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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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in Staub zerfallen sind. Es scheint, die Kirche sei hin-
ter der Grille fast eben so lang, als vor derselben. Da
ist noch ein erstaunlicher Platz, voll der grösten Merkwür-
digkeiten, die man alle genau untersuchen müste. Da
liegt die lange Reihe der französischen Könige vom Klo-
dowich
an -- einige fehlen, z. B. Karl der Grosse,
den ich einige Monathe nachher in Aachen fand, -- bis
Ludwig XV. Das ganze Chor der Kirche mit allen
Flügel- und Nebengebäuden ist damit angefüllt. Bei
den meisten liegen ihre Gemahlinnen und Kinder. Man
zeigte die steinerne Platte, wo der Eingang zur Königl.
Gruft ist, und zu der man 12. Stufen hinunter steigt.
Man hatte sonst die Gewohnheit, daß man die Könige
entweder in Königl. Kleidung, oder sonst in einer langen,
faltigen Draperie in Stein aushaute, und dieses Bild
über die Stelle, wo sie begraben sind, legte. Diese Bil-
der sind es eben, die man hier sieht. Man könnte sie
besser betrachten, wenn sie aufrecht stünden. Weil sie
aber alle so lang gestreckt da liegen, tod, blas, stille, oh-
ne Handlung, in keiner redenden Stellung, meist mit ge-
faltenen Händen; so siehts so fürchterlich, so schauerlich
aus. Wo man hinblickt, sind alle Ecken mit einer oder
mehrern Familien angefüllt. Das Valesische Haus
liegt ganz beisammen. Es wandelt den Zuschauer ein
heiliges Grausen an, wenn er so das nur von seinem
Reiche angefüllte Feld des Todes, und in jeder Ecke ein
oder mehrere Familien, die schon lange vom Schauplatze
dieser Welt abgetreten sind, erblickt. Ich glaube, es
ist unmöglich, ein ganzes ausgestorbenes königliches Haus,
die gestürzte irdische Größe und das Nichts der Welt oh-
ne Empfindung vor sich zu sehen. Karl der Kahle
liegt allein in der Mitte des Chors, und hat, weil er

auch
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in Staub zerfallen ſind. Es ſcheint, die Kirche ſei hin-
ter der Grille faſt eben ſo lang, als vor derſelben. Da
iſt noch ein erſtaunlicher Platz, voll der groͤſten Merkwuͤr-
digkeiten, die man alle genau unterſuchen muͤſte. Da
liegt die lange Reihe der franzoͤſiſchen Koͤnige vom Klo-
dowich
an — einige fehlen, z. B. Karl der Groſſe,
den ich einige Monathe nachher in Aachen fand, — bis
Ludwig XV. Das ganze Chor der Kirche mit allen
Fluͤgel- und Nebengebaͤuden iſt damit angefuͤllt. Bei
den meiſten liegen ihre Gemahlinnen und Kinder. Man
zeigte die ſteinerne Platte, wo der Eingang zur Koͤnigl.
Gruft iſt, und zu der man 12. Stufen hinunter ſteigt.
Man hatte ſonſt die Gewohnheit, daß man die Koͤnige
entweder in Koͤnigl. Kleidung, oder ſonſt in einer langen,
faltigen Draperie in Stein aushaute, und dieſes Bild
uͤber die Stelle, wo ſie begraben ſind, legte. Dieſe Bil-
der ſind es eben, die man hier ſieht. Man koͤnnte ſie
beſſer betrachten, wenn ſie aufrecht ſtuͤnden. Weil ſie
aber alle ſo lang geſtreckt da liegen, tod, blas, ſtille, oh-
ne Handlung, in keiner redenden Stellung, meiſt mit ge-
faltenen Haͤnden; ſo ſiehts ſo fuͤrchterlich, ſo ſchauerlich
aus. Wo man hinblickt, ſind alle Ecken mit einer oder
mehrern Familien angefuͤllt. Das Valeſiſche Haus
liegt ganz beiſammen. Es wandelt den Zuſchauer ein
heiliges Grauſen an, wenn er ſo das nur von ſeinem
Reiche angefuͤllte Feld des Todes, und in jeder Ecke ein
oder mehrere Familien, die ſchon lange vom Schauplatze
dieſer Welt abgetreten ſind, erblickt. Ich glaube, es
iſt unmoͤglich, ein ganzes ausgeſtorbenes koͤnigliches Haus,
die geſtuͤrzte irdiſche Groͤße und das Nichts der Welt oh-
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[343/0367] in Staub zerfallen ſind. Es ſcheint, die Kirche ſei hin- ter der Grille faſt eben ſo lang, als vor derſelben. Da iſt noch ein erſtaunlicher Platz, voll der groͤſten Merkwuͤr- digkeiten, die man alle genau unterſuchen muͤſte. Da liegt die lange Reihe der franzoͤſiſchen Koͤnige vom Klo- dowich an — einige fehlen, z. B. Karl der Groſſe, den ich einige Monathe nachher in Aachen fand, — bis Ludwig XV. Das ganze Chor der Kirche mit allen Fluͤgel- und Nebengebaͤuden iſt damit angefuͤllt. Bei den meiſten liegen ihre Gemahlinnen und Kinder. Man zeigte die ſteinerne Platte, wo der Eingang zur Koͤnigl. Gruft iſt, und zu der man 12. Stufen hinunter ſteigt. Man hatte ſonſt die Gewohnheit, daß man die Koͤnige entweder in Koͤnigl. Kleidung, oder ſonſt in einer langen, faltigen Draperie in Stein aushaute, und dieſes Bild uͤber die Stelle, wo ſie begraben ſind, legte. Dieſe Bil- der ſind es eben, die man hier ſieht. Man koͤnnte ſie beſſer betrachten, wenn ſie aufrecht ſtuͤnden. Weil ſie aber alle ſo lang geſtreckt da liegen, tod, blas, ſtille, oh- ne Handlung, in keiner redenden Stellung, meiſt mit ge- faltenen Haͤnden; ſo ſiehts ſo fuͤrchterlich, ſo ſchauerlich aus. Wo man hinblickt, ſind alle Ecken mit einer oder mehrern Familien angefuͤllt. Das Valeſiſche Haus liegt ganz beiſammen. Es wandelt den Zuſchauer ein heiliges Grauſen an, wenn er ſo das nur von ſeinem Reiche angefuͤllte Feld des Todes, und in jeder Ecke ein oder mehrere Familien, die ſchon lange vom Schauplatze dieſer Welt abgetreten ſind, erblickt. Ich glaube, es iſt unmoͤglich, ein ganzes ausgeſtorbenes koͤnigliches Haus, die geſtuͤrzte irdiſche Groͤße und das Nichts der Welt oh- ne Empfindung vor ſich zu ſehen. Karl der Kahle liegt allein in der Mitte des Chors, und hat, weil er auch Y 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/367>, abgerufen am 24.11.2024.