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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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neben sich liegen, und besehen die Arbeit beständig damit.
Sie haben immer Migniatur- und Pastellmaler an der
Hand, die ihnen die Gemälde an die Uhren, auf die To-
baksdosen, auf die Armbänder machen müssen. Auch
diese arbeiten mit dem Vergrösserungsglase, malen auf
Elfen- und anderes Bein für 3. 4. Louisd'or die niedlich-
sten Gemälde. Viele junge Leute, die Kopf und Ge-
schick zur Malerei haben, stehen bei so einem feinen
Galanteriearbeiter gleichsam in Diensten, ziehen gleich,
wenn sie seine Bekanntschaft haben, in seine Nachbar-
schaft, erhalten von ihm Kundschaft, -- besonders schickt
er ihnen die Fremden zu, dafür malen sie ihn und seine
Freunde fast umsonst etc. Lumpen sind die meisten Ma-
ler auch hier, wie überall. Der Juwelier, dem die ge-
ringste Arbeit ausschweifend bezahlt wird, schießt zuwei-
len vor, dadurch hat er die Leute im Zwange etc. In den
elendesten Stuben, im 4ten Stock, in den Neben-Gas-
sen, hintenhinaus in Winkeln, die nur ein Fenster haben,
entstehen die Modesachen. Millionen könnten die Künst-
ler verdienen, wenn sie sparen wollten.

Mit den Malereien geht der Luxus auch sehr weit.
Fast alles in Paris läßt sich malen. Auf den Strassen
bieten sich oft Maler an. Mit den Uhren ists eben so.
Viele tragen gar zwei Uhren, auf jeder Seite eine. Re-
petir-Uhren für 30. 40. Louisd'or macht man hier; oft
kostet das bloße Gehäuse 4. Louisd'or. Für die geringste
Emaille, so wie für alle Arbeiten, die durchs Feuer ge-
hen, weil sie gar leicht verunglücken, muß man 3. 4.
Louisd'or bezahlen. Sieht man aber die innern Theile
einer zerlegten Repetir-Uhr, besonders die vom Schlag-
werk, so muß man über die Feinheit, über die Verviel-

fäl-

neben ſich liegen, und beſehen die Arbeit beſtaͤndig damit.
Sie haben immer Migniatur- und Paſtellmaler an der
Hand, die ihnen die Gemaͤlde an die Uhren, auf die To-
baksdoſen, auf die Armbaͤnder machen muͤſſen. Auch
dieſe arbeiten mit dem Vergroͤſſerungsglaſe, malen auf
Elfen- und anderes Bein fuͤr 3. 4. Louisd’or die niedlich-
ſten Gemaͤlde. Viele junge Leute, die Kopf und Ge-
ſchick zur Malerei haben, ſtehen bei ſo einem feinen
Galanteriearbeiter gleichſam in Dienſten, ziehen gleich,
wenn ſie ſeine Bekanntſchaft haben, in ſeine Nachbar-
ſchaft, erhalten von ihm Kundſchaft, — beſonders ſchickt
er ihnen die Fremden zu, dafuͤr malen ſie ihn und ſeine
Freunde faſt umſonſt ꝛc. Lumpen ſind die meiſten Ma-
ler auch hier, wie uͤberall. Der Juwelier, dem die ge-
ringſte Arbeit ausſchweifend bezahlt wird, ſchießt zuwei-
len vor, dadurch hat er die Leute im Zwange ꝛc. In den
elendeſten Stuben, im 4ten Stock, in den Neben-Gaſ-
ſen, hintenhinaus in Winkeln, die nur ein Fenſter haben,
entſtehen die Modeſachen. Millionen koͤnnten die Kuͤnſt-
ler verdienen, wenn ſie ſparen wollten.

Mit den Malereien geht der Luxus auch ſehr weit.
Faſt alles in Paris laͤßt ſich malen. Auf den Straſſen
bieten ſich oft Maler an. Mit den Uhren iſts eben ſo.
Viele tragen gar zwei Uhren, auf jeder Seite eine. Re-
petir-Uhren fuͤr 30. 40. Louisd’or macht man hier; oft
koſtet das bloße Gehaͤuſe 4. Louisd’or. Fuͤr die geringſte
Emaille, ſo wie fuͤr alle Arbeiten, die durchs Feuer ge-
hen, weil ſie gar leicht verungluͤcken, muß man 3. 4.
Louisd’or bezahlen. Sieht man aber die innern Theile
einer zerlegten Repetir-Uhr, beſonders die vom Schlag-
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faͤl-
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[280/0304] neben ſich liegen, und beſehen die Arbeit beſtaͤndig damit. Sie haben immer Migniatur- und Paſtellmaler an der Hand, die ihnen die Gemaͤlde an die Uhren, auf die To- baksdoſen, auf die Armbaͤnder machen muͤſſen. Auch dieſe arbeiten mit dem Vergroͤſſerungsglaſe, malen auf Elfen- und anderes Bein fuͤr 3. 4. Louisd’or die niedlich- ſten Gemaͤlde. Viele junge Leute, die Kopf und Ge- ſchick zur Malerei haben, ſtehen bei ſo einem feinen Galanteriearbeiter gleichſam in Dienſten, ziehen gleich, wenn ſie ſeine Bekanntſchaft haben, in ſeine Nachbar- ſchaft, erhalten von ihm Kundſchaft, — beſonders ſchickt er ihnen die Fremden zu, dafuͤr malen ſie ihn und ſeine Freunde faſt umſonſt ꝛc. Lumpen ſind die meiſten Ma- ler auch hier, wie uͤberall. Der Juwelier, dem die ge- ringſte Arbeit ausſchweifend bezahlt wird, ſchießt zuwei- len vor, dadurch hat er die Leute im Zwange ꝛc. In den elendeſten Stuben, im 4ten Stock, in den Neben-Gaſ- ſen, hintenhinaus in Winkeln, die nur ein Fenſter haben, entſtehen die Modeſachen. Millionen koͤnnten die Kuͤnſt- ler verdienen, wenn ſie ſparen wollten. Mit den Malereien geht der Luxus auch ſehr weit. Faſt alles in Paris laͤßt ſich malen. Auf den Straſſen bieten ſich oft Maler an. Mit den Uhren iſts eben ſo. Viele tragen gar zwei Uhren, auf jeder Seite eine. Re- petir-Uhren fuͤr 30. 40. Louisd’or macht man hier; oft koſtet das bloße Gehaͤuſe 4. Louisd’or. Fuͤr die geringſte Emaille, ſo wie fuͤr alle Arbeiten, die durchs Feuer ge- hen, weil ſie gar leicht verungluͤcken, muß man 3. 4. Louisd’or bezahlen. Sieht man aber die innern Theile einer zerlegten Repetir-Uhr, beſonders die vom Schlag- werk, ſo muß man uͤber die Feinheit, uͤber die Verviel- faͤl-

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/304>, abgerufen am 02.06.2024.