Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.Allgemeines. krystallinische Beschaffenheit an, ist daher auch zur Glasfabrikation ansich nicht brauchbar. Nun hat aber die Erfahrung gezeigt, daß man durch Mischen der bisher genannten Silikate eine Masse erhält, welche die schädlichen Eigenschaften der einzelnen Verbindungen, nämlich einer- seits leichte Angreifbarkeit, andererseits Neigung zum Krystallisieren, so gut wie gar nicht mehr zeigt, während wiederum sich in ihr die charakteristischen Eigenschaften der Einzelsilikate treu abspiegeln. Während also in den unter dem Namen Glas bekannten mehrfachen Silikaten die Kieselsäure konstanter Bestandteil ist, bestimmen die angewendeten Metalloxyde die Eigenschaften des Glases. So giebt z. B. Natron hohen Glanz, schwach grünliche Färbung, Kali schwachen Glanz und Farblosigkeit; beide Gläser sind leichtflüssig. Kalk erzielt härteres und glänzenderes Glas von geringerer Leichtflüssigkeit, als die Alkalien, Thonerde sehr strengflüssiges Glas. Bleioxyd und -- in geringerem Grade -- Baryt geben sehr weiche, d. h. gut schleifbare, leichtflüssige, farblose, glänzende Glassorten, die sich durch besonders starkes Licht- brechungsvermögen auszeichnen und daher für optische Instrumente verwendet werden. Die anderen Metalloxyde, welche man stets nur in kleinster Menge gebraucht, wirken hauptsächlich auf die Farbe des Glases; so gebraucht man z. B. das Manganoxyd, weil es die geringe Farbe der gemeinen Glassorten abschwächt oder auch ganz aufhebt. Je nach der Bestimmung des zu fabrizierenden Glases wird man die einzelnen Materialien abwägen und nach Qualität und Quantität ver- wenden. So erhält man die verschiedenen Glassätze, deren Zusammen- setzung nicht im entferntesten theoretisch-chemischen Grundsätzen ent- spricht, sondern lediglich auf der Erfahrung beruht. Nur das hat sich, hinsichtlich der Flüssigkeit des Glases, als allgemein richtig heraus- gestellt, daß ein steigender Überschuß von Kieselerde das Glas schwer flüssig bis zur Zähigkeit macht, während Zusatz von Metalloxyden diese Eigenschaft stufenweise verringert. Daher nennen die Glasmacher auch die in Form von Salzen zugesetzten Metalloxyde schlechtweg Flußmittel; diese Materialien erleichtern ihnen die Arbeit und helfen Brennstoff ersparen. Sie wissen aber auch sehr genau, daß ein zu großer Zusatz der Flußmittel die Angreifbarkeit des Fabrikates wesentlich vermehrt; die Notwendigkeit, auf der einen Seite zu sparen, auf der anderen für die Güte des Glases besorgt zu sein, lehrt den Glas- macher, bei der Zusammensetzung des Satzes die richtige Mitte zu halten. Setzt man Glas von einer Durchschnittszusammensetzung dem Allgemeines. kryſtalliniſche Beſchaffenheit an, iſt daher auch zur Glasfabrikation anſich nicht brauchbar. Nun hat aber die Erfahrung gezeigt, daß man durch Miſchen der bisher genannten Silikate eine Maſſe erhält, welche die ſchädlichen Eigenſchaften der einzelnen Verbindungen, nämlich einer- ſeits leichte Angreifbarkeit, andererſeits Neigung zum Kryſtalliſieren, ſo gut wie gar nicht mehr zeigt, während wiederum ſich in ihr die charakteriſtiſchen Eigenſchaften der Einzelſilikate treu abſpiegeln. Während alſo in den unter dem Namen Glas bekannten mehrfachen Silikaten die Kieſelſäure konſtanter Beſtandteil iſt, beſtimmen die angewendeten Metalloxyde die Eigenſchaften des Glaſes. So giebt z. B. Natron hohen Glanz, ſchwach grünliche Färbung, Kali ſchwachen Glanz und Farbloſigkeit; beide Gläſer ſind leichtflüſſig. Kalk erzielt härteres und glänzenderes Glas von geringerer Leichtflüſſigkeit, als die Alkalien, Thonerde ſehr ſtrengflüſſiges Glas. Bleioxyd und — in geringerem Grade — Baryt geben ſehr weiche, d. h. gut ſchleifbare, leichtflüſſige, farbloſe, glänzende Glasſorten, die ſich durch beſonders ſtarkes Licht- brechungsvermögen auszeichnen und daher für optiſche Inſtrumente verwendet werden. Die anderen Metalloxyde, welche man ſtets nur in kleinſter Menge gebraucht, wirken hauptſächlich auf die Farbe des Glaſes; ſo gebraucht man z. B. das Manganoxyd, weil es die geringe Farbe der gemeinen Glasſorten abſchwächt oder auch ganz aufhebt. Je nach der Beſtimmung des zu fabrizierenden Glaſes wird man die einzelnen Materialien abwägen und nach Qualität und Quantität ver- wenden. So erhält man die verſchiedenen Glasſätze, deren Zuſammen- ſetzung nicht im entfernteſten theoretiſch-chemiſchen Grundſätzen ent- ſpricht, ſondern lediglich auf der Erfahrung beruht. Nur das hat ſich, hinſichtlich der Flüſſigkeit des Glaſes, als allgemein richtig heraus- geſtellt, daß ein ſteigender Überſchuß von Kieſelerde das Glas ſchwer flüſſig bis zur Zähigkeit macht, während Zuſatz von Metalloxyden dieſe Eigenſchaft ſtufenweiſe verringert. Daher nennen die Glasmacher auch die in Form von Salzen zugeſetzten Metalloxyde ſchlechtweg Flußmittel; dieſe Materialien erleichtern ihnen die Arbeit und helfen Brennſtoff erſparen. Sie wiſſen aber auch ſehr genau, daß ein zu großer Zuſatz der Flußmittel die Angreifbarkeit des Fabrikates weſentlich vermehrt; die Notwendigkeit, auf der einen Seite zu ſparen, auf der anderen für die Güte des Glaſes beſorgt zu ſein, lehrt den Glas- macher, bei der Zuſammenſetzung des Satzes die richtige Mitte zu halten. 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Allgemeines.
kryſtalliniſche Beſchaffenheit an, iſt daher auch zur Glasfabrikation an
ſich nicht brauchbar. Nun hat aber die Erfahrung gezeigt, daß man
durch Miſchen der bisher genannten Silikate eine Maſſe erhält, welche
die ſchädlichen Eigenſchaften der einzelnen Verbindungen, nämlich einer-
ſeits leichte Angreifbarkeit, andererſeits Neigung zum Kryſtalliſieren,
ſo gut wie gar nicht mehr zeigt, während wiederum ſich in ihr die
charakteriſtiſchen Eigenſchaften der Einzelſilikate treu abſpiegeln. Während
alſo in den unter dem Namen Glas bekannten mehrfachen Silikaten
die Kieſelſäure konſtanter Beſtandteil iſt, beſtimmen die angewendeten
Metalloxyde die Eigenſchaften des Glaſes. So giebt z. B. Natron
hohen Glanz, ſchwach grünliche Färbung, Kali ſchwachen Glanz und
Farbloſigkeit; beide Gläſer ſind leichtflüſſig. Kalk erzielt härteres und
glänzenderes Glas von geringerer Leichtflüſſigkeit, als die Alkalien,
Thonerde ſehr ſtrengflüſſiges Glas. Bleioxyd und — in geringerem
Grade — Baryt geben ſehr weiche, d. h. gut ſchleifbare, leichtflüſſige,
farbloſe, glänzende Glasſorten, die ſich durch beſonders ſtarkes Licht-
brechungsvermögen auszeichnen und daher für optiſche Inſtrumente
verwendet werden. Die anderen Metalloxyde, welche man ſtets nur
in kleinſter Menge gebraucht, wirken hauptſächlich auf die Farbe des
Glaſes; ſo gebraucht man z. B. das Manganoxyd, weil es die geringe
Farbe der gemeinen Glasſorten abſchwächt oder auch ganz aufhebt.
Je nach der Beſtimmung des zu fabrizierenden Glaſes wird man die
einzelnen Materialien abwägen und nach Qualität und Quantität ver-
wenden. So erhält man die verſchiedenen Glasſätze, deren Zuſammen-
ſetzung nicht im entfernteſten theoretiſch-chemiſchen Grundſätzen ent-
ſpricht, ſondern lediglich auf der Erfahrung beruht. Nur das hat ſich,
hinſichtlich der Flüſſigkeit des Glaſes, als allgemein richtig heraus-
geſtellt, daß ein ſteigender Überſchuß von Kieſelerde das Glas ſchwer
flüſſig bis zur Zähigkeit macht, während Zuſatz von Metalloxyden
dieſe Eigenſchaft ſtufenweiſe verringert. Daher nennen die Glasmacher
auch die in Form von Salzen zugeſetzten Metalloxyde ſchlechtweg
Flußmittel; dieſe Materialien erleichtern ihnen die Arbeit und helfen
Brennſtoff erſparen. Sie wiſſen aber auch ſehr genau, daß ein zu
großer Zuſatz der Flußmittel die Angreifbarkeit des Fabrikates weſentlich
vermehrt; die Notwendigkeit, auf der einen Seite zu ſparen, auf der
anderen für die Güte des Glaſes beſorgt zu ſein, lehrt den Glas-
macher, bei der Zuſammenſetzung des Satzes die richtige Mitte zu halten.
Setzt man Glas von einer Durchſchnittszuſammenſetzung dem
ſtärkſten Ofenfeuer aus, ſo wird es ziemlich dünnflüſſig, ſo daß ſich
Verunreinigungen gut abſetzen und man es leicht gießen kann. Bei
geringerer Hitze, etwa ſtarker Rotglut, bildet das Glas dagegen eine
zähflüſſige Maſſe, die ſich beſonders gut ziehen, formen und aufblaſen
läßt; auch laſſen ſich verſchiedene Stücke durch Aneinanderdrücken gut
zu einem einzigen vereinigen. Jedes Glas hat im geſchmolzenen Zu-
ſtande die — wenn auch nur geringe — Neigung zum Kryſtalliſieren.
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