzt worden zu
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Die Seifenfabrikation.
geſchieht in der That, ja auch die Kernſeife wird häufig durch Zuſätze
nnd regelmäßiges Aufrühren der in der Form befindlichen erſtarrenden
Maſſe „gemandelt“; ſie zeigt dann dunkle Flecke auf hellem Grunde.
Die Schmierſeifen werden allgemein aus Leinöl, Brennöl, Thran
mit Kalilauge hergeſtellt. Indeſſen fügt man ſtets ein wenig Natron-
lauge zu, weil die erhaltene Seife dadurch, bei gleich hohem Waſſer-
gehalt, weniger flüſſig wird, als ohne Natronzuſatz. Man kocht zuerſt
mit ſchwacher, dann mit ſtärkerer Lauge; auch hierbei wird mit ver-
ſchiedenen Füllungen gearbeitet. Häufig ſetzt man auch beim Sieden
Harz (Kolophonium) zu, oder man vermiſcht die fertige Seife mit be-
ſonders gekochter Harzſeife. Die Schmierſeifen ſind ſtark und un-
angenehm riechende weiche Maſſen von dunkler, grüner bis ſchwarz-
brauner Farbe, welche gegen 50 % Waſſer enthalten.
Außer den ſchon oben erwähnten Toiletteſeifen, gefüllten oder nur
geſchliffenen Seifen mit Parfümzuſatz, fabriziert man einige beſondere
Arten. Hierzu gehören die transparenten Seifen, z. B. die Glycerinſeife,
die man durch Löſen der Kernſeife in Glycerin und Erſtarrenlaſſen erhält;
die Bimsſteinſeife, welche Bimsſteinpulver enthält; die Mandelſeife, aus
Palmöl und Talg unter Zuſatz von Nitrobenzol (Eau de Mirban) ge-
wonnen; endlich die durch ihre Reinheit berühmte Marſeiller Seife,
welche aus minderwertigen Sorten Olivenöl mit Natronlauge fabriziert
und durch ſehr geringen Zuſatz von Eiſenvitriol marmoriert wird. Die
letztere Wirkung erklärt ſich daraus, daß ſich durch den geringen Ge-
halt der Soda an Schwefelnatrium ſchwarzes Schwefeleiſen bildet,
welches die gewünſchte dunkle Äderung hervorruft.
2. Die Fabrikation und Verarbeitung des Glaſes.
Allgemeines.
Die Erzählung, daß phöniziſche auf der Reiſe begriffene Kauf-
leute, indem ſie ihre Kochgeſchirre auf Sodaſtücken, mit denen ſie
handelten, erhitzten, ein Zuſammenfließen der Soda mit dem Sande
des Bodens beobachteten und ſo die Erfinder des Glaſes wurden,
beruht auf einem Irrtum, da freies Feuer ganz unmöglich das Flüſſig-
werden des Glaſes bewirken kann. Dennoch iſt die Erfindung der Glas-
macherkunſt zweifellos in die älteſten Zeiten zu verſetzen. Wir haben
beſtimmte Nachrichten, daß in Sidon und Alexandria Glashütten
exiſtierten, in welchen man das Produkt nicht nur einfach herſtellte,
ſondern auch zu ſchleifen, zu färben und zu vergolden verſtand. Trotz alle-
dem war das Glas im Altertum ein verhältnismäßig koſtbarer Gegen-
ſtand, der vom alltäglichen Gebrauche ausgeſchloſſen war. Im Mittelalter
ſcheint die Glasfabrikation zunächſt nach Venedig verpflanzt worden zu
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 845. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/863>, abgerufen am 25.11.2024.
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