Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Stahlstich und die Lithographie.
völlig schwarzes Bild geben würde. Dann werden erst die lichten
Stellen mehr oder weniger glatt geschabt, sodaß die Lichteffekte durch
die größere oder geringere Rauheit der Plattenoberfläche erzeugt werden
und eine einer Kreidezeichnung ähnliche Wirkung hervorbringen

Schließlich war früher die Aquatintamanier mehrfach in Gebrauch,
die wohl um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfunden ist. Bei ihr
wird zunächst verfahren, wie bei der Ätzmanier, aber die Umrisse der
Zeichnung werden nur schwach geätzt. Die so präparierte Platte wird
mit feinem Harzpulver gleichmäßig überstreut und dann erhitzt, sodaß
die kleinen Körnchen in den Ätzvertiefungen haften bleiben und nur
geringe Zwischenräume zwischen sich lassen. Darauf wird die Platte
mehrmals in gleicher Weise, wie bei der Radiermanier, dem Ätzwasser
ausgesetzt.

Die sonstigen Kupferstichmanieren beruhen immer im großen und
ganzen auf einer Verbindung mehrerer der beschriebenen Manieren.

3. Der Stahlstich.

Seine technische Behandlung ist im Prinzip die gleiche wie die
des Kupferstichs. Über seine Vorzüge ist schon oben die Rede gewesen.
Wenn nun die Härte des Materials eine noch feinere Bearbeitung
zuläßt, als sie sich beim Kupferstich erreichen läßt, so ist doch auch
nicht zu verkennen, daß diese Härte des Materials nach manchen Rich-
tungen hin die Bearbeitung sehr erschwert. Überhaupt darf die Stahl-
platte nicht volle Stahlhärte haben, da sie sonst leicht unter dem Druck
der Presse zerspringen würde, sie muß daher etwas "nachgelassen"
werden. Es geschieht dieses Erweichen, indem man dem Stahl seinen
Kohlenstoffgehalt entzieht, wofür erst im Jahre 1820 von dem Eng-
länder Heath ein Verfahren, das sogenannte "Dekarbonisieren", erfunden
wurde. Man kann also die Geschichte der Stahlstecherkunst eigentlich
erst von diesem Zeitpunkte an rechnen. Am meisten geübt wird diese
Kunst von den Engländern. Für das Ätzverfahren ist ein ziemlich
starkes Dekarbonisieren des Stahles erforderlich, sodaß die fertige
Platte für den Druck erst wieder gehärtet werden muß, was durch das
auch von Heath erfundene sogenannte "Karbonisieren" erreicht wird.
Man kann übrigens auch von den so gehärteten Stahlplatten durch
Pressen einen Abdruck in weichem Stahl anfertigen und von diesem
Abdruck, nachdem er gehärtet ist, wieder in weichem Stahl eine Kopie
des ursprünglichen Stiches.

e) Die Lithographie oder der Steindruck.

Einem Zufalle verdankt eine der wichtigsten Methoden der Ver-
vielfältigung, die Lithographie, wie ja auch so manche andere Er-
findung ihre Entdeckung. Aloys Senefelder, der Erfinder der Litho-

Der Stahlſtich und die Lithographie.
völlig ſchwarzes Bild geben würde. Dann werden erſt die lichten
Stellen mehr oder weniger glatt geſchabt, ſodaß die Lichteffekte durch
die größere oder geringere Rauheit der Plattenoberfläche erzeugt werden
und eine einer Kreidezeichnung ähnliche Wirkung hervorbringen

Schließlich war früher die Aquatintamanier mehrfach in Gebrauch,
die wohl um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfunden iſt. Bei ihr
wird zunächſt verfahren, wie bei der Ätzmanier, aber die Umriſſe der
Zeichnung werden nur ſchwach geätzt. Die ſo präparierte Platte wird
mit feinem Harzpulver gleichmäßig überſtreut und dann erhitzt, ſodaß
die kleinen Körnchen in den Ätzvertiefungen haften bleiben und nur
geringe Zwiſchenräume zwiſchen ſich laſſen. Darauf wird die Platte
mehrmals in gleicher Weiſe, wie bei der Radiermanier, dem Ätzwaſſer
ausgeſetzt.

Die ſonſtigen Kupferſtichmanieren beruhen immer im großen und
ganzen auf einer Verbindung mehrerer der beſchriebenen Manieren.

3. Der Stahlſtich.

Seine techniſche Behandlung iſt im Prinzip die gleiche wie die
des Kupferſtichs. Über ſeine Vorzüge iſt ſchon oben die Rede geweſen.
Wenn nun die Härte des Materials eine noch feinere Bearbeitung
zuläßt, als ſie ſich beim Kupferſtich erreichen läßt, ſo iſt doch auch
nicht zu verkennen, daß dieſe Härte des Materials nach manchen Rich-
tungen hin die Bearbeitung ſehr erſchwert. Überhaupt darf die Stahl-
platte nicht volle Stahlhärte haben, da ſie ſonſt leicht unter dem Druck
der Preſſe zerſpringen würde, ſie muß daher etwas „nachgelaſſen“
werden. Es geſchieht dieſes Erweichen, indem man dem Stahl ſeinen
Kohlenſtoffgehalt entzieht, wofür erſt im Jahre 1820 von dem Eng-
länder Heath ein Verfahren, das ſogenannte „Dekarboniſieren“, erfunden
wurde. Man kann alſo die Geſchichte der Stahlſtecherkunſt eigentlich
erſt von dieſem Zeitpunkte an rechnen. Am meiſten geübt wird dieſe
Kunſt von den Engländern. Für das Ätzverfahren iſt ein ziemlich
ſtarkes Dekarboniſieren des Stahles erforderlich, ſodaß die fertige
Platte für den Druck erſt wieder gehärtet werden muß, was durch das
auch von Heath erfundene ſogenannte „Karboniſieren“ erreicht wird.
Man kann übrigens auch von den ſo gehärteten Stahlplatten durch
Preſſen einen Abdruck in weichem Stahl anfertigen und von dieſem
Abdruck, nachdem er gehärtet iſt, wieder in weichem Stahl eine Kopie
des urſprünglichen Stiches.

e) Die Lithographie oder der Steindruck.

Einem Zufalle verdankt eine der wichtigſten Methoden der Ver-
vielfältigung, die Lithographie, wie ja auch ſo manche andere Er-
findung ihre Entdeckung. Aloys Senefelder, der Erfinder der Litho-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0989" n="971"/><fw place="top" type="header">Der Stahl&#x017F;tich und die Lithographie.</fw><lb/>
völlig &#x017F;chwarzes Bild geben würde. Dann werden er&#x017F;t die lichten<lb/>
Stellen mehr oder weniger glatt ge&#x017F;chabt, &#x017F;odaß die Lichteffekte durch<lb/>
die größere oder geringere Rauheit der Plattenoberfläche erzeugt werden<lb/>
und eine einer Kreidezeichnung ähnliche Wirkung hervorbringen</p><lb/>
              <p>Schließlich war früher die Aquatintamanier mehrfach in Gebrauch,<lb/>
die wohl um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfunden i&#x017F;t. Bei ihr<lb/>
wird zunäch&#x017F;t verfahren, wie bei der Ätzmanier, aber die Umri&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
Zeichnung werden nur &#x017F;chwach geätzt. Die &#x017F;o präparierte Platte wird<lb/>
mit feinem Harzpulver gleichmäßig über&#x017F;treut und dann erhitzt, &#x017F;odaß<lb/>
die kleinen Körnchen in den Ätzvertiefungen haften bleiben und nur<lb/>
geringe Zwi&#x017F;chenräume zwi&#x017F;chen &#x017F;ich la&#x017F;&#x017F;en. Darauf wird die Platte<lb/>
mehrmals in gleicher Wei&#x017F;e, wie bei der Radiermanier, dem Ätzwa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
ausge&#x017F;etzt.</p><lb/>
              <p>Die &#x017F;on&#x017F;tigen Kupfer&#x017F;tichmanieren beruhen immer im großen und<lb/>
ganzen auf einer Verbindung mehrerer der be&#x017F;chriebenen Manieren.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">3. Der Stahl&#x017F;tich.</hi> </head><lb/>
              <p>Seine techni&#x017F;che Behandlung i&#x017F;t im Prinzip die gleiche wie die<lb/>
des Kupfer&#x017F;tichs. Über &#x017F;eine Vorzüge i&#x017F;t &#x017F;chon oben die Rede gewe&#x017F;en.<lb/>
Wenn nun die Härte des Materials eine noch feinere Bearbeitung<lb/>
zuläßt, als &#x017F;ie &#x017F;ich beim Kupfer&#x017F;tich erreichen läßt, &#x017F;o i&#x017F;t doch auch<lb/>
nicht zu verkennen, daß die&#x017F;e Härte des Materials nach manchen Rich-<lb/>
tungen hin die Bearbeitung &#x017F;ehr er&#x017F;chwert. Überhaupt darf die Stahl-<lb/>
platte nicht volle Stahlhärte haben, da &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t leicht unter dem Druck<lb/>
der Pre&#x017F;&#x017F;e zer&#x017F;pringen würde, &#x017F;ie muß daher etwas &#x201E;nachgela&#x017F;&#x017F;en&#x201C;<lb/>
werden. Es ge&#x017F;chieht die&#x017F;es Erweichen, indem man dem Stahl &#x017F;einen<lb/>
Kohlen&#x017F;toffgehalt entzieht, wofür er&#x017F;t im Jahre 1820 von dem Eng-<lb/>
länder Heath ein Verfahren, das &#x017F;ogenannte &#x201E;Dekarboni&#x017F;ieren&#x201C;, erfunden<lb/>
wurde. Man kann al&#x017F;o die Ge&#x017F;chichte der Stahl&#x017F;techerkun&#x017F;t eigentlich<lb/>
er&#x017F;t von die&#x017F;em Zeitpunkte an rechnen. Am mei&#x017F;ten geübt wird die&#x017F;e<lb/>
Kun&#x017F;t von den Engländern. Für das Ätzverfahren i&#x017F;t ein ziemlich<lb/>
&#x017F;tarkes Dekarboni&#x017F;ieren des Stahles erforderlich, &#x017F;odaß die fertige<lb/>
Platte für den Druck er&#x017F;t wieder gehärtet werden muß, was durch das<lb/>
auch von Heath erfundene &#x017F;ogenannte &#x201E;Karboni&#x017F;ieren&#x201C; erreicht wird.<lb/>
Man kann übrigens auch von den &#x017F;o gehärteten Stahlplatten durch<lb/>
Pre&#x017F;&#x017F;en einen Abdruck in weichem Stahl anfertigen und von die&#x017F;em<lb/>
Abdruck, nachdem er gehärtet i&#x017F;t, wieder in weichem Stahl eine Kopie<lb/>
des ur&#x017F;prünglichen Stiches.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">e)</hi> Die Lithographie oder der Steindruck.</hi> </head><lb/>
            <p>Einem Zufalle verdankt eine der wichtig&#x017F;ten Methoden der Ver-<lb/>
vielfältigung, die Lithographie, wie ja auch &#x017F;o manche andere Er-<lb/>
findung ihre Entdeckung. Aloys Senefelder, der Erfinder der Litho-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[971/0989] Der Stahlſtich und die Lithographie. völlig ſchwarzes Bild geben würde. Dann werden erſt die lichten Stellen mehr oder weniger glatt geſchabt, ſodaß die Lichteffekte durch die größere oder geringere Rauheit der Plattenoberfläche erzeugt werden und eine einer Kreidezeichnung ähnliche Wirkung hervorbringen Schließlich war früher die Aquatintamanier mehrfach in Gebrauch, die wohl um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfunden iſt. Bei ihr wird zunächſt verfahren, wie bei der Ätzmanier, aber die Umriſſe der Zeichnung werden nur ſchwach geätzt. Die ſo präparierte Platte wird mit feinem Harzpulver gleichmäßig überſtreut und dann erhitzt, ſodaß die kleinen Körnchen in den Ätzvertiefungen haften bleiben und nur geringe Zwiſchenräume zwiſchen ſich laſſen. Darauf wird die Platte mehrmals in gleicher Weiſe, wie bei der Radiermanier, dem Ätzwaſſer ausgeſetzt. Die ſonſtigen Kupferſtichmanieren beruhen immer im großen und ganzen auf einer Verbindung mehrerer der beſchriebenen Manieren. 3. Der Stahlſtich. Seine techniſche Behandlung iſt im Prinzip die gleiche wie die des Kupferſtichs. Über ſeine Vorzüge iſt ſchon oben die Rede geweſen. Wenn nun die Härte des Materials eine noch feinere Bearbeitung zuläßt, als ſie ſich beim Kupferſtich erreichen läßt, ſo iſt doch auch nicht zu verkennen, daß dieſe Härte des Materials nach manchen Rich- tungen hin die Bearbeitung ſehr erſchwert. Überhaupt darf die Stahl- platte nicht volle Stahlhärte haben, da ſie ſonſt leicht unter dem Druck der Preſſe zerſpringen würde, ſie muß daher etwas „nachgelaſſen“ werden. Es geſchieht dieſes Erweichen, indem man dem Stahl ſeinen Kohlenſtoffgehalt entzieht, wofür erſt im Jahre 1820 von dem Eng- länder Heath ein Verfahren, das ſogenannte „Dekarboniſieren“, erfunden wurde. Man kann alſo die Geſchichte der Stahlſtecherkunſt eigentlich erſt von dieſem Zeitpunkte an rechnen. Am meiſten geübt wird dieſe Kunſt von den Engländern. Für das Ätzverfahren iſt ein ziemlich ſtarkes Dekarboniſieren des Stahles erforderlich, ſodaß die fertige Platte für den Druck erſt wieder gehärtet werden muß, was durch das auch von Heath erfundene ſogenannte „Karboniſieren“ erreicht wird. Man kann übrigens auch von den ſo gehärteten Stahlplatten durch Preſſen einen Abdruck in weichem Stahl anfertigen und von dieſem Abdruck, nachdem er gehärtet iſt, wieder in weichem Stahl eine Kopie des urſprünglichen Stiches. e) Die Lithographie oder der Steindruck. Einem Zufalle verdankt eine der wichtigſten Methoden der Ver- vielfältigung, die Lithographie, wie ja auch ſo manche andere Er- findung ihre Entdeckung. Aloys Senefelder, der Erfinder der Litho-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/989
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 971. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/989>, abgerufen am 22.11.2024.