Der Holzschnitt im weitesten Sinne des Wortes ist bereits im grauen Altertum erfunden. Viele alte Holzschnitzereien, z. B. solche an den Särgen der alten Ägypter, sind ganz entsprechend einem wirklichen Holzschnitt der Jetztzeit, in der Weise hergestellt, daß die Oberfläche ebener Holzplatten durch Ausstechen einzelner Holzteile den Anblick einer bildlichen Darstellung gewährt. Würde man diese alten Arbeiten mit Druckerschwärze einreiben, so könnte man von ihnen in gleicher Weise wie von den heutigen Cliches Abdrücke nehmen. Die Erfindung des wahren Holzschnittes war aber erst in dem Augenblicke gemacht, als man mit vollem Bewußtsein dies Verfahren zum Zwecke der Ver- vielfältigung anwandte. Es geschah dies wohl unstreitig zuerst in China, wo man wahrscheinlich schon in dem sechsten Jahrhundert n. Chr. diese Kunst anwandte, um Bücher zu drucken. Hat sich doch bei den Chinesen, selbst als sie unsere Methode des Buchdrucks kennen lernten, vermöge der eigentümlichen Bildung ihrer Sprache, die eine außerordentlich große Anzahl von Typen zum Druck verlangt, bis zum heutigen Tage die Holzschneidekunst als hauptsächlichstes Verviel- fältigungsmittel von Druckschriften erhalten.
Unabhängig von chinesischem Einfluß sehen wir die Anfänge der Holzschneidekunst im 12. oder 13. Jahrhundert sich in Deutschland ent- wickeln. Die Briefmaler oder Briefdrucker, welche Heiligenbilder und ähnliches, oft mit einigen erklärenden Zeilen versehen, zeichneten, dann mit Schablonen herstellten, kamen damals wohl durch Betrach- tung der Erfolge der Stempelschneidekunst auf den Gedanken, ihre Figuren und Zeichen in Holz einzuritzen, den so erhaltenen vertieften Holzschnitt mit Leimfarbe mittels eines Reibers einzureiben und davon Abzüge zu machen, auf denen das Bild weiß auf schwarzem Grunde erschien. Bald ging man dann zur heutigen erhabenen Holzschnitt- manier über, die das Bild dunkel auf weißem Grunde erscheinen läßt, indem man die Zwischenräume aussticht und die Bildteile stehen läßt. Das älteste Bild, das mit Sicherheit als Holzschnitt erkannt worden ist, stammt aus dem Jahre 1423 und stellt den heiligen Christoph dar. Mit der Erfindung der Buchdruckerkunst gewann erst der Holzschnitt die volle Bedeutung. Es fiel ihm die Aufgabe zu, die Vervielfältigung von Bildern in gleich vollkommener Weise zur Ausführung zu bringen, wie die Buchdruckerkunst die Vervielfältigung der Schrift besorgt, be- sonders aber die Werke der letzteren mit Illustrationen zu versehen. Es war für die weitere Entwicklung der Holzschneidekunst sehr günstig, daß sich ein Holzschnitt direkt mitten in einen Druckletternsatz hinein- setzen und mit jenem gleichzeitig abdrucken läßt, was bei Kupfer- und Stahlstich nicht der Fall ist.
Die vervielfältigenden Künſte.
d) Der Holzſchnitt, Kupferſtich und Stahlſtich.
1. Der Holzſchnitt.
Der Holzſchnitt im weiteſten Sinne des Wortes iſt bereits im grauen Altertum erfunden. Viele alte Holzſchnitzereien, z. B. ſolche an den Särgen der alten Ägypter, ſind ganz entſprechend einem wirklichen Holzſchnitt der Jetztzeit, in der Weiſe hergeſtellt, daß die Oberfläche ebener Holzplatten durch Ausſtechen einzelner Holzteile den Anblick einer bildlichen Darſtellung gewährt. Würde man dieſe alten Arbeiten mit Druckerſchwärze einreiben, ſo könnte man von ihnen in gleicher Weiſe wie von den heutigen Clichés Abdrücke nehmen. Die Erfindung des wahren Holzſchnittes war aber erſt in dem Augenblicke gemacht, als man mit vollem Bewußtſein dies Verfahren zum Zwecke der Ver- vielfältigung anwandte. Es geſchah dies wohl unſtreitig zuerſt in China, wo man wahrſcheinlich ſchon in dem ſechſten Jahrhundert n. Chr. dieſe Kunſt anwandte, um Bücher zu drucken. Hat ſich doch bei den Chineſen, ſelbſt als ſie unſere Methode des Buchdrucks kennen lernten, vermöge der eigentümlichen Bildung ihrer Sprache, die eine außerordentlich große Anzahl von Typen zum Druck verlangt, bis zum heutigen Tage die Holzſchneidekunſt als hauptſächlichſtes Verviel- fältigungsmittel von Druckſchriften erhalten.
Unabhängig von chineſiſchem Einfluß ſehen wir die Anfänge der Holzſchneidekunſt im 12. oder 13. Jahrhundert ſich in Deutſchland ent- wickeln. Die Briefmaler oder Briefdrucker, welche Heiligenbilder und ähnliches, oft mit einigen erklärenden Zeilen verſehen, zeichneten, dann mit Schablonen herſtellten, kamen damals wohl durch Betrach- tung der Erfolge der Stempelſchneidekunſt auf den Gedanken, ihre Figuren und Zeichen in Holz einzuritzen, den ſo erhaltenen vertieften Holzſchnitt mit Leimfarbe mittels eines Reibers einzureiben und davon Abzüge zu machen, auf denen das Bild weiß auf ſchwarzem Grunde erſchien. Bald ging man dann zur heutigen erhabenen Holzſchnitt- manier über, die das Bild dunkel auf weißem Grunde erſcheinen läßt, indem man die Zwiſchenräume ausſticht und die Bildteile ſtehen läßt. Das älteſte Bild, das mit Sicherheit als Holzſchnitt erkannt worden iſt, ſtammt aus dem Jahre 1423 und ſtellt den heiligen Chriſtoph dar. Mit der Erfindung der Buchdruckerkunſt gewann erſt der Holzſchnitt die volle Bedeutung. Es fiel ihm die Aufgabe zu, die Vervielfältigung von Bildern in gleich vollkommener Weiſe zur Ausführung zu bringen, wie die Buchdruckerkunſt die Vervielfältigung der Schrift beſorgt, be- ſonders aber die Werke der letzteren mit Illuſtrationen zu verſehen. Es war für die weitere Entwicklung der Holzſchneidekunſt ſehr günſtig, daß ſich ein Holzſchnitt direkt mitten in einen Druckletternſatz hinein- ſetzen und mit jenem gleichzeitig abdrucken läßt, was bei Kupfer- und Stahlſtich nicht der Fall iſt.
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Die vervielfältigenden Künſte.
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1. Der Holzſchnitt.
Der Holzſchnitt im weiteſten Sinne des Wortes iſt bereits im
grauen Altertum erfunden. Viele alte Holzſchnitzereien, z. B. ſolche an den
Särgen der alten Ägypter, ſind ganz entſprechend einem wirklichen
Holzſchnitt der Jetztzeit, in der Weiſe hergeſtellt, daß die Oberfläche
ebener Holzplatten durch Ausſtechen einzelner Holzteile den Anblick
einer bildlichen Darſtellung gewährt. Würde man dieſe alten Arbeiten
mit Druckerſchwärze einreiben, ſo könnte man von ihnen in gleicher
Weiſe wie von den heutigen Clichés Abdrücke nehmen. Die Erfindung
des wahren Holzſchnittes war aber erſt in dem Augenblicke gemacht,
als man mit vollem Bewußtſein dies Verfahren zum Zwecke der Ver-
vielfältigung anwandte. Es geſchah dies wohl unſtreitig zuerſt in
China, wo man wahrſcheinlich ſchon in dem ſechſten Jahrhundert
n. Chr. dieſe Kunſt anwandte, um Bücher zu drucken. Hat ſich doch
bei den Chineſen, ſelbſt als ſie unſere Methode des Buchdrucks kennen
lernten, vermöge der eigentümlichen Bildung ihrer Sprache, die eine
außerordentlich große Anzahl von Typen zum Druck verlangt, bis
zum heutigen Tage die Holzſchneidekunſt als hauptſächlichſtes Verviel-
fältigungsmittel von Druckſchriften erhalten.
Unabhängig von chineſiſchem Einfluß ſehen wir die Anfänge der
Holzſchneidekunſt im 12. oder 13. Jahrhundert ſich in Deutſchland ent-
wickeln. Die Briefmaler oder Briefdrucker, welche Heiligenbilder und
ähnliches, oft mit einigen erklärenden Zeilen verſehen, zeichneten,
dann mit Schablonen herſtellten, kamen damals wohl durch Betrach-
tung der Erfolge der Stempelſchneidekunſt auf den Gedanken, ihre
Figuren und Zeichen in Holz einzuritzen, den ſo erhaltenen vertieften
Holzſchnitt mit Leimfarbe mittels eines Reibers einzureiben und davon
Abzüge zu machen, auf denen das Bild weiß auf ſchwarzem Grunde
erſchien. Bald ging man dann zur heutigen erhabenen Holzſchnitt-
manier über, die das Bild dunkel auf weißem Grunde erſcheinen läßt,
indem man die Zwiſchenräume ausſticht und die Bildteile ſtehen läßt.
Das älteſte Bild, das mit Sicherheit als Holzſchnitt erkannt worden
iſt, ſtammt aus dem Jahre 1423 und ſtellt den heiligen Chriſtoph dar.
Mit der Erfindung der Buchdruckerkunſt gewann erſt der Holzſchnitt
die volle Bedeutung. Es fiel ihm die Aufgabe zu, die Vervielfältigung
von Bildern in gleich vollkommener Weiſe zur Ausführung zu bringen,
wie die Buchdruckerkunſt die Vervielfältigung der Schrift beſorgt, be-
ſonders aber die Werke der letzteren mit Illuſtrationen zu verſehen.
Es war für die weitere Entwicklung der Holzſchneidekunſt ſehr günſtig,
daß ſich ein Holzſchnitt direkt mitten in einen Druckletternſatz hinein-
ſetzen und mit jenem gleichzeitig abdrucken läßt, was bei Kupfer- und
Stahlſtich nicht der Fall iſt.
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 966. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/984>, abgerufen am 22.11.2024.
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