des Sonnenlichts der Vervielfältigung fähige Kopieen von Zeichnungen und Malereien herzustellen. Er versuchte aber auch, die Bilder der Camera obscura aufzunehmen und zu fixiren, doch stieß er dabei auf größere Schwierigkeiten, da die von ihm angewandten lichtempfind- lichen Substanzen tagelange Expositionszeiten verlangten. Doch ist eine Zinnplatte aus dem Jahre 1825 erhalten, auf der eine Landschaft zu sehen ist, die Niepce mittels Camera obscura aufgenommen hat. Im Jahre 1829 endlich vereinigte sich Niepce mit dem Maler Daguerre, um gemeinsam einen einfachen photographischen Prozeß zu erfinden. Daguerre beschäftigte sich auch bereits längere Zeit mit photochemischen Studien, doch hatte er wohl bis dahin namentlich die Wirkungen des Lichtes auf phosphorescierende Substanzen studiert. Außerdem arbeitete er eifrig an der Vervollkommnung der Camera obscura, indem er eine von Wollaston 1812 erfundene Linsenkonstruktion an die Stelle der bis dahin üblichen bikonvexen Linse setzte. Niepce teilte Daguerre schriftlich genau sein erreichtes Resultat mit, das bereits ein völlig durchgearbeitetes photographisches Verfahren, den heliographischen Asphaltprozeß darstellte.
Daguerre fand nun bald, daß das Jodsilber die Substanz sei, die sich besonders zum Träger der Lichtwirkung eigne, doch hatte er erst längere Zeit nach Niepces Tode das Glück, im Jahre 1837 durch einen Zufall einen geeigneten Entwickler für seine Jodsilberplatten in dem Quecksilber zu finden, dessen Dämpfe ein durch Belichtung erzeugtes, aber dem Auge noch gar nicht sichtbares Bild zum Vorschein zu bringen vermögen. Die Jodsilberplatten selbst stellte er her, indem er eine Silberplatte in Joddämpfen räucherte. Als Fixiermittel griff er auf das oben erwähnte, von Sir John Herschel entdeckte unterschwefligsaure Natron oder auf eine Kochsalzlösung zurück. Das wesentliche an Daguerres Erfindung war, daß man nunmehr in wenigen Minuten Gegenstände mit Hilfe einer Camera obscura aufnehmen, und das noch gar nicht oder kaum sichtbare Bild entwickeln und nachher fixieren konnte. Im Jahre 1839 kaufte der französische Staat Daguerre und seinem Mitarbeiter Isidore Niepce, dem Sohne Nicephore Niepces, ihr Geheimnis für eine lebensläng- liche Rente von 6000, resp. 4000 Francs ab.
Für Personenaufnahmen dauerte die Expositionszeit, d. h. die Dauer der Aufnahme allerdings noch zu lange, da ein Mensch un- möglich etwa 5 bis 10 Minuten stillhalten kann. Aber sehr bald wurde auch diese Schwierigkeit überwunden, als Professor Petzval in Wien eine lichtstarke Porträtlinse berechnete, deren Ausführung durch den Optiker Voigtländer im Jahre 1840 es ermöglichte, Porträts im Ver- laufe von etwa 1/2 bis 1 Minute aufzunehmen. Da die hellen Queck- silberdämpfe sich besonders an den vom Licht am meisten getroffenen und daher ursprünglich etwas geschwärzten Stellen niederschlagen, so wird ein positives Bild bei einer Daguerreotypie, wie man eine solche Photographie auf Metall nennt, erzeugt, indem an den den hellen Stellen
Die Daguerreotypie.
des Sonnenlichts der Vervielfältigung fähige Kopieen von Zeichnungen und Malereien herzuſtellen. Er verſuchte aber auch, die Bilder der Camera obscura aufzunehmen und zu fixiren, doch ſtieß er dabei auf größere Schwierigkeiten, da die von ihm angewandten lichtempfind- lichen Subſtanzen tagelange Expoſitionszeiten verlangten. Doch iſt eine Zinnplatte aus dem Jahre 1825 erhalten, auf der eine Landſchaft zu ſehen iſt, die Niepce mittels Camera obscura aufgenommen hat. Im Jahre 1829 endlich vereinigte ſich Niepce mit dem Maler Daguerre, um gemeinſam einen einfachen photographiſchen Prozeß zu erfinden. Daguerre beſchäftigte ſich auch bereits längere Zeit mit photochemiſchen Studien, doch hatte er wohl bis dahin namentlich die Wirkungen des Lichtes auf phosphorescierende Subſtanzen ſtudiert. Außerdem arbeitete er eifrig an der Vervollkommnung der Camera obscura, indem er eine von Wollaſton 1812 erfundene Linſenkonſtruktion an die Stelle der bis dahin üblichen bikonvexen Linſe ſetzte. Niepce teilte Daguerre ſchriftlich genau ſein erreichtes Reſultat mit, das bereits ein völlig durchgearbeitetes photographiſches Verfahren, den heliographiſchen Aſphaltprozeß darſtellte.
Daguerre fand nun bald, daß das Jodſilber die Subſtanz ſei, die ſich beſonders zum Träger der Lichtwirkung eigne, doch hatte er erſt längere Zeit nach Niepces Tode das Glück, im Jahre 1837 durch einen Zufall einen geeigneten Entwickler für ſeine Jodſilberplatten in dem Queckſilber zu finden, deſſen Dämpfe ein durch Belichtung erzeugtes, aber dem Auge noch gar nicht ſichtbares Bild zum Vorſchein zu bringen vermögen. Die Jodſilberplatten ſelbſt ſtellte er her, indem er eine Silberplatte in Joddämpfen räucherte. Als Fixiermittel griff er auf das oben erwähnte, von Sir John Herſchel entdeckte unterſchwefligſaure Natron oder auf eine Kochſalzlöſung zurück. Das weſentliche an Daguerres Erfindung war, daß man nunmehr in wenigen Minuten Gegenſtände mit Hilfe einer Camera obscura aufnehmen, und das noch gar nicht oder kaum ſichtbare Bild entwickeln und nachher fixieren konnte. Im Jahre 1839 kaufte der franzöſiſche Staat Daguerre und ſeinem Mitarbeiter Iſidore Niepce, dem Sohne Nicéphore Niepces, ihr Geheimnis für eine lebensläng- liche Rente von 6000, reſp. 4000 Francs ab.
Für Perſonenaufnahmen dauerte die Expoſitionszeit, d. h. die Dauer der Aufnahme allerdings noch zu lange, da ein Menſch un- möglich etwa 5 bis 10 Minuten ſtillhalten kann. Aber ſehr bald wurde auch dieſe Schwierigkeit überwunden, als Profeſſor Petzval in Wien eine lichtſtarke Porträtlinſe berechnete, deren Ausführung durch den Optiker Voigtländer im Jahre 1840 es ermöglichte, Porträts im Ver- laufe von etwa ½ bis 1 Minute aufzunehmen. Da die hellen Queck- ſilberdämpfe ſich beſonders an den vom Licht am meiſten getroffenen und daher urſprünglich etwas geſchwärzten Stellen niederſchlagen, ſo wird ein poſitives Bild bei einer Daguerreotypie, wie man eine ſolche Photographie auf Metall nennt, erzeugt, indem an den den hellen Stellen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0999"n="981"/><fwplace="top"type="header">Die Daguerreotypie.</fw><lb/>
des Sonnenlichts der Vervielfältigung fähige Kopieen von Zeichnungen<lb/>
und Malereien herzuſtellen. Er verſuchte aber auch, die Bilder der<lb/><hirendition="#aq">Camera obscura</hi> aufzunehmen und zu fixiren, doch ſtieß er dabei auf<lb/>
größere Schwierigkeiten, da die von ihm angewandten lichtempfind-<lb/>
lichen Subſtanzen tagelange Expoſitionszeiten verlangten. Doch iſt eine<lb/>
Zinnplatte aus dem Jahre 1825 erhalten, auf der eine Landſchaft zu<lb/>ſehen iſt, die Niepce mittels <hirendition="#aq">Camera obscura</hi> aufgenommen hat. Im<lb/>
Jahre 1829 endlich vereinigte ſich Niepce mit dem Maler Daguerre,<lb/>
um gemeinſam einen einfachen photographiſchen Prozeß zu erfinden.<lb/>
Daguerre beſchäftigte ſich auch bereits längere Zeit mit photochemiſchen<lb/>
Studien, doch hatte er wohl bis dahin namentlich die Wirkungen des<lb/>
Lichtes auf phosphorescierende Subſtanzen ſtudiert. Außerdem arbeitete<lb/>
er eifrig an der Vervollkommnung der <hirendition="#aq">Camera obscura,</hi> indem er eine von<lb/>
Wollaſton 1812 erfundene Linſenkonſtruktion an die Stelle der bis dahin<lb/>
üblichen bikonvexen Linſe ſetzte. Niepce teilte Daguerre ſchriftlich genau<lb/>ſein erreichtes Reſultat mit, das bereits ein völlig durchgearbeitetes<lb/>
photographiſches Verfahren, den heliographiſchen Aſphaltprozeß darſtellte.</p><lb/><p>Daguerre fand nun bald, daß das Jodſilber die Subſtanz<lb/>ſei, die ſich beſonders zum Träger der Lichtwirkung eigne, doch<lb/>
hatte er erſt längere Zeit nach Niepces Tode das Glück, im<lb/>
Jahre 1837 durch einen Zufall einen geeigneten Entwickler für ſeine<lb/>
Jodſilberplatten in dem Queckſilber zu finden, deſſen Dämpfe ein durch<lb/>
Belichtung erzeugtes, aber dem Auge noch gar nicht ſichtbares Bild<lb/>
zum Vorſchein zu bringen vermögen. Die Jodſilberplatten ſelbſt ſtellte<lb/>
er her, indem er eine Silberplatte in Joddämpfen räucherte. Als<lb/>
Fixiermittel griff er auf das oben erwähnte, von Sir John Herſchel<lb/>
entdeckte unterſchwefligſaure Natron oder auf eine Kochſalzlöſung<lb/>
zurück. Das weſentliche an Daguerres Erfindung war, daß man<lb/>
nunmehr in wenigen Minuten Gegenſtände mit Hilfe einer <hirendition="#aq">Camera<lb/>
obscura</hi> aufnehmen, und das noch gar nicht oder kaum ſichtbare Bild<lb/>
entwickeln und nachher fixieren konnte. Im Jahre 1839 kaufte der<lb/>
franzöſiſche Staat Daguerre und ſeinem Mitarbeiter Iſidore Niepce,<lb/>
dem Sohne Nic<hirendition="#aq">é</hi>phore Niepces, ihr Geheimnis für eine lebensläng-<lb/>
liche Rente von 6000, reſp. 4000 Francs ab.</p><lb/><p>Für Perſonenaufnahmen dauerte die Expoſitionszeit, d. h. die<lb/>
Dauer der Aufnahme allerdings noch zu lange, da ein Menſch un-<lb/>
möglich etwa 5 bis 10 Minuten ſtillhalten kann. Aber ſehr bald wurde<lb/>
auch dieſe Schwierigkeit überwunden, als Profeſſor Petzval in Wien<lb/>
eine lichtſtarke Porträtlinſe berechnete, deren Ausführung durch den<lb/>
Optiker Voigtländer im Jahre 1840 es ermöglichte, Porträts im Ver-<lb/>
laufe von etwa ½ bis 1 Minute aufzunehmen. Da die hellen Queck-<lb/>ſilberdämpfe ſich beſonders an den vom Licht am meiſten getroffenen<lb/>
und daher urſprünglich etwas geſchwärzten Stellen niederſchlagen, ſo<lb/>
wird ein poſitives Bild bei einer Daguerreotypie, wie man eine ſolche<lb/>
Photographie auf Metall nennt, erzeugt, indem an den den hellen Stellen<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[981/0999]
Die Daguerreotypie.
des Sonnenlichts der Vervielfältigung fähige Kopieen von Zeichnungen
und Malereien herzuſtellen. Er verſuchte aber auch, die Bilder der
Camera obscura aufzunehmen und zu fixiren, doch ſtieß er dabei auf
größere Schwierigkeiten, da die von ihm angewandten lichtempfind-
lichen Subſtanzen tagelange Expoſitionszeiten verlangten. Doch iſt eine
Zinnplatte aus dem Jahre 1825 erhalten, auf der eine Landſchaft zu
ſehen iſt, die Niepce mittels Camera obscura aufgenommen hat. Im
Jahre 1829 endlich vereinigte ſich Niepce mit dem Maler Daguerre,
um gemeinſam einen einfachen photographiſchen Prozeß zu erfinden.
Daguerre beſchäftigte ſich auch bereits längere Zeit mit photochemiſchen
Studien, doch hatte er wohl bis dahin namentlich die Wirkungen des
Lichtes auf phosphorescierende Subſtanzen ſtudiert. Außerdem arbeitete
er eifrig an der Vervollkommnung der Camera obscura, indem er eine von
Wollaſton 1812 erfundene Linſenkonſtruktion an die Stelle der bis dahin
üblichen bikonvexen Linſe ſetzte. Niepce teilte Daguerre ſchriftlich genau
ſein erreichtes Reſultat mit, das bereits ein völlig durchgearbeitetes
photographiſches Verfahren, den heliographiſchen Aſphaltprozeß darſtellte.
Daguerre fand nun bald, daß das Jodſilber die Subſtanz
ſei, die ſich beſonders zum Träger der Lichtwirkung eigne, doch
hatte er erſt längere Zeit nach Niepces Tode das Glück, im
Jahre 1837 durch einen Zufall einen geeigneten Entwickler für ſeine
Jodſilberplatten in dem Queckſilber zu finden, deſſen Dämpfe ein durch
Belichtung erzeugtes, aber dem Auge noch gar nicht ſichtbares Bild
zum Vorſchein zu bringen vermögen. Die Jodſilberplatten ſelbſt ſtellte
er her, indem er eine Silberplatte in Joddämpfen räucherte. Als
Fixiermittel griff er auf das oben erwähnte, von Sir John Herſchel
entdeckte unterſchwefligſaure Natron oder auf eine Kochſalzlöſung
zurück. Das weſentliche an Daguerres Erfindung war, daß man
nunmehr in wenigen Minuten Gegenſtände mit Hilfe einer Camera
obscura aufnehmen, und das noch gar nicht oder kaum ſichtbare Bild
entwickeln und nachher fixieren konnte. Im Jahre 1839 kaufte der
franzöſiſche Staat Daguerre und ſeinem Mitarbeiter Iſidore Niepce,
dem Sohne Nicéphore Niepces, ihr Geheimnis für eine lebensläng-
liche Rente von 6000, reſp. 4000 Francs ab.
Für Perſonenaufnahmen dauerte die Expoſitionszeit, d. h. die
Dauer der Aufnahme allerdings noch zu lange, da ein Menſch un-
möglich etwa 5 bis 10 Minuten ſtillhalten kann. Aber ſehr bald wurde
auch dieſe Schwierigkeit überwunden, als Profeſſor Petzval in Wien
eine lichtſtarke Porträtlinſe berechnete, deren Ausführung durch den
Optiker Voigtländer im Jahre 1840 es ermöglichte, Porträts im Ver-
laufe von etwa ½ bis 1 Minute aufzunehmen. Da die hellen Queck-
ſilberdämpfe ſich beſonders an den vom Licht am meiſten getroffenen
und daher urſprünglich etwas geſchwärzten Stellen niederſchlagen, ſo
wird ein poſitives Bild bei einer Daguerreotypie, wie man eine ſolche
Photographie auf Metall nennt, erzeugt, indem an den den hellen Stellen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 981. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/999>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.