dasselbe die anfänglich sehr hohen Erwartungen, welche man auf das- selbe setzte, nicht erfüllt. Jedenfalls ist bisher nicht daran zu denken, es allgemein als Material für Kochgefäße -- sicherlich die wichtigste Anwendung -- benutzt zu sehen. Am meisten findet man Lampen- cylinder aus Hartglas verbreitet.
c) Das Fensterglas.
Dasjenige Glas, welches zur Fabrikation von Fensterscheiben dienen soll, ist in seiner Zusammensetzung dem farblosen oder schwach gefärbten Hohlglase sehr ähnlich. Es unterscheidet sich im wesentlichen nur durch verstärkten Kalkgehalt, welcher erfahrungsmäßig verhindert, daß die Scheiben durch die Witterung zu schnell blind werden. Von den Alkalien bevorzugt man das Kali, so daß man Soda gewöhnlich von den Sätzen ganz ausschließt. Nur für die feineren Sorten fügt man auch ein Entfärbungsmittel hinzu. Am meisten wird aber grünes oder halbweißes Glas zu Scheiben verarbeitet, deren Dünne die Färbung ja nur sehr schwach zur Geltung kommen läßt. Von Arbeitsmethoden kennt man zwei, von denen die erste das Mondglas, die zweite das Walzenglas liefert; diese letztere hat das Mondglasmachen fast ganz verdrängt.
Die Fabrikation des Mondglases beginnt ähnlich, wie die Her- stellung einer großen Flasche. Die erhaltene dickwandige Kugel wird dann bei horizontal liegender und sich schnell drehender Pfeife in das Arbeitsloch gehalten, so daß nur der Boden erweicht und sich flach in die Breite dehnt. Nach dem Zurückziehen, welches unter stetiger rascher Drehung vor sich geht, heftet ein Gehilfe ein Nabeleisen in die Mitte des erhaltenen flachen Gefäßes, worauf der erste Arbeiter die Pfeife absprengt und die Halsöffnung mittels eines Holzes so viel wie mög- lich erweitert. Nun wird die erhaltene flache Glocke mit der Hals- öffnung dem aus dem Arbeitsloch dringenden Feuer entgegen gehalten und sehr schnell um das Nabeleisen gedreht. Zuerst erweicht der Hals, welcher sich dann, der gewaltigen Schwungkraft folgend, flach umlegt, bis endlich die ganze, nun frei von der Flamme getroffene Fläche sich zu einer vollkommen ebenen 11/2 bis 2 m im Durchmesser haltenden Scheibe erweitert. Dieselbe muß unter fortwährender rascher Drehung seitwärts vom Ofen fortbewegt und in den Kühlofen befördert werden, wo man sie auf ein flaches Bett von heißer Asche legt. Dann wird das Nabeleisen abgesprengt und die Scheibe zum völligen Verkühlen auf die hohe Kante gestellt. Das Mondglas ist glänzend und gleichmäßig dünn und kann schwächer gearbeitet werden, als das Walzenglas. Seine Herstellung erfordert aber sehr geübte Arbeiter; auch ist es ein sehr großer Nachteil, daß es beim Zerschneiden in rechteckige Scheiben sehr viel ganz unbrauchbaren Abfall giebt, während Walzenglas ganz in Scheiben aufgeht. Aus diesem Grunde wird es jetzt nur noch wenig
Die Fabrikation und Verarbeitung des Glaſes.
dasſelbe die anfänglich ſehr hohen Erwartungen, welche man auf das- ſelbe ſetzte, nicht erfüllt. Jedenfalls iſt bisher nicht daran zu denken, es allgemein als Material für Kochgefäße — ſicherlich die wichtigſte Anwendung — benutzt zu ſehen. Am meiſten findet man Lampen- cylinder aus Hartglas verbreitet.
c) Das Fenſterglas.
Dasjenige Glas, welches zur Fabrikation von Fenſterſcheiben dienen ſoll, iſt in ſeiner Zuſammenſetzung dem farbloſen oder ſchwach gefärbten Hohlglaſe ſehr ähnlich. Es unterſcheidet ſich im weſentlichen nur durch verſtärkten Kalkgehalt, welcher erfahrungsmäßig verhindert, daß die Scheiben durch die Witterung zu ſchnell blind werden. Von den Alkalien bevorzugt man das Kali, ſo daß man Soda gewöhnlich von den Sätzen ganz ausſchließt. Nur für die feineren Sorten fügt man auch ein Entfärbungsmittel hinzu. Am meiſten wird aber grünes oder halbweißes Glas zu Scheiben verarbeitet, deren Dünne die Färbung ja nur ſehr ſchwach zur Geltung kommen läßt. Von Arbeitsmethoden kennt man zwei, von denen die erſte das Mondglas, die zweite das Walzenglas liefert; dieſe letztere hat das Mondglasmachen faſt ganz verdrängt.
Die Fabrikation des Mondglaſes beginnt ähnlich, wie die Her- ſtellung einer großen Flaſche. Die erhaltene dickwandige Kugel wird dann bei horizontal liegender und ſich ſchnell drehender Pfeife in das Arbeitsloch gehalten, ſo daß nur der Boden erweicht und ſich flach in die Breite dehnt. Nach dem Zurückziehen, welches unter ſtetiger raſcher Drehung vor ſich geht, heftet ein Gehilfe ein Nabeleiſen in die Mitte des erhaltenen flachen Gefäßes, worauf der erſte Arbeiter die Pfeife abſprengt und die Halsöffnung mittels eines Holzes ſo viel wie mög- lich erweitert. Nun wird die erhaltene flache Glocke mit der Hals- öffnung dem aus dem Arbeitsloch dringenden Feuer entgegen gehalten und ſehr ſchnell um das Nabeleiſen gedreht. Zuerſt erweicht der Hals, welcher ſich dann, der gewaltigen Schwungkraft folgend, flach umlegt, bis endlich die ganze, nun frei von der Flamme getroffene Fläche ſich zu einer vollkommen ebenen 1½ bis 2 m im Durchmeſſer haltenden Scheibe erweitert. Dieſelbe muß unter fortwährender raſcher Drehung ſeitwärts vom Ofen fortbewegt und in den Kühlofen befördert werden, wo man ſie auf ein flaches Bett von heißer Aſche legt. Dann wird das Nabeleiſen abgeſprengt und die Scheibe zum völligen Verkühlen auf die hohe Kante geſtellt. Das Mondglas iſt glänzend und gleichmäßig dünn und kann ſchwächer gearbeitet werden, als das Walzenglas. Seine Herſtellung erfordert aber ſehr geübte Arbeiter; auch iſt es ein ſehr großer Nachteil, daß es beim Zerſchneiden in rechteckige Scheiben ſehr viel ganz unbrauchbaren Abfall giebt, während Walzenglas ganz in Scheiben aufgeht. Aus dieſem Grunde wird es jetzt nur noch wenig
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[858/0876]
Die Fabrikation und Verarbeitung des Glaſes.
dasſelbe die anfänglich ſehr hohen Erwartungen, welche man auf das-
ſelbe ſetzte, nicht erfüllt. Jedenfalls iſt bisher nicht daran zu denken,
es allgemein als Material für Kochgefäße — ſicherlich die wichtigſte
Anwendung — benutzt zu ſehen. Am meiſten findet man Lampen-
cylinder aus Hartglas verbreitet.
c) Das Fenſterglas.
Dasjenige Glas, welches zur Fabrikation von Fenſterſcheiben
dienen ſoll, iſt in ſeiner Zuſammenſetzung dem farbloſen oder ſchwach
gefärbten Hohlglaſe ſehr ähnlich. Es unterſcheidet ſich im weſentlichen
nur durch verſtärkten Kalkgehalt, welcher erfahrungsmäßig verhindert,
daß die Scheiben durch die Witterung zu ſchnell blind werden. Von
den Alkalien bevorzugt man das Kali, ſo daß man Soda gewöhnlich
von den Sätzen ganz ausſchließt. Nur für die feineren Sorten fügt
man auch ein Entfärbungsmittel hinzu. Am meiſten wird aber grünes
oder halbweißes Glas zu Scheiben verarbeitet, deren Dünne die Färbung
ja nur ſehr ſchwach zur Geltung kommen läßt. Von Arbeitsmethoden
kennt man zwei, von denen die erſte das Mondglas, die zweite das
Walzenglas liefert; dieſe letztere hat das Mondglasmachen faſt ganz
verdrängt.
Die Fabrikation des Mondglaſes beginnt ähnlich, wie die Her-
ſtellung einer großen Flaſche. Die erhaltene dickwandige Kugel wird
dann bei horizontal liegender und ſich ſchnell drehender Pfeife in das
Arbeitsloch gehalten, ſo daß nur der Boden erweicht und ſich flach in
die Breite dehnt. Nach dem Zurückziehen, welches unter ſtetiger raſcher
Drehung vor ſich geht, heftet ein Gehilfe ein Nabeleiſen in die Mitte
des erhaltenen flachen Gefäßes, worauf der erſte Arbeiter die Pfeife
abſprengt und die Halsöffnung mittels eines Holzes ſo viel wie mög-
lich erweitert. Nun wird die erhaltene flache Glocke mit der Hals-
öffnung dem aus dem Arbeitsloch dringenden Feuer entgegen gehalten
und ſehr ſchnell um das Nabeleiſen gedreht. Zuerſt erweicht der Hals,
welcher ſich dann, der gewaltigen Schwungkraft folgend, flach umlegt,
bis endlich die ganze, nun frei von der Flamme getroffene Fläche ſich
zu einer vollkommen ebenen 1½ bis 2 m im Durchmeſſer haltenden
Scheibe erweitert. Dieſelbe muß unter fortwährender raſcher Drehung
ſeitwärts vom Ofen fortbewegt und in den Kühlofen befördert werden,
wo man ſie auf ein flaches Bett von heißer Aſche legt. Dann wird das
Nabeleiſen abgeſprengt und die Scheibe zum völligen Verkühlen auf
die hohe Kante geſtellt. Das Mondglas iſt glänzend und gleichmäßig
dünn und kann ſchwächer gearbeitet werden, als das Walzenglas.
Seine Herſtellung erfordert aber ſehr geübte Arbeiter; auch iſt es ein
ſehr großer Nachteil, daß es beim Zerſchneiden in rechteckige Scheiben
ſehr viel ganz unbrauchbaren Abfall giebt, während Walzenglas ganz
in Scheiben aufgeht. Aus dieſem Grunde wird es jetzt nur noch wenig
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 858. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/876>, abgerufen am 26.11.2024.
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