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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Buchdruckerkunst.
den großen Unterschied und den gewaltigen Fortschritt der Erfindung
der Buchdruckerkunst gegenüber der der Holzschneidekunst, die im Abend-
lande selbständig etwa im 14. Jahrhundert erfunden zu sein scheint.
Diese, wie die wahrscheinlich noch ältere Kunst des Metallschnitts
wurde zunächst zum Bilderdruck verwandt. Spielkarten einerseits, Heiligen-
bilder andererseits waren es, deren Anfertigung im 14. und 15. Jahr-
hundert durch Holz- oder Metallschnitt von den sogenannten Briefmalern
oder Briefdruckern geübt wurde. Hin und wieder setzte man unter ein
Andachtsbild auch wohl den Namen des Heiligen oder ein frommes
Sprüchlein; allmählich ging man auch weiter und druckte auf diese
Weise ganze Büchelchen, Lese- oder Spruchbücher und Auszüge aus
einer Sammlung grammatikalischer Schriften des berühmten römischen
Gelehrten Älius Donatus, der im 4. Jahrhundert n. Chr. gelebt
hatte, die sogenannten Donaten. Das berühmteste derartige Werk, das
von großen Holzschnitttafeln abgedruckt ist, ist die "Armenbibel", die
bildliche Darstellungen aus dem alten und neuen Testament enthält.

Die wahre Buchdruckerkunst, die Typographie, wurde aber erst von
dem Mainzer Bürger Henne Gensfleisch zum Gudenberg, genannt
Johann Gutenberg, erfunden und von ihm und seinen Mitarbeitern
Johann Fust und Peter Schöffer gleich zu einer Vollendung gebracht,
an der die nächsten drei Jahrhunderte kaum etwas zu verbessern hatten.
Über Gutenbergs Jugend ist nur wenig bekannt. Als sein wahr-
scheinlichstes Geburtsjahr läßt sich das Jahr 1397 bezeichnen. Im
Jahre 1421 zwang ihn ein Aufstand gegen den Adel, Mainz zu ver-
lassen. Erst 1435 finden wir ihn in Straßburg wieder, vielbeschäftigt
mit mancherlei mechanischen Künsten, Edelsteinschleifen, Spiegelbelegen
und manchen geheimen Künsten, wozu wohl vor allem die Versuche ge-
hörten, die Buchdruckerkunst zu erfinden. Wenigstens ergiebt sich aus
Prozeßakten des Jahres 1438, daß ihm die Brüder eines Mitarbeiters
oder Schülers, namens Dritzehn, den Besitz einer Presse und einer Anzahl
Bleiformen streitig machten, die bei dem Tode Dritzehns in dessen
Hause sich befanden, aber von Gutenberg reklamiert wurden. Guten-
berg bekam Recht, ließ aber Presse und Formen auseinandernehmen,
damit nicht ein anderer in das Geheimnis dringen sollte.

Im Jahre 1445 kehrte er ohne alle Mittel nach Mainz zurück, behielt
aber seine Erfindung stets im Auge und verband sich 5 Jahre später mit
dem wohlhabenden und unternehmenden Johannes Fust, dessen Bruder
Jakob als Goldschmied ihm wohl oft mit Rat zur Seite stand, und
mit dem talentvollen, künstlerisch und technisch hochbegabten Peter Schöffer
zur Ausführung seiner Ideen. Zuerst hatte wohl Gutenberg mit Holz-
typen gearbeitet, also die alten Holzschnitte nur in ihre Bestandteile
zerschnitten, bald erkannte er aber die Notwendigkeit, die Typen auf
mechanischem Wege aus Metall herzustellen. Er wandte zunächst
weiches Metall zum Schneiden der Buchstaben an, umgoß diesen
Stempel mit flüssigem Blei oder drückte ihn in solches ein und bekam

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Die Buchdruckerkunſt.
den großen Unterſchied und den gewaltigen Fortſchritt der Erfindung
der Buchdruckerkunſt gegenüber der der Holzſchneidekunſt, die im Abend-
lande ſelbſtändig etwa im 14. Jahrhundert erfunden zu ſein ſcheint.
Dieſe, wie die wahrſcheinlich noch ältere Kunſt des Metallſchnitts
wurde zunächſt zum Bilderdruck verwandt. Spielkarten einerſeits, Heiligen-
bilder andererſeits waren es, deren Anfertigung im 14. und 15. Jahr-
hundert durch Holz- oder Metallſchnitt von den ſogenannten Briefmalern
oder Briefdruckern geübt wurde. Hin und wieder ſetzte man unter ein
Andachtsbild auch wohl den Namen des Heiligen oder ein frommes
Sprüchlein; allmählich ging man auch weiter und druckte auf dieſe
Weiſe ganze Büchelchen, Leſe- oder Spruchbücher und Auszüge aus
einer Sammlung grammatikaliſcher Schriften des berühmten römiſchen
Gelehrten Älius Donatus, der im 4. Jahrhundert n. Chr. gelebt
hatte, die ſogenannten Donaten. Das berühmteſte derartige Werk, das
von großen Holzſchnitttafeln abgedruckt iſt, iſt die „Armenbibel“, die
bildliche Darſtellungen aus dem alten und neuen Teſtament enthält.

Die wahre Buchdruckerkunſt, die Typographie, wurde aber erſt von
dem Mainzer Bürger Henne Gensfleiſch zum Gudenberg, genannt
Johann Gutenberg, erfunden und von ihm und ſeinen Mitarbeitern
Johann Fuſt und Peter Schöffer gleich zu einer Vollendung gebracht,
an der die nächſten drei Jahrhunderte kaum etwas zu verbeſſern hatten.
Über Gutenbergs Jugend iſt nur wenig bekannt. Als ſein wahr-
ſcheinlichſtes Geburtsjahr läßt ſich das Jahr 1397 bezeichnen. Im
Jahre 1421 zwang ihn ein Aufſtand gegen den Adel, Mainz zu ver-
laſſen. Erſt 1435 finden wir ihn in Straßburg wieder, vielbeſchäftigt
mit mancherlei mechaniſchen Künſten, Edelſteinſchleifen, Spiegelbelegen
und manchen geheimen Künſten, wozu wohl vor allem die Verſuche ge-
hörten, die Buchdruckerkunſt zu erfinden. Wenigſtens ergiebt ſich aus
Prozeßakten des Jahres 1438, daß ihm die Brüder eines Mitarbeiters
oder Schülers, namens Dritzehn, den Beſitz einer Preſſe und einer Anzahl
Bleiformen ſtreitig machten, die bei dem Tode Dritzehns in deſſen
Hauſe ſich befanden, aber von Gutenberg reklamiert wurden. Guten-
berg bekam Recht, ließ aber Preſſe und Formen auseinandernehmen,
damit nicht ein anderer in das Geheimnis dringen ſollte.

Im Jahre 1445 kehrte er ohne alle Mittel nach Mainz zurück, behielt
aber ſeine Erfindung ſtets im Auge und verband ſich 5 Jahre ſpäter mit
dem wohlhabenden und unternehmenden Johannes Fuſt, deſſen Bruder
Jakob als Goldſchmied ihm wohl oft mit Rat zur Seite ſtand, und
mit dem talentvollen, künſtleriſch und techniſch hochbegabten Peter Schöffer
zur Ausführung ſeiner Ideen. Zuerſt hatte wohl Gutenberg mit Holz-
typen gearbeitet, alſo die alten Holzſchnitte nur in ihre Beſtandteile
zerſchnitten, bald erkannte er aber die Notwendigkeit, die Typen auf
mechaniſchem Wege aus Metall herzuſtellen. Er wandte zunächſt
weiches Metall zum Schneiden der Buchſtaben an, umgoß dieſen
Stempel mit flüſſigem Blei oder drückte ihn in ſolches ein und bekam

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[947/0965] Die Buchdruckerkunſt. den großen Unterſchied und den gewaltigen Fortſchritt der Erfindung der Buchdruckerkunſt gegenüber der der Holzſchneidekunſt, die im Abend- lande ſelbſtändig etwa im 14. Jahrhundert erfunden zu ſein ſcheint. Dieſe, wie die wahrſcheinlich noch ältere Kunſt des Metallſchnitts wurde zunächſt zum Bilderdruck verwandt. Spielkarten einerſeits, Heiligen- bilder andererſeits waren es, deren Anfertigung im 14. und 15. Jahr- hundert durch Holz- oder Metallſchnitt von den ſogenannten Briefmalern oder Briefdruckern geübt wurde. Hin und wieder ſetzte man unter ein Andachtsbild auch wohl den Namen des Heiligen oder ein frommes Sprüchlein; allmählich ging man auch weiter und druckte auf dieſe Weiſe ganze Büchelchen, Leſe- oder Spruchbücher und Auszüge aus einer Sammlung grammatikaliſcher Schriften des berühmten römiſchen Gelehrten Älius Donatus, der im 4. Jahrhundert n. Chr. gelebt hatte, die ſogenannten Donaten. Das berühmteſte derartige Werk, das von großen Holzſchnitttafeln abgedruckt iſt, iſt die „Armenbibel“, die bildliche Darſtellungen aus dem alten und neuen Teſtament enthält. Die wahre Buchdruckerkunſt, die Typographie, wurde aber erſt von dem Mainzer Bürger Henne Gensfleiſch zum Gudenberg, genannt Johann Gutenberg, erfunden und von ihm und ſeinen Mitarbeitern Johann Fuſt und Peter Schöffer gleich zu einer Vollendung gebracht, an der die nächſten drei Jahrhunderte kaum etwas zu verbeſſern hatten. Über Gutenbergs Jugend iſt nur wenig bekannt. Als ſein wahr- ſcheinlichſtes Geburtsjahr läßt ſich das Jahr 1397 bezeichnen. Im Jahre 1421 zwang ihn ein Aufſtand gegen den Adel, Mainz zu ver- laſſen. Erſt 1435 finden wir ihn in Straßburg wieder, vielbeſchäftigt mit mancherlei mechaniſchen Künſten, Edelſteinſchleifen, Spiegelbelegen und manchen geheimen Künſten, wozu wohl vor allem die Verſuche ge- hörten, die Buchdruckerkunſt zu erfinden. Wenigſtens ergiebt ſich aus Prozeßakten des Jahres 1438, daß ihm die Brüder eines Mitarbeiters oder Schülers, namens Dritzehn, den Beſitz einer Preſſe und einer Anzahl Bleiformen ſtreitig machten, die bei dem Tode Dritzehns in deſſen Hauſe ſich befanden, aber von Gutenberg reklamiert wurden. Guten- berg bekam Recht, ließ aber Preſſe und Formen auseinandernehmen, damit nicht ein anderer in das Geheimnis dringen ſollte. Im Jahre 1445 kehrte er ohne alle Mittel nach Mainz zurück, behielt aber ſeine Erfindung ſtets im Auge und verband ſich 5 Jahre ſpäter mit dem wohlhabenden und unternehmenden Johannes Fuſt, deſſen Bruder Jakob als Goldſchmied ihm wohl oft mit Rat zur Seite ſtand, und mit dem talentvollen, künſtleriſch und techniſch hochbegabten Peter Schöffer zur Ausführung ſeiner Ideen. Zuerſt hatte wohl Gutenberg mit Holz- typen gearbeitet, alſo die alten Holzſchnitte nur in ihre Beſtandteile zerſchnitten, bald erkannte er aber die Notwendigkeit, die Typen auf mechaniſchem Wege aus Metall herzuſtellen. Er wandte zunächſt weiches Metall zum Schneiden der Buchſtaben an, umgoß dieſen Stempel mit flüſſigem Blei oder drückte ihn in ſolches ein und bekam 60*

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 947. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/965>, abgerufen am 22.11.2024.