so eine Form, um beliebig viele Typen der betreffenden Art gießen zu können. Hier, auf dem Gebiete der Schriftgießerei, war es Peter Schöffer, der das noch heute übliche Verfahren (siehe weiter unten) ersann, mittels Stahlstempel die Form in Kupfer zu treiben. Auch hinsichtlich der Druckerschwärze vervollkommnete Schöffer das Gutenbergsche Ver- fahren so sehr, daß die von ihm angewandte Druckerfarbe noch heute in Gebrauch ist. Der vierte große und notwendige Schritt, den Gutenberg that, war die Erfindung der Druckpresse zur mechanischen Herstellung der Druckabzüge. Hat dieselbe auch im Lauf der Zeiten manche Veränderung erfahren, das Prinzip ist immer dasselbe geblieben, auch in den mächtigen Rotationspressen der Neuzeit, die allerdings in ihrer Leistungsfähigkeit den alten Handpressen gegenüber ganz ungeheuer überlegen sind.
Im Jahre 1452 hatte Gutenberg bereits einige kleinere Werke, Donaten und ähnliches, fertiggestellt und begann nun das große Werk des ersten Bibeldrucks, das auch rasch fortschritt, dessen Vollendung ihm aber nicht vergönnt sein sollte, da ihn im Jahre 1455 sein Mitarbeiter Fust, der ihn jetzt nicht mehr brauchte, auf Zahlung einer größeren Summe Geldes verklagte, die Gutenberg nicht leisten konnte. Gutenberg mußte infolgedessen Fust die Druckerei überlassen, während er selbst mit Unterstützung des Mainzer Stadtsyndikus Dr. Humery eine neue Druckerei einrichtete. Fust und sein Schwiegersohn Schöffer übergaben zwischen dem Jahre 1455 und 1460 der Welt die beiden ersten Bibeldrucke, die sogenannte 36zeilige und die 42zeilige Bibel und im Jahre 1457 das erste, mit dem Namen des Druckers, mit dem Druckort und dem Datum des Erscheinens versehene prächtig ausgestattete Psalterium. Gutenberg gab auch schon wieder 1460 nach einigen kleineren ein größeres Werk heraus, das Catholicon, eine lateinische Grammatik mit etymologischem Wörterbuch. Im Jahre 1462 aber ging bei der Einnahme von Mainz durch den Kurfürsten Adolf von Nassau die große Fustsche Buchdruckerei in Flammen auf. Sie wurde zwar wieder neu eingerichtet, indessen hatten sich die Gehülfen über ganz Deutschland zerstreut, so daß wir nun bald an vielen Orten Deutschlands und später Italiens Buchdruckereien entstehen sehen. Guten- berg selbst blieb nur noch kurze Zeit in Mainz, da ihn der Kurfürst Adolf von Nassau 1465 als Kavalier an sein Hoflager zu Eltville im Rheingau nahm. Dort starb er Ende des Jahres 1467 oder Anfang 1468 nach einem mühevollen Leben, in dem er bis auf die letzten Jahre nicht im geringsten die Anerkennung und Unterstützung gefunden hatte, die ihm bei seinen unsterblichen Verdiensten um die gesamte Menschheit gebührte.
Die mächtige Entwicklung der Buchdruckerkunst, die nach der Ein- nahme und teilweisen Zerstörung von Mainz begann, verdankte nicht zum geringsten äußeren Ereignissen ihren Aufschwung. Nach der 1453 erfolgten Eroberung Konstantinopels durch die Türken hatten sich die
Die vervielfältigenden Künſte.
ſo eine Form, um beliebig viele Typen der betreffenden Art gießen zu können. Hier, auf dem Gebiete der Schriftgießerei, war es Peter Schöffer, der das noch heute übliche Verfahren (ſiehe weiter unten) erſann, mittels Stahlſtempel die Form in Kupfer zu treiben. Auch hinſichtlich der Druckerſchwärze vervollkommnete Schöffer das Gutenbergſche Ver- fahren ſo ſehr, daß die von ihm angewandte Druckerfarbe noch heute in Gebrauch iſt. Der vierte große und notwendige Schritt, den Gutenberg that, war die Erfindung der Druckpreſſe zur mechaniſchen Herſtellung der Druckabzüge. Hat dieſelbe auch im Lauf der Zeiten manche Veränderung erfahren, das Prinzip iſt immer dasſelbe geblieben, auch in den mächtigen Rotationspreſſen der Neuzeit, die allerdings in ihrer Leiſtungsfähigkeit den alten Handpreſſen gegenüber ganz ungeheuer überlegen ſind.
Im Jahre 1452 hatte Gutenberg bereits einige kleinere Werke, Donaten und ähnliches, fertiggeſtellt und begann nun das große Werk des erſten Bibeldrucks, das auch raſch fortſchritt, deſſen Vollendung ihm aber nicht vergönnt ſein ſollte, da ihn im Jahre 1455 ſein Mitarbeiter Fuſt, der ihn jetzt nicht mehr brauchte, auf Zahlung einer größeren Summe Geldes verklagte, die Gutenberg nicht leiſten konnte. Gutenberg mußte infolgedeſſen Fuſt die Druckerei überlaſſen, während er ſelbſt mit Unterſtützung des Mainzer Stadtſyndikus Dr. Humery eine neue Druckerei einrichtete. Fuſt und ſein Schwiegerſohn Schöffer übergaben zwiſchen dem Jahre 1455 und 1460 der Welt die beiden erſten Bibeldrucke, die ſogenannte 36zeilige und die 42zeilige Bibel und im Jahre 1457 das erſte, mit dem Namen des Druckers, mit dem Druckort und dem Datum des Erſcheinens verſehene prächtig ausgeſtattete Pſalterium. Gutenberg gab auch ſchon wieder 1460 nach einigen kleineren ein größeres Werk heraus, das Catholicon, eine lateiniſche Grammatik mit etymologiſchem Wörterbuch. Im Jahre 1462 aber ging bei der Einnahme von Mainz durch den Kurfürſten Adolf von Naſſau die große Fuſtſche Buchdruckerei in Flammen auf. Sie wurde zwar wieder neu eingerichtet, indeſſen hatten ſich die Gehülfen über ganz Deutſchland zerſtreut, ſo daß wir nun bald an vielen Orten Deutſchlands und ſpäter Italiens Buchdruckereien entſtehen ſehen. Guten- berg ſelbſt blieb nur noch kurze Zeit in Mainz, da ihn der Kurfürſt Adolf von Naſſau 1465 als Kavalier an ſein Hoflager zu Eltville im Rheingau nahm. Dort ſtarb er Ende des Jahres 1467 oder Anfang 1468 nach einem mühevollen Leben, in dem er bis auf die letzten Jahre nicht im geringſten die Anerkennung und Unterſtützung gefunden hatte, die ihm bei ſeinen unſterblichen Verdienſten um die geſamte Menſchheit gebührte.
Die mächtige Entwicklung der Buchdruckerkunſt, die nach der Ein- nahme und teilweiſen Zerſtörung von Mainz begann, verdankte nicht zum geringſten äußeren Ereigniſſen ihren Aufſchwung. Nach der 1453 erfolgten Eroberung Konſtantinopels durch die Türken hatten ſich die
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Die vervielfältigenden Künſte.
ſo eine Form, um beliebig viele Typen der betreffenden Art gießen zu
können. Hier, auf dem Gebiete der Schriftgießerei, war es Peter
Schöffer, der das noch heute übliche Verfahren (ſiehe weiter unten) erſann,
mittels Stahlſtempel die Form in Kupfer zu treiben. Auch hinſichtlich
der Druckerſchwärze vervollkommnete Schöffer das Gutenbergſche Ver-
fahren ſo ſehr, daß die von ihm angewandte Druckerfarbe noch heute
in Gebrauch iſt. Der vierte große und notwendige Schritt, den
Gutenberg that, war die Erfindung der Druckpreſſe zur mechaniſchen
Herſtellung der Druckabzüge. Hat dieſelbe auch im Lauf der Zeiten
manche Veränderung erfahren, das Prinzip iſt immer dasſelbe geblieben,
auch in den mächtigen Rotationspreſſen der Neuzeit, die allerdings in
ihrer Leiſtungsfähigkeit den alten Handpreſſen gegenüber ganz ungeheuer
überlegen ſind.
Im Jahre 1452 hatte Gutenberg bereits einige kleinere Werke,
Donaten und ähnliches, fertiggeſtellt und begann nun das große Werk
des erſten Bibeldrucks, das auch raſch fortſchritt, deſſen Vollendung ihm
aber nicht vergönnt ſein ſollte, da ihn im Jahre 1455 ſein Mitarbeiter
Fuſt, der ihn jetzt nicht mehr brauchte, auf Zahlung einer größeren
Summe Geldes verklagte, die Gutenberg nicht leiſten konnte. Gutenberg
mußte infolgedeſſen Fuſt die Druckerei überlaſſen, während er ſelbſt mit
Unterſtützung des Mainzer Stadtſyndikus Dr. Humery eine neue
Druckerei einrichtete. Fuſt und ſein Schwiegerſohn Schöffer übergaben
zwiſchen dem Jahre 1455 und 1460 der Welt die beiden erſten Bibeldrucke,
die ſogenannte 36zeilige und die 42zeilige Bibel und im Jahre 1457
das erſte, mit dem Namen des Druckers, mit dem Druckort und dem
Datum des Erſcheinens verſehene prächtig ausgeſtattete Pſalterium.
Gutenberg gab auch ſchon wieder 1460 nach einigen kleineren ein
größeres Werk heraus, das Catholicon, eine lateiniſche Grammatik
mit etymologiſchem Wörterbuch. Im Jahre 1462 aber ging bei
der Einnahme von Mainz durch den Kurfürſten Adolf von Naſſau
die große Fuſtſche Buchdruckerei in Flammen auf. Sie wurde
zwar wieder neu eingerichtet, indeſſen hatten ſich die Gehülfen über
ganz Deutſchland zerſtreut, ſo daß wir nun bald an vielen Orten
Deutſchlands und ſpäter Italiens Buchdruckereien entſtehen ſehen. Guten-
berg ſelbſt blieb nur noch kurze Zeit in Mainz, da ihn der Kurfürſt
Adolf von Naſſau 1465 als Kavalier an ſein Hoflager zu Eltville
im Rheingau nahm. Dort ſtarb er Ende des Jahres 1467 oder
Anfang 1468 nach einem mühevollen Leben, in dem er bis auf die letzten
Jahre nicht im geringſten die Anerkennung und Unterſtützung gefunden
hatte, die ihm bei ſeinen unſterblichen Verdienſten um die geſamte
Menſchheit gebührte.
Die mächtige Entwicklung der Buchdruckerkunſt, die nach der Ein-
nahme und teilweiſen Zerſtörung von Mainz begann, verdankte nicht
zum geringſten äußeren Ereigniſſen ihren Aufſchwung. Nach der 1453
erfolgten Eroberung Konſtantinopels durch die Türken hatten ſich die
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 948. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/966>, abgerufen am 22.11.2024.
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