würde nicht fertig werden, wann ich alles beschreiben woll- te. Man sieht in einer Stunde zu viel, man kans nicht alles sagen. Man findet auch kostbare Büsten von Louis XIII. XIV. XV. und eine vom Herzog-Re- genten, der ein herrliches Gesicht gehabt haben muß. Von Titian, Raphael, Annib. Carracci etc. sind sehr kostbare Stücke da. Die Tische sind alle vom schön- sten Marmor, mit Vasen aus Felscrystall, Achat, Por- zellan etc. geziert. Unter den Gemälden gefielen mir be- sonders: 1) Ein Stück, wo Leoparden, Tyger und Menschen liegen -- die schreckliche Majestät dieser Thiere im Blick, die herrliche Zeichnung der fleckichten Haut, die grosse Lage des Schwanzes, der Tatzen etc. 2) Der Bethlehemitische Knabenmord von Le Brün. Ich kan den Eindruck, den dieses Gemälde auf mich machte, nicht beschreiben. Ich glaube, hätte Herodes dieses Gemälde sehen können; er hätte den Blutbefehl zurückgenommen. 3) Alexanders Tod.*) 4) Ein runder Saal nicht gar gros, aber voll Vergol- dungen und Gemälde. Oben ist eine Gallerie, auf der man im Zimmer herumgehen, und in die Stadt, und in den Garten sehen kan. Darneben ist 5) La Ga- lerie d'Enee. -- Hier hört alle Sprache, alle Be- schreibung auf. Ein langer Saal von 12. Kreutzstöcken, darin 14. grosse Gemälde von Anton Coypel, die gan- ze Geschichte des Aeneas vorstellend, hängen. Das Anlanden des Helden in Afrika, die Verliebtheit der Dido etc. und oben im Deckenstück, so lang es ist, alles
mit
*) Von No. 1. und 3. hat der Verfasser die Maler nicht angegeben. Herausgeber.
wuͤrde nicht fertig werden, wann ich alles beſchreiben woll- te. Man ſieht in einer Stunde zu viel, man kans nicht alles ſagen. Man findet auch koſtbare Buͤſten von Louis XIII. XIV. XV. und eine vom Herzog-Re- genten, der ein herrliches Geſicht gehabt haben muß. Von Titian, Raphael, Annib. Carracci ꝛc. ſind ſehr koſtbare Stuͤcke da. Die Tiſche ſind alle vom ſchoͤn- ſten Marmor, mit Vaſen aus Felscryſtall, Achat, Por- zellan ꝛc. geziert. Unter den Gemaͤlden gefielen mir be- ſonders: 1) Ein Stuͤck, wo Leoparden, Tyger und Menſchen liegen — die ſchreckliche Majeſtaͤt dieſer Thiere im Blick, die herrliche Zeichnung der fleckichten Haut, die groſſe Lage des Schwanzes, der Tatzen ꝛc. 2) Der Bethlehemitiſche Knabenmord von Le Bruͤn. Ich kan den Eindruck, den dieſes Gemaͤlde auf mich machte, nicht beſchreiben. Ich glaube, haͤtte Herodes dieſes Gemaͤlde ſehen koͤnnen; er haͤtte den Blutbefehl zuruͤckgenommen. 3) Alexanders Tod.*) 4) Ein runder Saal nicht gar gros, aber voll Vergol- dungen und Gemaͤlde. Oben iſt eine Gallerie, auf der man im Zimmer herumgehen, und in die Stadt, und in den Garten ſehen kan. Darneben iſt 5) La Ga- lerie d’Enée. — Hier hoͤrt alle Sprache, alle Be- ſchreibung auf. Ein langer Saal von 12. Kreutzſtoͤcken, darin 14. groſſe Gemaͤlde von Anton Coypel, die gan- ze Geſchichte des Aeneas vorſtellend, haͤngen. Das Anlanden des Helden in Afrika, die Verliebtheit der Dido ꝛc. und oben im Deckenſtuͤck, ſo lang es iſt, alles
mit
*) Von No. 1. und 3. hat der Verfaſſer die Maler nicht angegeben. Herausgeber.
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wuͤrde nicht fertig werden, wann ich alles beſchreiben woll-
te. Man ſieht in einer Stunde zu viel, man kans nicht
alles ſagen. Man findet auch koſtbare Buͤſten von
Louis XIII. XIV. XV. und eine vom Herzog-Re-
genten, der ein herrliches Geſicht gehabt haben muß.
Von Titian, Raphael, Annib. Carracci ꝛc. ſind
ſehr koſtbare Stuͤcke da. Die Tiſche ſind alle vom ſchoͤn-
ſten Marmor, mit Vaſen aus Felscryſtall, Achat, Por-
zellan ꝛc. geziert. Unter den Gemaͤlden gefielen mir be-
ſonders: 1) Ein Stuͤck, wo Leoparden, Tyger und
Menſchen liegen — die ſchreckliche Majeſtaͤt dieſer
Thiere im Blick, die herrliche Zeichnung der fleckichten
Haut, die groſſe Lage des Schwanzes, der Tatzen ꝛc.
2) Der Bethlehemitiſche Knabenmord von Le
Bruͤn. Ich kan den Eindruck, den dieſes Gemaͤlde
auf mich machte, nicht beſchreiben. Ich glaube, haͤtte
Herodes dieſes Gemaͤlde ſehen koͤnnen; er haͤtte den
Blutbefehl zuruͤckgenommen. 3) Alexanders Tod. *)
4) Ein runder Saal nicht gar gros, aber voll Vergol-
dungen und Gemaͤlde. Oben iſt eine Gallerie, auf der
man im Zimmer herumgehen, und in die Stadt, und
in den Garten ſehen kan. Darneben iſt 5) La Ga-
lerie d’Enée. — Hier hoͤrt alle Sprache, alle Be-
ſchreibung auf. Ein langer Saal von 12. Kreutzſtoͤcken,
darin 14. groſſe Gemaͤlde von Anton Coypel, die gan-
ze Geſchichte des Aeneas vorſtellend, haͤngen. Das
Anlanden des Helden in Afrika, die Verliebtheit der
Dido ꝛc. und oben im Deckenſtuͤck, ſo lang es iſt, alles
mit
*) Von No. 1. und 3. hat der Verfaſſer die Maler nicht
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/247>, abgerufen am 23.11.2024.
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