sein, wo die Hütten auf der Insel Murano, noch heute wegen ihrer Fabri- kate hoch geschätzt, bald weit berühmt wurden. Böhmen, Frankreich und England folgten zunächst nach, bis gegen Ende des Mittelalters das Glas allgemein verbreitet war. Scheiben von Glas, schon in Pompeji gefunden, haben erst viele Jahrhunderte später allgemeine Verwendung erlangt; sie erscheinen z. B. erst gegen 1200 in England, um 1450 in Wien. Die ersten großen Hütten, wie wir sie noch heute haben, sind erst im 16. Jahrhundert errichtet worden.
Glas im allgemeinsten Sinne wird durch Zusammenschmelzen von Kieselerde mit Metalloxyden, wie Kali, Natron, Kalk, Magnesia, Baryt, Bleioxyd, Zinnoxyd, Eisenoxydul, Manganoxydul, Thonerde, erhalten. Beim Abkühlen erstarrt die Schmelze zu einer durchsichtigen Masse von verschiedener Färbung, welche große Härte besitzt und dem zer- störenden Einfluße der Luft, des Wassers, sowie vieler chemischen Rea- gentien in hohem Grade widersteht. Infolge dieser Eigenschaften, denen nur Sprödigkeit und Zerbrechlichkeit als unangenehme Beigaben gegen- überstehen, ist das Glas sowohl für das praktische Leben, wie für die Wissenschaft gewissermaßen unersetzbar. Ja, man muß bei einiger Überlegung erkennen, daß einzelne Wissenschaften, wie z. B. die Physik, die Chemie und ganz besonders die Astronomie ohne das Glas sich nicht bis zu ihrem heutigen Standpunkte hätten entwickeln können.
Das Glas stellt eine Verbindung von Salznatur dar. Die Kiesel- erde, eine Verbindung des Elementes Silicium mit Sauerstoff, kann auf Umwegen zur chemischen Aufnahme von Wasser gezwungen werden; es entsteht dadurch eine Säure, die Kieselsäure, deren Wasserstoff, wie der anderer Säuren, durch Metalle ersetzbar ist und hierdurch Salze, die Silikate, liefert. Die letzteren entstehen einfacher durch Zusammen- schmelzen der Oxyde mit Kieselerde. Da die Kieselsäure, welche sonst bei gewöhnlicher Temperatur chemisch sehr unwirksam und schwach ist, in der Glühhitze, wegen ihrer Feuerbeständigkeit, eine sehr starke Säure darstellt, so treibt sie bei hoher Temperatur andere sonst stärkere Säuren, wegen deren flüchtiger Natur, leicht aus ihren Verbindungen aus und vereinigt sich mit den freigewordenen Metalloxyden. Wesentlich für das Glas, ein künstlich erhaltenes Silikat, ist die nicht krystallinische Beschaffenheit, der amorphe Zustand; durch ihn unterscheidet sich eben das Glas von den äußerst zahlreich als Mineralien vorkommenden natürlichen Silikaten.
Um dem Glase die charakteristischen schätzenswerten Eigenschaften mit- zuteilen, muß es kieselsaure Verbindungen ganz bestimmter Metalloxyde enthalten. Die Silikate der Alkalien sind zwar leicht flüssig, aber in heißem Wasser löslich (Wasserglas) und daher als Glas unbrauchbar. Auch die Erdsilikate, besonders das Kalksilikat, sind leicht angreifbar; am beständigsten, aber sehr schwer schmelzbar, ist die kieselsaure Thon- erde. Die letztere hat zudem eine Eigenschaft, welche sie von den anderen Silikaten wesentlich unterscheidet; sie nimmt nämlich leicht
Die Fabrikation und Verarbeitung des Glaſes.
ſein, wo die Hütten auf der Inſel Murano, noch heute wegen ihrer Fabri- kate hoch geſchätzt, bald weit berühmt wurden. Böhmen, Frankreich und England folgten zunächſt nach, bis gegen Ende des Mittelalters das Glas allgemein verbreitet war. Scheiben von Glas, ſchon in Pompeji gefunden, haben erſt viele Jahrhunderte ſpäter allgemeine Verwendung erlangt; ſie erſcheinen z. B. erſt gegen 1200 in England, um 1450 in Wien. Die erſten großen Hütten, wie wir ſie noch heute haben, ſind erſt im 16. Jahrhundert errichtet worden.
Glas im allgemeinſten Sinne wird durch Zuſammenſchmelzen von Kieſelerde mit Metalloxyden, wie Kali, Natron, Kalk, Magneſia, Baryt, Bleioxyd, Zinnoxyd, Eiſenoxydul, Manganoxydul, Thonerde, erhalten. Beim Abkühlen erſtarrt die Schmelze zu einer durchſichtigen Maſſe von verſchiedener Färbung, welche große Härte beſitzt und dem zer- ſtörenden Einfluße der Luft, des Waſſers, ſowie vieler chemiſchen Rea- gentien in hohem Grade widerſteht. Infolge dieſer Eigenſchaften, denen nur Sprödigkeit und Zerbrechlichkeit als unangenehme Beigaben gegen- überſtehen, iſt das Glas ſowohl für das praktiſche Leben, wie für die Wiſſenſchaft gewiſſermaßen unerſetzbar. Ja, man muß bei einiger Überlegung erkennen, daß einzelne Wiſſenſchaften, wie z. B. die Phyſik, die Chemie und ganz beſonders die Aſtronomie ohne das Glas ſich nicht bis zu ihrem heutigen Standpunkte hätten entwickeln können.
Das Glas ſtellt eine Verbindung von Salznatur dar. Die Kieſel- erde, eine Verbindung des Elementes Silicium mit Sauerſtoff, kann auf Umwegen zur chemiſchen Aufnahme von Waſſer gezwungen werden; es entſteht dadurch eine Säure, die Kieſelſäure, deren Waſſerſtoff, wie der anderer Säuren, durch Metalle erſetzbar iſt und hierdurch Salze, die Silikate, liefert. Die letzteren entſtehen einfacher durch Zuſammen- ſchmelzen der Oxyde mit Kieſelerde. Da die Kieſelſäure, welche ſonſt bei gewöhnlicher Temperatur chemiſch ſehr unwirkſam und ſchwach iſt, in der Glühhitze, wegen ihrer Feuerbeſtändigkeit, eine ſehr ſtarke Säure darſtellt, ſo treibt ſie bei hoher Temperatur andere ſonſt ſtärkere Säuren, wegen deren flüchtiger Natur, leicht aus ihren Verbindungen aus und vereinigt ſich mit den freigewordenen Metalloxyden. Weſentlich für das Glas, ein künſtlich erhaltenes Silikat, iſt die nicht kryſtalliniſche Beſchaffenheit, der amorphe Zuſtand; durch ihn unterſcheidet ſich eben das Glas von den äußerſt zahlreich als Mineralien vorkommenden natürlichen Silikaten.
Um dem Glaſe die charakteriſtiſchen ſchätzenswerten Eigenſchaften mit- zuteilen, muß es kieſelſaure Verbindungen ganz beſtimmter Metalloxyde enthalten. Die Silikate der Alkalien ſind zwar leicht flüſſig, aber in heißem Waſſer löslich (Waſſerglas) und daher als Glas unbrauchbar. Auch die Erdſilikate, beſonders das Kalkſilikat, ſind leicht angreifbar; am beſtändigſten, aber ſehr ſchwer ſchmelzbar, iſt die kieſelſaure Thon- erde. Die letztere hat zudem eine Eigenſchaft, welche ſie von den anderen Silikaten weſentlich unterſcheidet; ſie nimmt nämlich leicht
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Die Fabrikation und Verarbeitung des Glaſes.
ſein, wo die Hütten auf der Inſel Murano, noch heute wegen ihrer Fabri-
kate hoch geſchätzt, bald weit berühmt wurden. Böhmen, Frankreich
und England folgten zunächſt nach, bis gegen Ende des Mittelalters
das Glas allgemein verbreitet war. Scheiben von Glas, ſchon in
Pompeji gefunden, haben erſt viele Jahrhunderte ſpäter allgemeine
Verwendung erlangt; ſie erſcheinen z. B. erſt gegen 1200 in England,
um 1450 in Wien. Die erſten großen Hütten, wie wir ſie noch heute
haben, ſind erſt im 16. Jahrhundert errichtet worden.
Glas im allgemeinſten Sinne wird durch Zuſammenſchmelzen von
Kieſelerde mit Metalloxyden, wie Kali, Natron, Kalk, Magneſia, Baryt,
Bleioxyd, Zinnoxyd, Eiſenoxydul, Manganoxydul, Thonerde, erhalten.
Beim Abkühlen erſtarrt die Schmelze zu einer durchſichtigen Maſſe
von verſchiedener Färbung, welche große Härte beſitzt und dem zer-
ſtörenden Einfluße der Luft, des Waſſers, ſowie vieler chemiſchen Rea-
gentien in hohem Grade widerſteht. Infolge dieſer Eigenſchaften, denen
nur Sprödigkeit und Zerbrechlichkeit als unangenehme Beigaben gegen-
überſtehen, iſt das Glas ſowohl für das praktiſche Leben, wie für
die Wiſſenſchaft gewiſſermaßen unerſetzbar. Ja, man muß bei einiger
Überlegung erkennen, daß einzelne Wiſſenſchaften, wie z. B. die Phyſik,
die Chemie und ganz beſonders die Aſtronomie ohne das Glas ſich
nicht bis zu ihrem heutigen Standpunkte hätten entwickeln können.
Das Glas ſtellt eine Verbindung von Salznatur dar. Die Kieſel-
erde, eine Verbindung des Elementes Silicium mit Sauerſtoff, kann
auf Umwegen zur chemiſchen Aufnahme von Waſſer gezwungen werden;
es entſteht dadurch eine Säure, die Kieſelſäure, deren Waſſerſtoff, wie
der anderer Säuren, durch Metalle erſetzbar iſt und hierdurch Salze,
die Silikate, liefert. Die letzteren entſtehen einfacher durch Zuſammen-
ſchmelzen der Oxyde mit Kieſelerde. Da die Kieſelſäure, welche ſonſt
bei gewöhnlicher Temperatur chemiſch ſehr unwirkſam und ſchwach iſt,
in der Glühhitze, wegen ihrer Feuerbeſtändigkeit, eine ſehr ſtarke Säure
darſtellt, ſo treibt ſie bei hoher Temperatur andere ſonſt ſtärkere Säuren,
wegen deren flüchtiger Natur, leicht aus ihren Verbindungen aus und
vereinigt ſich mit den freigewordenen Metalloxyden. Weſentlich für
das Glas, ein künſtlich erhaltenes Silikat, iſt die nicht kryſtalliniſche
Beſchaffenheit, der amorphe Zuſtand; durch ihn unterſcheidet ſich eben
das Glas von den äußerſt zahlreich als Mineralien vorkommenden
natürlichen Silikaten.
Um dem Glaſe die charakteriſtiſchen ſchätzenswerten Eigenſchaften mit-
zuteilen, muß es kieſelſaure Verbindungen ganz beſtimmter Metalloxyde
enthalten. Die Silikate der Alkalien ſind zwar leicht flüſſig, aber in
heißem Waſſer löslich (Waſſerglas) und daher als Glas unbrauchbar.
Auch die Erdſilikate, beſonders das Kalkſilikat, ſind leicht angreifbar;
am beſtändigſten, aber ſehr ſchwer ſchmelzbar, iſt die kieſelſaure Thon-
erde. Die letztere hat zudem eine Eigenſchaft, welche ſie von den
anderen Silikaten weſentlich unterſcheidet; ſie nimmt nämlich leicht
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 846. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/864>, abgerufen am 25.11.2024.
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