setztes, verwickeltes Werk. Oben hängen eine Menge dünner gemahlter Breter, man sieht Säulen, Stangen, so viele Stricke, wie an grossen Schiffen. Zu beiden Seiten sind hohe Treppen, kleine Leitern mit Lichtern, Haspeln, Räderwerk, Rollen, Züge etc. kurz, wenn man das sieht, kan man den Zauber der Oper bald be- greifen. Dieser Platz ist nie herrlicher gewesen, als vor 6. oder 8. Wochen, da man dem Kaiser zu Ehren die Oper Castor et Pollux spielte. Jeder, ders gesehen hat, war davon bezaubert. Ich sah noch Reste von den dazu ganz neu verfertigten Dekorationen. Man findet weitläuftige Beschreibungen dieses Opernsaals in dem Al- manac de Versailles.
Les Appartemens du Roi. Um 5. Uhr ging der König mit dem Comte und der Comt. d'Artois wieder in die Kapelle aux Vepres. Ich sah ihn wie- der in der großen Gallerie, und konnte das blaue Band und den heil. Geistorden nun noch besser beschauen. Kaum war er weg, so drang die ganze Menge in seine Zimmer, und besah seine Meublen. Die Schweizer zeigten alles, nur das nicht, was ich am liebsten gesehen hätte, -- die Bibliothek. -- Ich sah sein Schlafgemach, Audienz- zimmer, das Kabinet, wo er eben Briefe geschrieben hatte, seine prächtige Pendulen, die besonders für ihn ge- machten wahrhaftig Königl. Vasen aus Porzellan von Seve, die Bronzen, die Spiegel etc. Man kann die Delikatesse, die Majestät, den Geschmack, den Aufwand, womit alles eingerichtet ist, nicht genug beschreiben. Es sind simple Betten von grüner Seide da mit einem Him- mel, ganz französisch, dünn, leicht, ohne Küssen mit Wülsten, und wieder andre, so reich, so schwer mit Gold
besetzt
U 4
ſetztes, verwickeltes Werk. Oben haͤngen eine Menge duͤnner gemahlter Breter, man ſieht Saͤulen, Stangen, ſo viele Stricke, wie an groſſen Schiffen. Zu beiden Seiten ſind hohe Treppen, kleine Leitern mit Lichtern, Haſpeln, Raͤderwerk, Rollen, Zuͤge ꝛc. kurz, wenn man das ſieht, kan man den Zauber der Oper bald be- greifen. Dieſer Platz iſt nie herrlicher geweſen, als vor 6. oder 8. Wochen, da man dem Kaiſer zu Ehren die Oper Caſtor et Pollux ſpielte. Jeder, ders geſehen hat, war davon bezaubert. Ich ſah noch Reſte von den dazu ganz neu verfertigten Dekorationen. Man findet weitlaͤuftige Beſchreibungen dieſes Opernſaals in dem Al- manac de Verſailles.
Les Appartemens du Roi. Um 5. Uhr ging der Koͤnig mit dem Comte und der Comt. d’Artois wieder in die Kapelle aux Vêpres. Ich ſah ihn wie- der in der großen Gallerie, und konnte das blaue Band und den heil. Geiſtorden nun noch beſſer beſchauen. Kaum war er weg, ſo drang die ganze Menge in ſeine Zimmer, und beſah ſeine Meublen. Die Schweizer zeigten alles, nur das nicht, was ich am liebſten geſehen haͤtte, — die Bibliothek. — Ich ſah ſein Schlafgemach, Audienz- zimmer, das Kabinet, wo er eben Briefe geſchrieben hatte, ſeine praͤchtige Pendulen, die beſonders fuͤr ihn ge- machten wahrhaftig Koͤnigl. Vaſen aus Porzellan von Seve, die Bronzen, die Spiegel ꝛc. Man kann die Delikateſſe, die Majeſtaͤt, den Geſchmack, den Aufwand, womit alles eingerichtet iſt, nicht genug beſchreiben. Es ſind ſimple Betten von gruͤner Seide da mit einem Him- mel, ganz franzoͤſiſch, duͤnn, leicht, ohne Kuͤſſen mit Wuͤlſten, und wieder andre, ſo reich, ſo ſchwer mit Gold
beſetzt
U 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0335"n="311"/>ſetztes, verwickeltes Werk. Oben haͤngen eine Menge<lb/>
duͤnner gemahlter Breter, man ſieht Saͤulen, Stangen,<lb/>ſo viele Stricke, wie an groſſen Schiffen. Zu beiden<lb/>
Seiten ſind hohe Treppen, kleine Leitern mit Lichtern,<lb/>
Haſpeln, Raͤderwerk, Rollen, Zuͤge ꝛc. kurz, wenn<lb/>
man das ſieht, kan man den Zauber der Oper bald be-<lb/>
greifen. Dieſer Platz iſt nie herrlicher geweſen, als vor<lb/>
6. oder 8. Wochen, da man dem Kaiſer zu Ehren die<lb/>
Oper <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Caſtor</hi> et <hirendition="#i">Pollux</hi></hi>ſpielte. Jeder, ders geſehen<lb/>
hat, war davon bezaubert. Ich ſah noch Reſte von den<lb/>
dazu ganz neu verfertigten Dekorationen. Man findet<lb/>
weitlaͤuftige Beſchreibungen dieſes Opernſaals in dem <hirendition="#aq">Al-<lb/>
manac de <hirendition="#i">Verſailles</hi>.</hi></p><lb/><p><hirendition="#aq">Les Appartemens du Roi.</hi> Um 5. Uhr ging<lb/>
der Koͤnig mit dem <hirendition="#aq">Comte</hi> und der <hirendition="#aq">Comt. <hirendition="#i">d’Artois</hi></hi><lb/>
wieder in die Kapelle <hirendition="#aq">aux Vêpres.</hi> Ich ſah ihn wie-<lb/>
der in der großen Gallerie, und konnte das blaue Band<lb/>
und den heil. Geiſtorden nun noch beſſer beſchauen. Kaum<lb/>
war er weg, ſo drang die ganze Menge in ſeine Zimmer,<lb/>
und beſah ſeine Meublen. Die Schweizer zeigten alles,<lb/>
nur das nicht, was ich am liebſten geſehen haͤtte, — die<lb/>
Bibliothek. — Ich ſah ſein Schlafgemach, Audienz-<lb/>
zimmer, das Kabinet, wo er eben Briefe geſchrieben<lb/>
hatte, ſeine praͤchtige Pendulen, die beſonders fuͤr ihn ge-<lb/>
machten wahrhaftig Koͤnigl. Vaſen aus Porzellan von<lb/><hirendition="#fr">Seve,</hi> die Bronzen, die Spiegel ꝛc. Man kann die<lb/>
Delikateſſe, die Majeſtaͤt, den Geſchmack, den Aufwand,<lb/>
womit alles eingerichtet iſt, nicht genug beſchreiben. Es<lb/>ſind ſimple Betten von gruͤner Seide da mit einem Him-<lb/>
mel, ganz franzoͤſiſch, duͤnn, leicht, ohne Kuͤſſen mit<lb/>
Wuͤlſten, und wieder andre, ſo reich, ſo ſchwer mit Gold<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">beſetzt</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[311/0335]
ſetztes, verwickeltes Werk. Oben haͤngen eine Menge
duͤnner gemahlter Breter, man ſieht Saͤulen, Stangen,
ſo viele Stricke, wie an groſſen Schiffen. Zu beiden
Seiten ſind hohe Treppen, kleine Leitern mit Lichtern,
Haſpeln, Raͤderwerk, Rollen, Zuͤge ꝛc. kurz, wenn
man das ſieht, kan man den Zauber der Oper bald be-
greifen. Dieſer Platz iſt nie herrlicher geweſen, als vor
6. oder 8. Wochen, da man dem Kaiſer zu Ehren die
Oper Caſtor et Pollux ſpielte. Jeder, ders geſehen
hat, war davon bezaubert. Ich ſah noch Reſte von den
dazu ganz neu verfertigten Dekorationen. Man findet
weitlaͤuftige Beſchreibungen dieſes Opernſaals in dem Al-
manac de Verſailles.
Les Appartemens du Roi. Um 5. Uhr ging
der Koͤnig mit dem Comte und der Comt. d’Artois
wieder in die Kapelle aux Vêpres. Ich ſah ihn wie-
der in der großen Gallerie, und konnte das blaue Band
und den heil. Geiſtorden nun noch beſſer beſchauen. Kaum
war er weg, ſo drang die ganze Menge in ſeine Zimmer,
und beſah ſeine Meublen. Die Schweizer zeigten alles,
nur das nicht, was ich am liebſten geſehen haͤtte, — die
Bibliothek. — Ich ſah ſein Schlafgemach, Audienz-
zimmer, das Kabinet, wo er eben Briefe geſchrieben
hatte, ſeine praͤchtige Pendulen, die beſonders fuͤr ihn ge-
machten wahrhaftig Koͤnigl. Vaſen aus Porzellan von
Seve, die Bronzen, die Spiegel ꝛc. Man kann die
Delikateſſe, die Majeſtaͤt, den Geſchmack, den Aufwand,
womit alles eingerichtet iſt, nicht genug beſchreiben. Es
ſind ſimple Betten von gruͤner Seide da mit einem Him-
mel, ganz franzoͤſiſch, duͤnn, leicht, ohne Kuͤſſen mit
Wuͤlſten, und wieder andre, ſo reich, ſo ſchwer mit Gold
beſetzt
U 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/335>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.