man auch in zwei Stunden mehr Schönes und Wichti- ges in Paris sehen. Welch eine liebliche Aussicht für das Wachsthum der angenehmsten und der gemeinnützig- sten Wissenschaften! Dank sei's der Vorsehung, die un- ser Jahrhundert segnet, und mitten in einer wollüstigen Stadt verachtete Werkzeuge aufstellt, welche die Maje- stät Gottes jedem Menschen fühlbar machen! Ich ging von da in die
Acad. R. des Sc. Sie versammelt sich alle Mitt- woch und Sonnabend Nachmittag um 3. Uhr, linker Hand im Vieux Louvre, oben in einem grossen Saal, der mit König Ludwigs 14. Bildnis, mit den Büsten ei- niger Gelehrten, als Cassini's etc. mit etlichen Landkar- ten, einer prächtigen Wanduhr, und mit schwarzen Ta- feln, die an Schnüren hoch und niedrig gehängt werden können, geziert ist. Man kan hinein kommen, wenn ein Mitglied der Akademie den Direktor um Erlaubnis fragt, und dann den Fremden einführt. In der Stube stehen rings herum schmale Tische, grün überzogen, an denen sitzen die Mitglieder. In der Mitte steht ein Tisch für die vorzuzeigenden Sachen. Die unsterblichen Verdienste dieser Akad. sind bekant, ich will indessen hier beschreiben, was ich gesehen und gehört habe. Es ist ein Getümmel darin, wie in einer Judenschule. Die Mitglieder plaudern, lachen, laufen herum, hinaus, der Direkteur hat eine Glocke bei sich, die er braucht, wenn was vorge- lesen werden soll, aber es herrscht doch keine Stille. Ich saß bei Buffon und D'Aubenton und konte doch nicht alles hören. Alle Augenblicke ruft er: Messieurs, ecoutes donc; on n'entend point; Messieurs, voulez vous bien ecouter; o Messieurs, ecoutez
donc;
man auch in zwei Stunden mehr Schoͤnes und Wichti- ges in Paris ſehen. Welch eine liebliche Ausſicht fuͤr das Wachsthum der angenehmſten und der gemeinnuͤtzig- ſten Wiſſenſchaften! Dank ſei’s der Vorſehung, die un- ſer Jahrhundert ſegnet, und mitten in einer wolluͤſtigen Stadt verachtete Werkzeuge aufſtellt, welche die Maje- ſtaͤt Gottes jedem Menſchen fuͤhlbar machen! Ich ging von da in die
Acad. R. des Sc. Sie verſammelt ſich alle Mitt- woch und Sonnabend Nachmittag um 3. Uhr, linker Hand im Vieux Louvre, oben in einem groſſen Saal, der mit Koͤnig Ludwigs 14. Bildnis, mit den Buͤſten ei- niger Gelehrten, als Caſſini’s ꝛc. mit etlichen Landkar- ten, einer praͤchtigen Wanduhr, und mit ſchwarzen Ta- feln, die an Schnuͤren hoch und niedrig gehaͤngt werden koͤnnen, geziert iſt. Man kan hinein kommen, wenn ein Mitglied der Akademie den Direktor um Erlaubnis fragt, und dann den Fremden einfuͤhrt. In der Stube ſtehen rings herum ſchmale Tiſche, gruͤn uͤberzogen, an denen ſitzen die Mitglieder. In der Mitte ſteht ein Tiſch fuͤr die vorzuzeigenden Sachen. Die unſterblichen Verdienſte dieſer Akad. ſind bekant, ich will indeſſen hier beſchreiben, was ich geſehen und gehoͤrt habe. Es iſt ein Getuͤmmel darin, wie in einer Judenſchule. Die Mitglieder plaudern, lachen, laufen herum, hinaus, der Direkteur hat eine Glocke bei ſich, die er braucht, wenn was vorge- leſen werden ſoll, aber es herrſcht doch keine Stille. Ich ſaß bei Buffon und D’Aubenton und konte doch nicht alles hoͤren. Alle Augenblicke ruft er: Meſſieurs, ecoutés donc; on n’entend point; Meſſieurs, voulez vous bien ecouter; o Meſſieurs, ecoutez
donc;
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man auch in zwei Stunden mehr Schoͤnes und Wichti-
ges in Paris ſehen. Welch eine liebliche Ausſicht fuͤr
das Wachsthum der angenehmſten und der gemeinnuͤtzig-
ſten Wiſſenſchaften! Dank ſei’s der Vorſehung, die un-
ſer Jahrhundert ſegnet, und mitten in einer wolluͤſtigen
Stadt verachtete Werkzeuge aufſtellt, welche die Maje-
ſtaͤt Gottes jedem Menſchen fuͤhlbar machen! Ich ging
von da in die
Acad. R. des Sc. Sie verſammelt ſich alle Mitt-
woch und Sonnabend Nachmittag um 3. Uhr, linker Hand
im Vieux Louvre, oben in einem groſſen Saal, der
mit Koͤnig Ludwigs 14. Bildnis, mit den Buͤſten ei-
niger Gelehrten, als Caſſini’s ꝛc. mit etlichen Landkar-
ten, einer praͤchtigen Wanduhr, und mit ſchwarzen Ta-
feln, die an Schnuͤren hoch und niedrig gehaͤngt werden
koͤnnen, geziert iſt. Man kan hinein kommen, wenn
ein Mitglied der Akademie den Direktor um Erlaubnis
fragt, und dann den Fremden einfuͤhrt. In der Stube
ſtehen rings herum ſchmale Tiſche, gruͤn uͤberzogen, an
denen ſitzen die Mitglieder. In der Mitte ſteht ein
Tiſch fuͤr die vorzuzeigenden Sachen. Die unſterblichen
Verdienſte dieſer Akad. ſind bekant, ich will indeſſen hier
beſchreiben, was ich geſehen und gehoͤrt habe. Es iſt ein
Getuͤmmel darin, wie in einer Judenſchule. Die Mitglieder
plaudern, lachen, laufen herum, hinaus, der Direkteur
hat eine Glocke bei ſich, die er braucht, wenn was vorge-
leſen werden ſoll, aber es herrſcht doch keine Stille. Ich
ſaß bei Buffon und D’Aubenton und konte doch nicht
alles hoͤren. Alle Augenblicke ruft er: Meſſieurs,
ecoutés donc; on n’entend point; Meſſieurs,
voulez vous bien ecouter; o Meſſieurs, ecoutez
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/120>, abgerufen am 21.11.2024.
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