8) Es war ein Cynanchum aphyllum da, das Lin. nicht hat. Der Name ist significant. Eine Menge caules lumbriciformes, voll Saft, aber nicht ein Blättchen daran; gegen das Ende waren einige Cau- les gedreht, wie Cirrhi, wurden auch dünner; von Blüthen war jezt nichts zu sehen.
5) Da ich heute so viele Blätter mit Härchen fand, so fiel mir bei: Ob wohl diese feinen Haare auch wohl auf den Pflanzenblättern zur Absonderung gewisser über- flüssiger Feuchtigkeiten dienen solten, so wie im Thierreich? und ob eine Pflanze wohl Schaden leiden würde, wenn man sie alle recht sauber von den Blättern wegrasirte?
Hierauf besuchte ich
Le Cabinet des Squelettes des animaux. Hr. D'Aubenton lies mir jezt auch dieses Kabinet aufma- chen. Wiederum eine herrliche Sammlung, die eine Treppe tiefer, als das Kabinet steht; nur schade, daß der Platz zu eng ist, und alles so verstellt und untereinan- der gesteckt werden muß. Es sind fast von allen vierfüs- sigen Thieren Skelette da; doch fehlen aus der Klasse der Ferarum und Brutorum die meisten. Sie hängen an der Wand, stehen, liegen überall herum, und haben Zettel und Nummern. In eignen Kästen sind noch die Knochen der Vierfüßigen, Callositäten, Monstrositäten etc. Vom Menschen sind beide Geschlechter, Kinder, Zwerge, Bucklichte und Rachitische da. Von den Vö- geln sah ich den Straus, den Adler, den Schwan. Von Fischen waren einige unter einem Glaskasten. Eine Men- ge Köpfe standen noch auf den Schränken. Die Enge, in die das alles gestellt ist, hindert, daß man nicht viele Beobachtungen darüber machen kan. Doch sah ich fol-
gendes:
8) Es war ein Cynanchum aphyllum da, das Lin. nicht hat. Der Name iſt ſignificant. Eine Menge caules lumbriciformes, voll Saft, aber nicht ein Blaͤttchen daran; gegen das Ende waren einige Cau- les gedreht, wie Cirrhi, wurden auch duͤnner; von Bluͤthen war jezt nichts zu ſehen.
5) Da ich heute ſo viele Blaͤtter mit Haͤrchen fand, ſo fiel mir bei: Ob wohl dieſe feinen Haare auch wohl auf den Pflanzenblaͤttern zur Abſonderung gewiſſer uͤber- fluͤſſiger Feuchtigkeiten dienen ſolten, ſo wie im Thierreich? und ob eine Pflanze wohl Schaden leiden wuͤrde, wenn man ſie alle recht ſauber von den Blaͤttern wegraſirte?
Hierauf beſuchte ich
Le Cabinet des Squelettes des animaux. Hr. D’Aubenton lies mir jezt auch dieſes Kabinet aufma- chen. Wiederum eine herrliche Sammlung, die eine Treppe tiefer, als das Kabinet ſteht; nur ſchade, daß der Platz zu eng iſt, und alles ſo verſtellt und untereinan- der geſteckt werden muß. Es ſind faſt von allen vierfuͤſ- ſigen Thieren Skelette da; doch fehlen aus der Klaſſe der Ferarum und Brutorum die meiſten. Sie haͤngen an der Wand, ſtehen, liegen uͤberall herum, und haben Zettel und Nummern. In eignen Kaͤſten ſind noch die Knochen der Vierfuͤßigen, Calloſitaͤten, Monſtroſitaͤten ꝛc. Vom Menſchen ſind beide Geſchlechter, Kinder, Zwerge, Bucklichte und Rachitiſche da. Von den Voͤ- geln ſah ich den Straus, den Adler, den Schwan. Von Fiſchen waren einige unter einem Glaskaſten. Eine Men- ge Koͤpfe ſtanden noch auf den Schraͤnken. Die Enge, in die das alles geſtellt iſt, hindert, daß man nicht viele Beobachtungen daruͤber machen kan. Doch ſah ich fol-
gendes:
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8) Es war ein Cynanchum aphyllum da, das Lin.
nicht hat. Der Name iſt ſignificant. Eine Menge
caules lumbriciformes, voll Saft, aber nicht ein
Blaͤttchen daran; gegen das Ende waren einige Cau-
les gedreht, wie Cirrhi, wurden auch duͤnner; von
Bluͤthen war jezt nichts zu ſehen.
5) Da ich heute ſo viele Blaͤtter mit Haͤrchen fand,
ſo fiel mir bei: Ob wohl dieſe feinen Haare auch wohl
auf den Pflanzenblaͤttern zur Abſonderung gewiſſer uͤber-
fluͤſſiger Feuchtigkeiten dienen ſolten, ſo wie im Thierreich?
und ob eine Pflanze wohl Schaden leiden wuͤrde, wenn
man ſie alle recht ſauber von den Blaͤttern wegraſirte?
Hierauf beſuchte ich
Le Cabinet des Squelettes des animaux. Hr.
D’Aubenton lies mir jezt auch dieſes Kabinet aufma-
chen. Wiederum eine herrliche Sammlung, die eine
Treppe tiefer, als das Kabinet ſteht; nur ſchade, daß
der Platz zu eng iſt, und alles ſo verſtellt und untereinan-
der geſteckt werden muß. Es ſind faſt von allen vierfuͤſ-
ſigen Thieren Skelette da; doch fehlen aus der Klaſſe der
Ferarum und Brutorum die meiſten. Sie haͤngen
an der Wand, ſtehen, liegen uͤberall herum, und haben
Zettel und Nummern. In eignen Kaͤſten ſind noch die
Knochen der Vierfuͤßigen, Calloſitaͤten, Monſtroſitaͤten
ꝛc. Vom Menſchen ſind beide Geſchlechter, Kinder,
Zwerge, Bucklichte und Rachitiſche da. Von den Voͤ-
geln ſah ich den Straus, den Adler, den Schwan. Von
Fiſchen waren einige unter einem Glaskaſten. Eine Men-
ge Koͤpfe ſtanden noch auf den Schraͤnken. Die Enge,
in die das alles geſtellt iſt, hindert, daß man nicht viele
Beobachtungen daruͤber machen kan. Doch ſah ich fol-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/268>, abgerufen am 22.11.2024.
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