Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

gestopften kleinen Hund, der keine Vorderfüsse gehabt
hatte, immer auf dem Sternum gegangen und fortge-
hutscht, ganze Treppen hinauf gekommen war, und doch
7. Jahr so gelebt hatte. Wir sprachen über Bertho-
lon's
elektrische Illuminationen. Er zeigte mir den
Auszug davon in seinen Observ. sur la Physique, T.
VII. 1776. Mr Delor
hatte schon vor vielen Jahren,
als er vor Louis XV. elektrische Versuche machen muste,
gleich das erstemal das Königl. Wappen malen lassen,
und es durch kleine metallne Stäbe ganz im Feuer dar-
gestellt. Hierauf hörte ich die

Teutsche Predigt in der Schwedischen Kapel-
le.
Alles war eben so, wie vor 8. Tagen, nur alles
deutsch. Herr Bär hatte die französische Predigt gele-
sen, die deutsche ward meist aus dem Gedächtnis herge-
sagt. Die deutschen Lieder waren schlecht, und wurden
noch dazu matt und langsam gesungen. Das Evange-
lium ward verlesen, aber doch wieder über die Epistel ge-
predigt, wiewohl des Textes mit keinem Wort erwähnt
ward. Die Predigt handelte von der Liebe zu Gott:
I) Sie hebt allen irdischen Kummer und Verdrus. Von
dem Kummer gab er 3. Quellen an, a) unsre Sünden
mit ihren natürlichen Folgen. Die Liebe zu Gott hebt
die Folgen, indem sie die Ursachen hebt. b) Die über-
triebene Sinnlichkeit; die Liebe zu Gott dämpft das. c)
Die Verhängnisse Gottes auch über die Christen; die Lie-
be zu Gott unterwirft sich ihnen. II) Sie führt uns zur
Quelle der wahren Glückseligkeit, indem sie uns den Ge-
horsam gegen Gott lehrt, und ohne den gibts keinen recht-
schafnen Monarchen. Hier ward sichtbar auf den K. v.
Pr. gestichelt, und der Schwed. König Gustav genannt

und

geſtopften kleinen Hund, der keine Vorderfuͤſſe gehabt
hatte, immer auf dem Sternum gegangen und fortge-
hutſcht, ganze Treppen hinauf gekommen war, und doch
7. Jahr ſo gelebt hatte. Wir ſprachen uͤber Bertho-
lon’s
elektriſche Illuminationen. Er zeigte mir den
Auszug davon in ſeinen Obſerv. ſur la Phyſique, T.
VII. 1776. Mr Delor
hatte ſchon vor vielen Jahren,
als er vor Louis XV. elektriſche Verſuche machen muſte,
gleich das erſtemal das Koͤnigl. Wappen malen laſſen,
und es durch kleine metallne Staͤbe ganz im Feuer dar-
geſtellt. Hierauf hoͤrte ich die

Teutſche Predigt in der Schwediſchen Kapel-
le.
Alles war eben ſo, wie vor 8. Tagen, nur alles
deutſch. Herr Baͤr hatte die franzoͤſiſche Predigt gele-
ſen, die deutſche ward meiſt aus dem Gedaͤchtnis herge-
ſagt. Die deutſchen Lieder waren ſchlecht, und wurden
noch dazu matt und langſam geſungen. Das Evange-
lium ward verleſen, aber doch wieder uͤber die Epiſtel ge-
predigt, wiewohl des Textes mit keinem Wort erwaͤhnt
ward. Die Predigt handelte von der Liebe zu Gott:
I) Sie hebt allen irdiſchen Kummer und Verdrus. Von
dem Kummer gab er 3. Quellen an, a) unſre Suͤnden
mit ihren natuͤrlichen Folgen. Die Liebe zu Gott hebt
die Folgen, indem ſie die Urſachen hebt. b) Die uͤber-
triebene Sinnlichkeit; die Liebe zu Gott daͤmpft das. c)
Die Verhaͤngniſſe Gottes auch uͤber die Chriſten; die Lie-
be zu Gott unterwirft ſich ihnen. II) Sie fuͤhrt uns zur
Quelle der wahren Gluͤckſeligkeit, indem ſie uns den Ge-
horſam gegen Gott lehrt, und ohne den gibts keinen recht-
ſchafnen Monarchen. Hier ward ſichtbar auf den K. v.
Pr. geſtichelt, und der Schwed. Koͤnig Guſtav genannt

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0144" n="120"/>
ge&#x017F;topften kleinen Hund, der keine Vorderfu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e gehabt<lb/>
hatte, immer auf dem <hi rendition="#aq">Sternum</hi> gegangen und fortge-<lb/>
hut&#x017F;cht, ganze Treppen hinauf gekommen war, und doch<lb/>
7. Jahr &#x017F;o gelebt hatte. Wir &#x017F;prachen u&#x0364;ber <hi rendition="#fr">Bertho-<lb/>
lon&#x2019;s</hi> elektri&#x017F;che Illuminationen. Er zeigte mir den<lb/>
Auszug davon in &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Ob&#x017F;erv. &#x017F;ur la Phy&#x017F;ique, T.<lb/>
VII. 1776. Mr <hi rendition="#i">Delor</hi></hi> hatte &#x017F;chon vor vielen Jahren,<lb/>
als er vor <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Louis XV.</hi></hi> elektri&#x017F;che Ver&#x017F;uche machen mu&#x017F;te,<lb/>
gleich das er&#x017F;temal das Ko&#x0364;nigl. Wappen malen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und es durch kleine metallne Sta&#x0364;be ganz im Feuer dar-<lb/>
ge&#x017F;tellt. Hierauf ho&#x0364;rte ich die</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Teut&#x017F;che Predigt</hi> in der <hi rendition="#fr">Schwedi&#x017F;chen Kapel-<lb/>
le.</hi> Alles war eben &#x017F;o, wie vor 8. Tagen, nur alles<lb/>
deut&#x017F;ch. Herr <hi rendition="#fr">Ba&#x0364;r</hi> hatte die franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Predigt gele-<lb/>
&#x017F;en, die deut&#x017F;che ward mei&#x017F;t aus dem Geda&#x0364;chtnis herge-<lb/>
&#x017F;agt. Die deut&#x017F;chen Lieder waren &#x017F;chlecht, und wurden<lb/>
noch dazu matt und lang&#x017F;am ge&#x017F;ungen. Das Evange-<lb/>
lium ward verle&#x017F;en, aber doch wieder u&#x0364;ber die Epi&#x017F;tel ge-<lb/>
predigt, wiewohl des Textes mit keinem Wort erwa&#x0364;hnt<lb/>
ward. Die Predigt handelte von der Liebe zu Gott:<lb/><hi rendition="#aq">I)</hi> Sie hebt allen irdi&#x017F;chen Kummer und Verdrus. Von<lb/>
dem Kummer gab er 3. Quellen an, <hi rendition="#aq">a)</hi> un&#x017F;re Su&#x0364;nden<lb/>
mit ihren natu&#x0364;rlichen Folgen. Die Liebe zu Gott hebt<lb/>
die Folgen, indem &#x017F;ie die Ur&#x017F;achen hebt. <hi rendition="#aq">b)</hi> Die u&#x0364;ber-<lb/>
triebene Sinnlichkeit; die Liebe zu Gott da&#x0364;mpft das. <hi rendition="#aq">c)</hi><lb/>
Die Verha&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;e Gottes auch u&#x0364;ber die Chri&#x017F;ten; die Lie-<lb/>
be zu Gott unterwirft &#x017F;ich ihnen. <hi rendition="#aq">II)</hi> Sie fu&#x0364;hrt uns zur<lb/>
Quelle der wahren Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit, indem &#x017F;ie uns den Ge-<lb/>
hor&#x017F;am gegen Gott lehrt, und ohne den gibts keinen recht-<lb/>
&#x017F;chafnen Monarchen. Hier ward &#x017F;ichtbar auf den K. v.<lb/>
Pr. ge&#x017F;tichelt, und der Schwed. Ko&#x0364;nig <hi rendition="#fr">Gu&#x017F;tav</hi> genannt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0144] geſtopften kleinen Hund, der keine Vorderfuͤſſe gehabt hatte, immer auf dem Sternum gegangen und fortge- hutſcht, ganze Treppen hinauf gekommen war, und doch 7. Jahr ſo gelebt hatte. Wir ſprachen uͤber Bertho- lon’s elektriſche Illuminationen. Er zeigte mir den Auszug davon in ſeinen Obſerv. ſur la Phyſique, T. VII. 1776. Mr Delor hatte ſchon vor vielen Jahren, als er vor Louis XV. elektriſche Verſuche machen muſte, gleich das erſtemal das Koͤnigl. Wappen malen laſſen, und es durch kleine metallne Staͤbe ganz im Feuer dar- geſtellt. Hierauf hoͤrte ich die Teutſche Predigt in der Schwediſchen Kapel- le. Alles war eben ſo, wie vor 8. Tagen, nur alles deutſch. Herr Baͤr hatte die franzoͤſiſche Predigt gele- ſen, die deutſche ward meiſt aus dem Gedaͤchtnis herge- ſagt. Die deutſchen Lieder waren ſchlecht, und wurden noch dazu matt und langſam geſungen. Das Evange- lium ward verleſen, aber doch wieder uͤber die Epiſtel ge- predigt, wiewohl des Textes mit keinem Wort erwaͤhnt ward. Die Predigt handelte von der Liebe zu Gott: I) Sie hebt allen irdiſchen Kummer und Verdrus. Von dem Kummer gab er 3. Quellen an, a) unſre Suͤnden mit ihren natuͤrlichen Folgen. Die Liebe zu Gott hebt die Folgen, indem ſie die Urſachen hebt. b) Die uͤber- triebene Sinnlichkeit; die Liebe zu Gott daͤmpft das. c) Die Verhaͤngniſſe Gottes auch uͤber die Chriſten; die Lie- be zu Gott unterwirft ſich ihnen. II) Sie fuͤhrt uns zur Quelle der wahren Gluͤckſeligkeit, indem ſie uns den Ge- horſam gegen Gott lehrt, und ohne den gibts keinen recht- ſchafnen Monarchen. Hier ward ſichtbar auf den K. v. Pr. geſtichelt, und der Schwed. Koͤnig Guſtav genannt und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/144
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/144>, abgerufen am 21.11.2024.