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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Das Fensterglas.
fabriziert; in England, wo das Glas nach dem Gewicht versteuert
wird, hat es sich am längsten gehalten.

Die Herstellung des Walzenglases, aus welchem heute fast alle
Scheiben -- mit Ausnahme der Spiegelscheiben -- gefertigt werden,
beginnt gleichfalls mit dem Blasen einer Kugel, deren Boden aber be-
sonders dick gehalten wird. Durch das "Schränken" wird die Glas-
masse etwas von der Pfeife weggezogen, so daß sie durch eine Hohl-
kehle mit der letzteren zusammenhängt. Nachdem die Kugel noch am
Marbel gerundet ist, wird sie im Arbeitsloch erweicht und aufgeblasen.
Dies geschieht aber so, daß der Arbeiter die Pfeife mit dem Glasballen
senkrecht über seinen Kopf erhebt. Daher wird sich der schwerere Boden
weniger ausdehnen und es entsteht eine abgeplattete, breite und sehr
niedrige Flasche (Fig. 462). Die Pfeife wird nun rasch wieder senkrecht

[Abbildung] Fig. 462.
[Abbildung] Fig. 463.
[Abbildung] Fig. 464.
[Abbildung] Fig. 465.
[Abbildung] Fig. 466.

Anfertigung des Walzenglases.

[Abbildung] Fig. 467.
nach unten gekehrt und unter stetigem Einblasen umgeschwenkt. Hierdurch
senkt sich der Boden allein, so daß ein Gefäß von der in Figur 463
abgebildeten Form entsteht. Durch weiteres Anwärmen, Schwenken
und Blasen erhält man schließlich einen fast walzenartigen Körper, der
sich nur gegen das Ende wenig verjüngt. Dadurch, daß der Arbeiter
nun nur das Ende stark anwärmt und einbläst, sprengt er dasselbe
heraus (Fig. 464), so daß nun ein unten offener Cylinder entsteht,
der durch wiederholtes Anwärmen und Schwenken überall den-
selben Durchmesser erhält (Fig. 465). Nunmehr, nachdem noch etwaige
unregelmäßige Hervorragungen der Öffnung mit einer Schere wegge-
schnitten sind, steckt ein Gehilfe einen hölzernen Stab in die fertige
Walze, welche nun noch an dem geschlossenen Ende geöffnet werden
muß. Zu diesem Zweck dreht man sie einige Male in einem weiten
ringförmig gebogenen glühenden Eisen und läßt auf die erhitzte Kreis-
linie einen Wassertropfen fallen (Fig. 466), welcher die Kappe ablöst.
In genau derselben Weise erzeugt man in dem erhaltenen beiderseits
offenen Glascylinder einen Längssprung. Nun ist die Walze zum
"Strecken" fertig (Fig. 467).

Das Fenſterglas.
fabriziert; in England, wo das Glas nach dem Gewicht verſteuert
wird, hat es ſich am längſten gehalten.

Die Herſtellung des Walzenglaſes, aus welchem heute faſt alle
Scheiben — mit Ausnahme der Spiegelſcheiben — gefertigt werden,
beginnt gleichfalls mit dem Blaſen einer Kugel, deren Boden aber be-
ſonders dick gehalten wird. Durch das „Schränken“ wird die Glas-
maſſe etwas von der Pfeife weggezogen, ſo daß ſie durch eine Hohl-
kehle mit der letzteren zuſammenhängt. Nachdem die Kugel noch am
Marbel gerundet iſt, wird ſie im Arbeitsloch erweicht und aufgeblaſen.
Dies geſchieht aber ſo, daß der Arbeiter die Pfeife mit dem Glasballen
ſenkrecht über ſeinen Kopf erhebt. Daher wird ſich der ſchwerere Boden
weniger ausdehnen und es entſteht eine abgeplattete, breite und ſehr
niedrige Flaſche (Fig. 462). Die Pfeife wird nun raſch wieder ſenkrecht

[Abbildung] Fig. 462.
[Abbildung] Fig. 463.
[Abbildung] Fig. 464.
[Abbildung] Fig. 465.
[Abbildung] Fig. 466.

Anfertigung des Walzenglaſes.

[Abbildung] Fig. 467.
nach unten gekehrt und unter ſtetigem Einblaſen umgeſchwenkt. Hierdurch
ſenkt ſich der Boden allein, ſo daß ein Gefäß von der in Figur 463
abgebildeten Form entſteht. Durch weiteres Anwärmen, Schwenken
und Blaſen erhält man ſchließlich einen faſt walzenartigen Körper, der
ſich nur gegen das Ende wenig verjüngt. Dadurch, daß der Arbeiter
nun nur das Ende ſtark anwärmt und einbläſt, ſprengt er dasſelbe
heraus (Fig. 464), ſo daß nun ein unten offener Cylinder entſteht,
der durch wiederholtes Anwärmen und Schwenken überall den-
ſelben Durchmeſſer erhält (Fig. 465). Nunmehr, nachdem noch etwaige
unregelmäßige Hervorragungen der Öffnung mit einer Schere wegge-
ſchnitten ſind, ſteckt ein Gehilfe einen hölzernen Stab in die fertige
Walze, welche nun noch an dem geſchloſſenen Ende geöffnet werden
muß. Zu dieſem Zweck dreht man ſie einige Male in einem weiten
ringförmig gebogenen glühenden Eiſen und läßt auf die erhitzte Kreis-
linie einen Waſſertropfen fallen (Fig. 466), welcher die Kappe ablöſt.
In genau derſelben Weiſe erzeugt man in dem erhaltenen beiderſeits
offenen Glascylinder einen Längsſprung. Nun iſt die Walze zum
„Strecken“ fertig (Fig. 467).

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[859/0877] Das Fenſterglas. fabriziert; in England, wo das Glas nach dem Gewicht verſteuert wird, hat es ſich am längſten gehalten. Die Herſtellung des Walzenglaſes, aus welchem heute faſt alle Scheiben — mit Ausnahme der Spiegelſcheiben — gefertigt werden, beginnt gleichfalls mit dem Blaſen einer Kugel, deren Boden aber be- ſonders dick gehalten wird. Durch das „Schränken“ wird die Glas- maſſe etwas von der Pfeife weggezogen, ſo daß ſie durch eine Hohl- kehle mit der letzteren zuſammenhängt. Nachdem die Kugel noch am Marbel gerundet iſt, wird ſie im Arbeitsloch erweicht und aufgeblaſen. Dies geſchieht aber ſo, daß der Arbeiter die Pfeife mit dem Glasballen ſenkrecht über ſeinen Kopf erhebt. Daher wird ſich der ſchwerere Boden weniger ausdehnen und es entſteht eine abgeplattete, breite und ſehr niedrige Flaſche (Fig. 462). Die Pfeife wird nun raſch wieder ſenkrecht [Abbildung Fig. 462.] [Abbildung Fig. 463.] [Abbildung Fig. 464.] [Abbildung Fig. 465.] [Abbildung Fig. 466. Anfertigung des Walzenglaſes.] [Abbildung Fig. 467.] nach unten gekehrt und unter ſtetigem Einblaſen umgeſchwenkt. Hierdurch ſenkt ſich der Boden allein, ſo daß ein Gefäß von der in Figur 463 abgebildeten Form entſteht. Durch weiteres Anwärmen, Schwenken und Blaſen erhält man ſchließlich einen faſt walzenartigen Körper, der ſich nur gegen das Ende wenig verjüngt. Dadurch, daß der Arbeiter nun nur das Ende ſtark anwärmt und einbläſt, ſprengt er dasſelbe heraus (Fig. 464), ſo daß nun ein unten offener Cylinder entſteht, der durch wiederholtes Anwärmen und Schwenken überall den- ſelben Durchmeſſer erhält (Fig. 465). Nunmehr, nachdem noch etwaige unregelmäßige Hervorragungen der Öffnung mit einer Schere wegge- ſchnitten ſind, ſteckt ein Gehilfe einen hölzernen Stab in die fertige Walze, welche nun noch an dem geſchloſſenen Ende geöffnet werden muß. Zu dieſem Zweck dreht man ſie einige Male in einem weiten ringförmig gebogenen glühenden Eiſen und läßt auf die erhitzte Kreis- linie einen Waſſertropfen fallen (Fig. 466), welcher die Kappe ablöſt. In genau derſelben Weiſe erzeugt man in dem erhaltenen beiderſeits offenen Glascylinder einen Längsſprung. Nun iſt die Walze zum „Strecken“ fertig (Fig. 467).

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 859. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/877>, abgerufen am 26.11.2024.