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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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tzen da oben in einem rothen tuchenen Kleide mit Lilien
gestickt, mit schlechten Kronen auf dem Kopfe und Sceptern
in den Händen. So ehrwürdig diese Reihe königlicher
Todten gebildet ist; so hätt' ich doch die Scepter und
Kronen lieber weggewünscht. Es sind in 4. Schränken,
Karl VIII. und Ludwig XII. Franz I. und Heinrich
II. Karl IX. -- (den mocht' ich gar nicht ansehen, den
Protestantenmörder,) und Heinrich III. endlich Hein-
rich
IV. und Ludwig XIII. Franz I. sieht lieblich
aus; die beiden Heinriche haben nichts besonders; das
schönste Gesicht hat immer Heinrich IV. Wer im
Palais Royal des Rubens Gemälde von ihm gesehen
hat, kennt ihn hier den Augenblick. Dieser König muß
im Alter, im Tod, nach so vielen Strapatzen, ausgesehen
haben, wie in der ersten Kindheit. Aber ich weis nicht,
warum ich immer mit einer gewißen Ruhe und Zufrieden-
heit, worin sich Mitleiden und Bedaurung mischte, auf
dem edeln, freien, ofnen Gesichte dieses wahrhaftig guten
und auch in seinen Schwachheiten liebenswürdigen Mo-
narchen verweilte. Wir verließen endlich nach vielen Unter-
redungen und Fragen, diesen wahrhaftig Königl. Schatz,
und ein enger Ausschuß aus der Menge, eine ansehnliche,
aber doch nicht zu starke Gesellschaft erhielt die Erlaubnis

Les Tombeaux des Rois avec les Mausolees
zu besuchen, und da wir eben Kron und Scepter bewun-
dert und angestaunt hatten, nun auch den Ort zu sehen,
wo die Majestät der Menschheit weicht, wo der goldene
Reif mit Purpur gefüttert und mit Edelsteinen besetzt,
nichts mehr gilt; wo große Entwürfe, Thaten, Laster
und Sünden begraben worden, wo Regenten aus Reihen
von Jahrhunderten ruhig neben einander liegen, längst

in

tzen da oben in einem rothen tuchenen Kleide mit Lilien
geſtickt, mit ſchlechten Kronen auf dem Kopfe und Sceptern
in den Haͤnden. So ehrwuͤrdig dieſe Reihe koͤniglicher
Todten gebildet iſt; ſo haͤtt’ ich doch die Scepter und
Kronen lieber weggewuͤnſcht. Es ſind in 4. Schraͤnken,
Karl VIII. und Ludwig XII. Franz I. und Heinrich
II. Karl IX. — (den mocht’ ich gar nicht anſehen, den
Proteſtantenmoͤrder,) und Heinrich III. endlich Hein-
rich
IV. und Ludwig XIII. Franz I. ſieht lieblich
aus; die beiden Heinriche haben nichts beſonders; das
ſchoͤnſte Geſicht hat immer Heinrich IV. Wer im
Palais Royal des Rubens Gemaͤlde von ihm geſehen
hat, kennt ihn hier den Augenblick. Dieſer Koͤnig muß
im Alter, im Tod, nach ſo vielen Strapatzen, ausgeſehen
haben, wie in der erſten Kindheit. Aber ich weis nicht,
warum ich immer mit einer gewißen Ruhe und Zufrieden-
heit, worin ſich Mitleiden und Bedaurung miſchte, auf
dem edeln, freien, ofnen Geſichte dieſes wahrhaftig guten
und auch in ſeinen Schwachheiten liebenswuͤrdigen Mo-
narchen verweilte. Wir verließen endlich nach vielen Unter-
redungen und Fragen, dieſen wahrhaftig Koͤnigl. Schatz,
und ein enger Ausſchuß aus der Menge, eine anſehnliche,
aber doch nicht zu ſtarke Geſellſchaft erhielt die Erlaubnis

Les Tombeaux des Rois avec les Mauſoleés
zu beſuchen, und da wir eben Kron und Scepter bewun-
dert und angeſtaunt hatten, nun auch den Ort zu ſehen,
wo die Majeſtaͤt der Menſchheit weicht, wo der goldene
Reif mit Purpur gefuͤttert und mit Edelſteinen beſetzt,
nichts mehr gilt; wo große Entwuͤrfe, Thaten, Laſter
und Suͤnden begraben worden, wo Regenten aus Reihen
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[342/0366] tzen da oben in einem rothen tuchenen Kleide mit Lilien geſtickt, mit ſchlechten Kronen auf dem Kopfe und Sceptern in den Haͤnden. So ehrwuͤrdig dieſe Reihe koͤniglicher Todten gebildet iſt; ſo haͤtt’ ich doch die Scepter und Kronen lieber weggewuͤnſcht. Es ſind in 4. Schraͤnken, Karl VIII. und Ludwig XII. Franz I. und Heinrich II. Karl IX. — (den mocht’ ich gar nicht anſehen, den Proteſtantenmoͤrder,) und Heinrich III. endlich Hein- rich IV. und Ludwig XIII. Franz I. ſieht lieblich aus; die beiden Heinriche haben nichts beſonders; das ſchoͤnſte Geſicht hat immer Heinrich IV. Wer im Palais Royal des Rubens Gemaͤlde von ihm geſehen hat, kennt ihn hier den Augenblick. Dieſer Koͤnig muß im Alter, im Tod, nach ſo vielen Strapatzen, ausgeſehen haben, wie in der erſten Kindheit. Aber ich weis nicht, warum ich immer mit einer gewißen Ruhe und Zufrieden- heit, worin ſich Mitleiden und Bedaurung miſchte, auf dem edeln, freien, ofnen Geſichte dieſes wahrhaftig guten und auch in ſeinen Schwachheiten liebenswuͤrdigen Mo- narchen verweilte. Wir verließen endlich nach vielen Unter- redungen und Fragen, dieſen wahrhaftig Koͤnigl. Schatz, und ein enger Ausſchuß aus der Menge, eine anſehnliche, aber doch nicht zu ſtarke Geſellſchaft erhielt die Erlaubnis Les Tombeaux des Rois avec les Mauſoleés zu beſuchen, und da wir eben Kron und Scepter bewun- dert und angeſtaunt hatten, nun auch den Ort zu ſehen, wo die Majeſtaͤt der Menſchheit weicht, wo der goldene Reif mit Purpur gefuͤttert und mit Edelſteinen beſetzt, nichts mehr gilt; wo große Entwuͤrfe, Thaten, Laſter und Suͤnden begraben worden, wo Regenten aus Reihen von Jahrhunderten ruhig neben einander liegen, laͤngſt in

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/366>, abgerufen am 24.11.2024.