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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Thonwarenfabrikation im allgemeinen.
Blech Gebrauch, welche den Umriß des zu formenden Gegenstandes
angeben und gegen die sich drehende Thonmasse gehalten werden.
Ist die Formgebung vollbracht, so kann man den Körper durch einen
dünnen Draht von der Unterlage abschneiden und zum Trocknen
bringen.

Sahen wir, daß die Bildsamkeit des Thons der Grund ist, warum
man ihn zu den mannigfachsten Dingen verarbeiten kann, so muß noch
eins hinzukommen, um die Brauchbarkeit der geformten Gegenstände
zu garantieren. Das ist die Festigkeit. Wir wissen zwar, daß keines
unserer irdenen Geschirre unzerbrechlich ist, aber sie besitzen doch den
hinreichenden Grad von Widerstandskraft, der ihnen lange Lebensdauer
sichert. Woher schreibt sich diese Eigenschaft? Der rote Thon ist seiner
chemischen Beschaffenheit nach aus der kieselsauren Thonerde zusammen-
gesetzt samt größeren oder geringeren Mengen von anderen Salzen
der Kieselsäure, von Sand und anderen Gesteinsresten. Wie der
Hauptbestandteil sich der Formung gefügig zeigt, so ist er es, der durch
sein Bindevermögen die anderen Körperchen in sich aufnimmt und
schließlich bei hoher Temperatur, das ihm beigemengte Wasser auf-
gebend, zusammensintert. Mit diesem Ausdruck bezeichnet man die
folgende Erscheinung. Ein Teil der den Thon zusammensetzenden
Materialien schmilzt beim Brennen, ein anderer, weit überwiegender
Teil bleibt in festem Zustande, die ersteren aber verkitten diese zu einer
beim Erstarren große Festigkeit gewinnenden Masse. Jene Bei-
mengungen aber dienen als Flußmittel, d. h. sie bewirken, daß der
Thon beim Brande an seiner Oberfläche ganz schmelzen, also sich mit
einer harten Schutzhülle, der Glasur, umgeben kann, die ihm zugleich
Schönheit verleiht. So unterscheidet sich der Thon vom Glase dadurch,
daß dieses sich aus einer gleichmäßigen Schmelze bildet, während im
sinternden Thon die ungeschmolzenen Körperchen überwiegen. Daher
schreiben sich die Vorzüge der Thonwaren gegenüber dem spröden
Glase. Es vermag eine ungleichmäßige Erwärmung leicht zu ertragen,
die das Glas zum Springen bringen würde. Die Sprödigkeit der
Thonprodukte richtet sich sogar ganz genau nach der Menge der Teilchen,
welche beim Brande ungeschmolzen geblieben sind. Ist diese sehr groß,
so sind dieselben nicht hinreichend mit einander verkittet, und die Masse
wird beim Anstoßen leicht zerbrechen, wie auch beim unvorsichtigen
Erhitzen zerspringen, ebensowenig aber vertragen die Thonwaren, welche
beim Brande fast völlig durchgeschmolzen sind und die darum fast
durchsichtig erscheinen, die ungleichmäßige Erwärmung. Am besten
sind in dieser Beziehung die Produkte daran, bei welchen das Ver-
hältnis in der Mitte steht.

Hieraus ergiebt sich eine große Verschiedenheit der Thonwaren so-
wohl nach dieser Eigenschaft -- der Beschaffenheit des "Scherbens" --,
dann nach der Natur des verwendeten Thons, der natürlich, je un-
reiner er gebraucht wird, eine desto geringere Sorgsamkeit beim Brennen

Die Thonwarenfabrikation im allgemeinen.
Blech Gebrauch, welche den Umriß des zu formenden Gegenſtandes
angeben und gegen die ſich drehende Thonmaſſe gehalten werden.
Iſt die Formgebung vollbracht, ſo kann man den Körper durch einen
dünnen Draht von der Unterlage abſchneiden und zum Trocknen
bringen.

Sahen wir, daß die Bildſamkeit des Thons der Grund iſt, warum
man ihn zu den mannigfachſten Dingen verarbeiten kann, ſo muß noch
eins hinzukommen, um die Brauchbarkeit der geformten Gegenſtände
zu garantieren. Das iſt die Feſtigkeit. Wir wiſſen zwar, daß keines
unſerer irdenen Geſchirre unzerbrechlich iſt, aber ſie beſitzen doch den
hinreichenden Grad von Widerſtandskraft, der ihnen lange Lebensdauer
ſichert. Woher ſchreibt ſich dieſe Eigenſchaft? Der rote Thon iſt ſeiner
chemiſchen Beſchaffenheit nach aus der kieſelſauren Thonerde zuſammen-
geſetzt ſamt größeren oder geringeren Mengen von anderen Salzen
der Kieſelſäure, von Sand und anderen Geſteinsreſten. Wie der
Hauptbeſtandteil ſich der Formung gefügig zeigt, ſo iſt er es, der durch
ſein Bindevermögen die anderen Körperchen in ſich aufnimmt und
ſchließlich bei hoher Temperatur, das ihm beigemengte Waſſer auf-
gebend, zuſammenſintert. Mit dieſem Ausdruck bezeichnet man die
folgende Erſcheinung. Ein Teil der den Thon zuſammenſetzenden
Materialien ſchmilzt beim Brennen, ein anderer, weit überwiegender
Teil bleibt in feſtem Zuſtande, die erſteren aber verkitten dieſe zu einer
beim Erſtarren große Feſtigkeit gewinnenden Maſſe. Jene Bei-
mengungen aber dienen als Flußmittel, d. h. ſie bewirken, daß der
Thon beim Brande an ſeiner Oberfläche ganz ſchmelzen, alſo ſich mit
einer harten Schutzhülle, der Glaſur, umgeben kann, die ihm zugleich
Schönheit verleiht. So unterſcheidet ſich der Thon vom Glaſe dadurch,
daß dieſes ſich aus einer gleichmäßigen Schmelze bildet, während im
ſinternden Thon die ungeſchmolzenen Körperchen überwiegen. Daher
ſchreiben ſich die Vorzüge der Thonwaren gegenüber dem ſpröden
Glaſe. Es vermag eine ungleichmäßige Erwärmung leicht zu ertragen,
die das Glas zum Springen bringen würde. Die Sprödigkeit der
Thonprodukte richtet ſich ſogar ganz genau nach der Menge der Teilchen,
welche beim Brande ungeſchmolzen geblieben ſind. Iſt dieſe ſehr groß,
ſo ſind dieſelben nicht hinreichend mit einander verkittet, und die Maſſe
wird beim Anſtoßen leicht zerbrechen, wie auch beim unvorſichtigen
Erhitzen zerſpringen, ebenſowenig aber vertragen die Thonwaren, welche
beim Brande faſt völlig durchgeſchmolzen ſind und die darum faſt
durchſichtig erſcheinen, die ungleichmäßige Erwärmung. Am beſten
ſind in dieſer Beziehung die Produkte daran, bei welchen das Ver-
hältnis in der Mitte ſteht.

Hieraus ergiebt ſich eine große Verſchiedenheit der Thonwaren ſo-
wohl nach dieſer Eigenſchaft — der Beſchaffenheit des „Scherbens“ —,
dann nach der Natur des verwendeten Thons, der natürlich, je un-
reiner er gebraucht wird, eine deſto geringere Sorgſamkeit beim Brennen

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[873/0891] Die Thonwarenfabrikation im allgemeinen. Blech Gebrauch, welche den Umriß des zu formenden Gegenſtandes angeben und gegen die ſich drehende Thonmaſſe gehalten werden. Iſt die Formgebung vollbracht, ſo kann man den Körper durch einen dünnen Draht von der Unterlage abſchneiden und zum Trocknen bringen. Sahen wir, daß die Bildſamkeit des Thons der Grund iſt, warum man ihn zu den mannigfachſten Dingen verarbeiten kann, ſo muß noch eins hinzukommen, um die Brauchbarkeit der geformten Gegenſtände zu garantieren. Das iſt die Feſtigkeit. Wir wiſſen zwar, daß keines unſerer irdenen Geſchirre unzerbrechlich iſt, aber ſie beſitzen doch den hinreichenden Grad von Widerſtandskraft, der ihnen lange Lebensdauer ſichert. Woher ſchreibt ſich dieſe Eigenſchaft? Der rote Thon iſt ſeiner chemiſchen Beſchaffenheit nach aus der kieſelſauren Thonerde zuſammen- geſetzt ſamt größeren oder geringeren Mengen von anderen Salzen der Kieſelſäure, von Sand und anderen Geſteinsreſten. Wie der Hauptbeſtandteil ſich der Formung gefügig zeigt, ſo iſt er es, der durch ſein Bindevermögen die anderen Körperchen in ſich aufnimmt und ſchließlich bei hoher Temperatur, das ihm beigemengte Waſſer auf- gebend, zuſammenſintert. Mit dieſem Ausdruck bezeichnet man die folgende Erſcheinung. Ein Teil der den Thon zuſammenſetzenden Materialien ſchmilzt beim Brennen, ein anderer, weit überwiegender Teil bleibt in feſtem Zuſtande, die erſteren aber verkitten dieſe zu einer beim Erſtarren große Feſtigkeit gewinnenden Maſſe. Jene Bei- mengungen aber dienen als Flußmittel, d. h. ſie bewirken, daß der Thon beim Brande an ſeiner Oberfläche ganz ſchmelzen, alſo ſich mit einer harten Schutzhülle, der Glaſur, umgeben kann, die ihm zugleich Schönheit verleiht. So unterſcheidet ſich der Thon vom Glaſe dadurch, daß dieſes ſich aus einer gleichmäßigen Schmelze bildet, während im ſinternden Thon die ungeſchmolzenen Körperchen überwiegen. Daher ſchreiben ſich die Vorzüge der Thonwaren gegenüber dem ſpröden Glaſe. Es vermag eine ungleichmäßige Erwärmung leicht zu ertragen, die das Glas zum Springen bringen würde. Die Sprödigkeit der Thonprodukte richtet ſich ſogar ganz genau nach der Menge der Teilchen, welche beim Brande ungeſchmolzen geblieben ſind. Iſt dieſe ſehr groß, ſo ſind dieſelben nicht hinreichend mit einander verkittet, und die Maſſe wird beim Anſtoßen leicht zerbrechen, wie auch beim unvorſichtigen Erhitzen zerſpringen, ebenſowenig aber vertragen die Thonwaren, welche beim Brande faſt völlig durchgeſchmolzen ſind und die darum faſt durchſichtig erſcheinen, die ungleichmäßige Erwärmung. Am beſten ſind in dieſer Beziehung die Produkte daran, bei welchen das Ver- hältnis in der Mitte ſteht. Hieraus ergiebt ſich eine große Verſchiedenheit der Thonwaren ſo- wohl nach dieſer Eigenſchaft — der Beſchaffenheit des „Scherbens“ —, dann nach der Natur des verwendeten Thons, der natürlich, je un- reiner er gebraucht wird, eine deſto geringere Sorgſamkeit beim Brennen

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 873. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/891>, abgerufen am 25.11.2024.