erfordert; schließlich auch nach dem Vorhandensein oder Fehlen einer Glasur. Enthält der Scherben viele geschmolzene Teilchen, so wird er dem Glase auch darin nahe kommen, daß er ein geschlossenes, für Flüssigkeiten durchaus unpassierbares Ganze bildet, das also an die Zunge gelegt, dort nicht festkleben wird. Wenn solche Waren angestoßen werden, so klingen sie. Von dieser Art sind das echte und das weiche Porzellan, sowie das Steinzeug. Die andern, welche nur wenig ge- schmolzene Teile enthalten, werden dagegen porös erscheinen und, soweit sie nicht glasiert sind, Flüssigkeiten in sich eintreten lassen, also auch an der Zunge festhaften; sie haben auch nicht den Klang jener. So sind die Fayence, das Steingut, das gewöhnliche Töpfergeschirr und die Backsteine beschaffen, welche letzteren wir bereits als Baumaterialien behandelt haben. Wir werden dieselben der Reihe nach durchgehen. Zuvor aber wollen wir in Kürze den Gang angeben, den man bei der Fabrikation der einzelnen einzuschlagen haben wird.
Zuerst wird man den Thon, je feinere Waren man erzeugen will, desto sorgfältiger von den ihm anhaftenden Verunreinigungen befreien müssen. Man wird ihn dazu zerkleinern und schlämmen, wie das auch schon bei dem minderwertigen Thon für die Backsteine nötig war. Man bedient sich dazu großer über einander angelegter Bottiche. In dem obersten wird das zerkleinerte Material mit Wasser gemengt, die Milch, in welcher die feineren Teile schwebend bleiben, läßt man in den folgenden Bottich eintreten u. s. f., bis man nach dem Setzen in den verschiedenen Bassins Material von immer größerer Feinheit hat, welches nun je nach Bedürfnis in verschiedenem Verhältnis unter einander gemischt weiter verwendet wird. Die Bildsamkeit zu erhöhen, läßt man den Thon im allgemeinen erst faulen, d. h. man durchtränkt ihn mit einer sich leicht zersetzenden Flüssigkeit, etwa mit Jauche, und läßt ihn an einem kühlen, feuchten Orte liegen. Dabei färbt er sich unter Gasentwicke- lung erst dunkel und dann wieder hell und erlangt größere Bildsamkeit und Gleichförmigkeit. Soll das Endprodukt einen geschlossenen Scherben besitzen, so wird man dafür sorgen müssen, daß es leicht schmelze, und wird als Flußmittel der Thonmasse Feldspat, Kalk, Gips, auch Knochen- asche zusetzen. Dieses Durchkneten geschieht jetzt fast überall in be- sonderen Maschinen. Sonst genügt es, den Thon allein mit Wasser zu verkneten und weiter zu verarbeiten. Er kommt jetzt auf die Dreh- scheibe, soweit er nicht durch Eindrücken in besondere Gipsformen oder durch Pressen in Messing- und Eisenformen oder schließlich durch Aus- gießen der zähflüssigen Masse in Gipsformen, die ihm durch ihre Porosität das Wasser entziehen, seine Gestalt erhält. Nur die feinsten Verzierungen, wie die Blumen aus Porzellan, werden aus freier Hand mit Zuhilfenahme des Griffels geformt. Sodann wird der geformte Körper an der Luft getrocknet und schließlich im Ofen gebrannt, um den für jede Thonware eigentümlichen Scherben zu bilden. In den meisten Fällen wird er dabei auch mit der Glasur versehen, die man,
Die Thonwaren.
erfordert; ſchließlich auch nach dem Vorhandenſein oder Fehlen einer Glaſur. Enthält der Scherben viele geſchmolzene Teilchen, ſo wird er dem Glaſe auch darin nahe kommen, daß er ein geſchloſſenes, für Flüſſigkeiten durchaus unpaſſierbares Ganze bildet, das alſo an die Zunge gelegt, dort nicht feſtkleben wird. Wenn ſolche Waren angeſtoßen werden, ſo klingen ſie. Von dieſer Art ſind das echte und das weiche Porzellan, ſowie das Steinzeug. Die andern, welche nur wenig ge- ſchmolzene Teile enthalten, werden dagegen porös erſcheinen und, ſoweit ſie nicht glaſiert ſind, Flüſſigkeiten in ſich eintreten laſſen, alſo auch an der Zunge feſthaften; ſie haben auch nicht den Klang jener. So ſind die Fayence, das Steingut, das gewöhnliche Töpfergeſchirr und die Backſteine beſchaffen, welche letzteren wir bereits als Baumaterialien behandelt haben. Wir werden dieſelben der Reihe nach durchgehen. Zuvor aber wollen wir in Kürze den Gang angeben, den man bei der Fabrikation der einzelnen einzuſchlagen haben wird.
Zuerſt wird man den Thon, je feinere Waren man erzeugen will, deſto ſorgfältiger von den ihm anhaftenden Verunreinigungen befreien müſſen. Man wird ihn dazu zerkleinern und ſchlämmen, wie das auch ſchon bei dem minderwertigen Thon für die Backſteine nötig war. Man bedient ſich dazu großer über einander angelegter Bottiche. In dem oberſten wird das zerkleinerte Material mit Waſſer gemengt, die Milch, in welcher die feineren Teile ſchwebend bleiben, läßt man in den folgenden Bottich eintreten u. ſ. f., bis man nach dem Setzen in den verſchiedenen Baſſins Material von immer größerer Feinheit hat, welches nun je nach Bedürfnis in verſchiedenem Verhältnis unter einander gemiſcht weiter verwendet wird. Die Bildſamkeit zu erhöhen, läßt man den Thon im allgemeinen erſt faulen, d. h. man durchtränkt ihn mit einer ſich leicht zerſetzenden Flüſſigkeit, etwa mit Jauche, und läßt ihn an einem kühlen, feuchten Orte liegen. Dabei färbt er ſich unter Gasentwicke- lung erſt dunkel und dann wieder hell und erlangt größere Bildſamkeit und Gleichförmigkeit. Soll das Endprodukt einen geſchloſſenen Scherben beſitzen, ſo wird man dafür ſorgen müſſen, daß es leicht ſchmelze, und wird als Flußmittel der Thonmaſſe Feldſpat, Kalk, Gips, auch Knochen- aſche zuſetzen. Dieſes Durchkneten geſchieht jetzt faſt überall in be- ſonderen Maſchinen. Sonſt genügt es, den Thon allein mit Waſſer zu verkneten und weiter zu verarbeiten. Er kommt jetzt auf die Dreh- ſcheibe, ſoweit er nicht durch Eindrücken in beſondere Gipsformen oder durch Preſſen in Meſſing- und Eiſenformen oder ſchließlich durch Aus- gießen der zähflüſſigen Maſſe in Gipsformen, die ihm durch ihre Poroſität das Waſſer entziehen, ſeine Geſtalt erhält. Nur die feinſten Verzierungen, wie die Blumen aus Porzellan, werden aus freier Hand mit Zuhilfenahme des Griffels geformt. Sodann wird der geformte Körper an der Luft getrocknet und ſchließlich im Ofen gebrannt, um den für jede Thonware eigentümlichen Scherben zu bilden. In den meiſten Fällen wird er dabei auch mit der Glaſur verſehen, die man,
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[874/0892]
Die Thonwaren.
erfordert; ſchließlich auch nach dem Vorhandenſein oder Fehlen einer
Glaſur. Enthält der Scherben viele geſchmolzene Teilchen, ſo wird er
dem Glaſe auch darin nahe kommen, daß er ein geſchloſſenes, für
Flüſſigkeiten durchaus unpaſſierbares Ganze bildet, das alſo an die Zunge
gelegt, dort nicht feſtkleben wird. Wenn ſolche Waren angeſtoßen
werden, ſo klingen ſie. Von dieſer Art ſind das echte und das weiche
Porzellan, ſowie das Steinzeug. Die andern, welche nur wenig ge-
ſchmolzene Teile enthalten, werden dagegen porös erſcheinen und, ſoweit
ſie nicht glaſiert ſind, Flüſſigkeiten in ſich eintreten laſſen, alſo auch an
der Zunge feſthaften; ſie haben auch nicht den Klang jener. So ſind
die Fayence, das Steingut, das gewöhnliche Töpfergeſchirr und die
Backſteine beſchaffen, welche letzteren wir bereits als Baumaterialien
behandelt haben. Wir werden dieſelben der Reihe nach durchgehen.
Zuvor aber wollen wir in Kürze den Gang angeben, den man bei der
Fabrikation der einzelnen einzuſchlagen haben wird.
Zuerſt wird man den Thon, je feinere Waren man erzeugen will,
deſto ſorgfältiger von den ihm anhaftenden Verunreinigungen befreien
müſſen. Man wird ihn dazu zerkleinern und ſchlämmen, wie das auch
ſchon bei dem minderwertigen Thon für die Backſteine nötig war. Man
bedient ſich dazu großer über einander angelegter Bottiche. In dem
oberſten wird das zerkleinerte Material mit Waſſer gemengt, die Milch, in
welcher die feineren Teile ſchwebend bleiben, läßt man in den folgenden
Bottich eintreten u. ſ. f., bis man nach dem Setzen in den verſchiedenen
Baſſins Material von immer größerer Feinheit hat, welches nun je nach
Bedürfnis in verſchiedenem Verhältnis unter einander gemiſcht weiter
verwendet wird. Die Bildſamkeit zu erhöhen, läßt man den Thon
im allgemeinen erſt faulen, d. h. man durchtränkt ihn mit einer ſich
leicht zerſetzenden Flüſſigkeit, etwa mit Jauche, und läßt ihn an einem
kühlen, feuchten Orte liegen. Dabei färbt er ſich unter Gasentwicke-
lung erſt dunkel und dann wieder hell und erlangt größere Bildſamkeit
und Gleichförmigkeit. Soll das Endprodukt einen geſchloſſenen Scherben
beſitzen, ſo wird man dafür ſorgen müſſen, daß es leicht ſchmelze, und
wird als Flußmittel der Thonmaſſe Feldſpat, Kalk, Gips, auch Knochen-
aſche zuſetzen. Dieſes Durchkneten geſchieht jetzt faſt überall in be-
ſonderen Maſchinen. Sonſt genügt es, den Thon allein mit Waſſer
zu verkneten und weiter zu verarbeiten. Er kommt jetzt auf die Dreh-
ſcheibe, ſoweit er nicht durch Eindrücken in beſondere Gipsformen oder
durch Preſſen in Meſſing- und Eiſenformen oder ſchließlich durch Aus-
gießen der zähflüſſigen Maſſe in Gipsformen, die ihm durch ihre
Poroſität das Waſſer entziehen, ſeine Geſtalt erhält. Nur die feinſten
Verzierungen, wie die Blumen aus Porzellan, werden aus freier Hand
mit Zuhilfenahme des Griffels geformt. Sodann wird der geformte
Körper an der Luft getrocknet und ſchließlich im Ofen gebrannt, um
den für jede Thonware eigentümlichen Scherben zu bilden. In den
meiſten Fällen wird er dabei auch mit der Glaſur verſehen, die man,
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 874. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/892>, abgerufen am 25.11.2024.
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