glatt und verteilt mittels einer Bürste Quecksilber über die ganze Fläche. Ist ganz gleichförmige Benetzung eingetreten, so gießt man noch Queck- silber nach und streicht mit dem Lineal über die Fläche, welche nun spiegelblank erscheinen muß. Dann schiebt man die sorgfältig gereinigte Platte von der Seite her, mit der Längskante voran, auf die Belegung. Der Spiegel wird nun, um den erheblichen Überschuß an Quecksilber zu beseitigen, vorsichtig mit Gewichten beschwert und der Belegetisch schwach geneigt. So fließt das meiste Quecksilber ab. Zuletzt wird der Spiegel auf die hohe Kante gestellt, um die letzten Metallreste zu entfernen. Das Belegen eines großen Spiegels ist eine sehr schwierige und zeitraubende Arbeit, die Wochen in Anspruch nehmen kann.
Statt die Spiegeltafeln zu walzen, hat man auch die Walze durch eine zweite Metallplatte ersetzt, welche den halbflüssigen Guß niederpreßt; der Vorteil, den diese Methode mit sich bringt, liegt darin, daß auch die obere Fläche glätter ausfällt, was einen geringeren Massenverlust und eine kürzere Arbeitszeit beim Schleifen bedingt. Indessen ist dies Verfahren bei größeren Spiegeln nicht leicht ausführbar und wird daher nur bei kleineren angewendet.
e) Das Krystallglas.
Da die englischen Glasmacher von alters her auf die Steinkohle als Brennmaterial für ihre Öfen angewiesen waren, so mußten sie, um ihre Glasflüsse gegen die blakende Flamme zu schützen, ihre Häfen bedecken; da aber hierdurch ein erheblicher Wärmeverlust hervorgerufen wurde, so versuchten sie das Glas durch alle nur möglichen Zusätze leichtflüssiger zu machen. Bei dieser Gelegenheit, also zufällig, wurden die hervorragenden optischen Eigenschaften der bleihaltigen Gläser ent- deckt. Seitdem fabriziert man überall bleihaltige Gläser gerade ihres starken Lichtbrechungsvermögens halber. Beträgt der Gehalt an Blei- oxyd etwa ein Drittel des ganzen Satzes, so erhält man das zu den feinen Schleifwaren benutzte, heute aber auch häufig durch das gute böhmische Glas ersetzte Krystallglas.
Der Satz des Krystallglases besteht, neben Kieselerde und Mennige (oder Bleioxyd), nur noch aus gereinigter Pottasche. Die Kieselerde muß völlig frei von Eisen sein; als Entfärbungsmittel dient nicht Braunstein, sondern Salpeter. In gleicher Weise zieht man die Mennige, wegen ihres durch den Sauerstoffgehalt bedingten Entfärbungsvermögens, dem Bleioxyd vor. Die Schmelzung und die Läuterung erfolgen ent- weder in demselben Hafen, oder, falls die Kosten nicht ins Gewicht fallen, in Hafen und Wanne, wie bei der Fabrikation des Spiegel- glases. Der Fluß muß vor dem Rauch der Feuerung sorgfältig be- wahrt werden; ebenso muß man ihn vor der Berührung mit eisen- haltigen Stoffen hüten, da diese eine Braunfärbung veranlassen. Die Verarbeitung des Krystallglases geschieht selten durch Blasen allein;
Die Fabrikation und Verarbeitung des Glaſes.
glatt und verteilt mittels einer Bürſte Queckſilber über die ganze Fläche. Iſt ganz gleichförmige Benetzung eingetreten, ſo gießt man noch Queck- ſilber nach und ſtreicht mit dem Lineal über die Fläche, welche nun ſpiegelblank erſcheinen muß. Dann ſchiebt man die ſorgfältig gereinigte Platte von der Seite her, mit der Längskante voran, auf die Belegung. Der Spiegel wird nun, um den erheblichen Überſchuß an Queckſilber zu beſeitigen, vorſichtig mit Gewichten beſchwert und der Belegetiſch ſchwach geneigt. So fließt das meiſte Queckſilber ab. Zuletzt wird der Spiegel auf die hohe Kante geſtellt, um die letzten Metallreſte zu entfernen. Das Belegen eines großen Spiegels iſt eine ſehr ſchwierige und zeitraubende Arbeit, die Wochen in Anſpruch nehmen kann.
Statt die Spiegeltafeln zu walzen, hat man auch die Walze durch eine zweite Metallplatte erſetzt, welche den halbflüſſigen Guß niederpreßt; der Vorteil, den dieſe Methode mit ſich bringt, liegt darin, daß auch die obere Fläche glätter ausfällt, was einen geringeren Maſſenverluſt und eine kürzere Arbeitszeit beim Schleifen bedingt. Indeſſen iſt dies Verfahren bei größeren Spiegeln nicht leicht ausführbar und wird daher nur bei kleineren angewendet.
e) Das Kryſtallglas.
Da die engliſchen Glasmacher von alters her auf die Steinkohle als Brennmaterial für ihre Öfen angewieſen waren, ſo mußten ſie, um ihre Glasflüſſe gegen die blakende Flamme zu ſchützen, ihre Häfen bedecken; da aber hierdurch ein erheblicher Wärmeverluſt hervorgerufen wurde, ſo verſuchten ſie das Glas durch alle nur möglichen Zuſätze leichtflüſſiger zu machen. Bei dieſer Gelegenheit, alſo zufällig, wurden die hervorragenden optiſchen Eigenſchaften der bleihaltigen Gläſer ent- deckt. Seitdem fabriziert man überall bleihaltige Gläſer gerade ihres ſtarken Lichtbrechungsvermögens halber. Beträgt der Gehalt an Blei- oxyd etwa ein Drittel des ganzen Satzes, ſo erhält man das zu den feinen Schleifwaren benutzte, heute aber auch häufig durch das gute böhmiſche Glas erſetzte Kryſtallglas.
Der Satz des Kryſtallglaſes beſteht, neben Kieſelerde und Mennige (oder Bleioxyd), nur noch aus gereinigter Pottaſche. Die Kieſelerde muß völlig frei von Eiſen ſein; als Entfärbungsmittel dient nicht Braunſtein, ſondern Salpeter. In gleicher Weiſe zieht man die Mennige, wegen ihres durch den Sauerſtoffgehalt bedingten Entfärbungsvermögens, dem Bleioxyd vor. Die Schmelzung und die Läuterung erfolgen ent- weder in demſelben Hafen, oder, falls die Koſten nicht ins Gewicht fallen, in Hafen und Wanne, wie bei der Fabrikation des Spiegel- glaſes. Der Fluß muß vor dem Rauch der Feuerung ſorgfältig be- wahrt werden; ebenſo muß man ihn vor der Berührung mit eiſen- haltigen Stoffen hüten, da dieſe eine Braunfärbung veranlaſſen. Die Verarbeitung des Kryſtallglaſes geſchieht ſelten durch Blaſen allein;
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[864/0882]
Die Fabrikation und Verarbeitung des Glaſes.
glatt und verteilt mittels einer Bürſte Queckſilber über die ganze Fläche.
Iſt ganz gleichförmige Benetzung eingetreten, ſo gießt man noch Queck-
ſilber nach und ſtreicht mit dem Lineal über die Fläche, welche nun
ſpiegelblank erſcheinen muß. Dann ſchiebt man die ſorgfältig gereinigte
Platte von der Seite her, mit der Längskante voran, auf die Belegung.
Der Spiegel wird nun, um den erheblichen Überſchuß an Queckſilber
zu beſeitigen, vorſichtig mit Gewichten beſchwert und der Belegetiſch
ſchwach geneigt. So fließt das meiſte Queckſilber ab. Zuletzt wird
der Spiegel auf die hohe Kante geſtellt, um die letzten Metallreſte zu
entfernen. Das Belegen eines großen Spiegels iſt eine ſehr ſchwierige
und zeitraubende Arbeit, die Wochen in Anſpruch nehmen kann.
Statt die Spiegeltafeln zu walzen, hat man auch die Walze durch
eine zweite Metallplatte erſetzt, welche den halbflüſſigen Guß niederpreßt;
der Vorteil, den dieſe Methode mit ſich bringt, liegt darin, daß auch
die obere Fläche glätter ausfällt, was einen geringeren Maſſenverluſt
und eine kürzere Arbeitszeit beim Schleifen bedingt. Indeſſen iſt dies
Verfahren bei größeren Spiegeln nicht leicht ausführbar und wird daher
nur bei kleineren angewendet.
e) Das Kryſtallglas.
Da die engliſchen Glasmacher von alters her auf die Steinkohle
als Brennmaterial für ihre Öfen angewieſen waren, ſo mußten ſie, um
ihre Glasflüſſe gegen die blakende Flamme zu ſchützen, ihre Häfen
bedecken; da aber hierdurch ein erheblicher Wärmeverluſt hervorgerufen
wurde, ſo verſuchten ſie das Glas durch alle nur möglichen Zuſätze
leichtflüſſiger zu machen. Bei dieſer Gelegenheit, alſo zufällig, wurden
die hervorragenden optiſchen Eigenſchaften der bleihaltigen Gläſer ent-
deckt. Seitdem fabriziert man überall bleihaltige Gläſer gerade ihres
ſtarken Lichtbrechungsvermögens halber. Beträgt der Gehalt an Blei-
oxyd etwa ein Drittel des ganzen Satzes, ſo erhält man das zu den
feinen Schleifwaren benutzte, heute aber auch häufig durch das gute
böhmiſche Glas erſetzte Kryſtallglas.
Der Satz des Kryſtallglaſes beſteht, neben Kieſelerde und Mennige
(oder Bleioxyd), nur noch aus gereinigter Pottaſche. Die Kieſelerde
muß völlig frei von Eiſen ſein; als Entfärbungsmittel dient nicht
Braunſtein, ſondern Salpeter. In gleicher Weiſe zieht man die Mennige,
wegen ihres durch den Sauerſtoffgehalt bedingten Entfärbungsvermögens,
dem Bleioxyd vor. Die Schmelzung und die Läuterung erfolgen ent-
weder in demſelben Hafen, oder, falls die Koſten nicht ins Gewicht
fallen, in Hafen und Wanne, wie bei der Fabrikation des Spiegel-
glaſes. Der Fluß muß vor dem Rauch der Feuerung ſorgfältig be-
wahrt werden; ebenſo muß man ihn vor der Berührung mit eiſen-
haltigen Stoffen hüten, da dieſe eine Braunfärbung veranlaſſen. Die
Verarbeitung des Kryſtallglaſes geſchieht ſelten durch Blaſen allein;
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 864. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/882>, abgerufen am 26.11.2024.
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