nen Hand den Sargdeckel auf. Der Marschal hält in der Rechten den Marschalsstab hinter sich, die andre streckt er aus. Der Künstler hat sogar die Wellen, die das Cordon bleu wirft, ausgedruckt. Indem der Held mit heitrer Miene in den Sarg treten will, liegt Frankreich als eine Göttin vorgestellt, zu seinen Füssen, faßt ihn bei der Hand und hält ihn mit flehendem Blick zurück. Zu ihrer Linken steht der Genius Frankreichs, der zu wei- nen scheint, und des Todes Fackel umkehrt. Aber der hat ein Kasket auf dem Kopf! Auf eben dieser Seite liegen zerrissene Fahnen, Standarten, und über ihnen stehen Frankreichs Fahnen mit den Lilien. Auf der linken Seite des Marschals sinkt der Reichsadler zu Bo- den, auch Leoparden und Löwen, -- Sinnbilder Engel- lands und Hollands, -- liegen wie niedergeworfen da. Dies hat der Stolz der Nation angebracht, die Kunst aber hat dabei das Ihrige gethan. Das falticht und wellenwerfend über den Sarg herabhängende Tuch ist die größte Nachahmung der Natur. Aber das Meisterstück ist Herkules, der dem Tod gegenüber steht, mit dem rechten Arme in die linke Hand gestützt, die linke auf der Keule ruhen läßt, die rechte bedeckt halb die Stirne. Alles was stillen Schmerz, was bittern Gram über die Sterblichkeit des Helden ausdrucken kan, das alles hat Pi- galle's herrlicher Meissel da angebracht. Falsch ists, daß er weinerlich, heulend vorgestellt sei, wie Schlosser sagt. Auch ist der Tadel an der Lage des Sargdeckels, meines Erachtens, überflüssig. An der Seite des Monuments geht man durch eine krumme steinerne Treppe in ein klei- nes prächtiges Gewölbe hinab, das die ganze Last trägt. In der Mitte steht ein steinerner Sarg aus Einem Stück, in welchen die Asche des Mannes gebracht werden soll,
die
nen Hand den Sargdeckel auf. Der Marſchal haͤlt in der Rechten den Marſchalsſtab hinter ſich, die andre ſtreckt er aus. Der Kuͤnſtler hat ſogar die Wellen, die das Cordon bleu wirft, ausgedruckt. Indem der Held mit heitrer Miene in den Sarg treten will, liegt Frankreich als eine Goͤttin vorgeſtellt, zu ſeinen Fuͤſſen, faßt ihn bei der Hand und haͤlt ihn mit flehendem Blick zuruͤck. Zu ihrer Linken ſteht der Genius Frankreichs, der zu wei- nen ſcheint, und des Todes Fackel umkehrt. Aber der hat ein Kasket auf dem Kopf! Auf eben dieſer Seite liegen zerriſſene Fahnen, Standarten, und uͤber ihnen ſtehen Frankreichs Fahnen mit den Lilien. Auf der linken Seite des Marſchals ſinkt der Reichsadler zu Bo- den, auch Leoparden und Loͤwen, — Sinnbilder Engel- lands und Hollands, — liegen wie niedergeworfen da. Dies hat der Stolz der Nation angebracht, die Kunſt aber hat dabei das Ihrige gethan. Das falticht und wellenwerfend uͤber den Sarg herabhaͤngende Tuch iſt die groͤßte Nachahmung der Natur. Aber das Meiſterſtuͤck iſt Herkules, der dem Tod gegenuͤber ſteht, mit dem rechten Arme in die linke Hand geſtuͤtzt, die linke auf der Keule ruhen laͤßt, die rechte bedeckt halb die Stirne. Alles was ſtillen Schmerz, was bittern Gram uͤber die Sterblichkeit des Helden ausdrucken kan, das alles hat Pi- galle’s herrlicher Meiſſel da angebracht. Falſch iſts, daß er weinerlich, heulend vorgeſtellt ſei, wie Schloſſer ſagt. Auch iſt der Tadel an der Lage des Sargdeckels, meines Erachtens, uͤberfluͤſſig. An der Seite des Monuments geht man durch eine krumme ſteinerne Treppe in ein klei- nes praͤchtiges Gewoͤlbe hinab, das die ganze Laſt traͤgt. In der Mitte ſteht ein ſteinerner Sarg aus Einem Stuͤck, in welchen die Aſche des Mannes gebracht werden ſoll,
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nen Hand den Sargdeckel auf. Der Marſchal haͤlt in
der Rechten den Marſchalsſtab hinter ſich, die andre
ſtreckt er aus. Der Kuͤnſtler hat ſogar die Wellen, die das
Cordon bleu wirft, ausgedruckt. Indem der Held mit
heitrer Miene in den Sarg treten will, liegt Frankreich
als eine Goͤttin vorgeſtellt, zu ſeinen Fuͤſſen, faßt ihn
bei der Hand und haͤlt ihn mit flehendem Blick zuruͤck.
Zu ihrer Linken ſteht der Genius Frankreichs, der zu wei-
nen ſcheint, und des Todes Fackel umkehrt. Aber der
hat ein Kasket auf dem Kopf! Auf eben dieſer Seite
liegen zerriſſene Fahnen, Standarten, und uͤber ihnen
ſtehen Frankreichs Fahnen mit den Lilien. Auf der
linken Seite des Marſchals ſinkt der Reichsadler zu Bo-
den, auch Leoparden und Loͤwen, — Sinnbilder Engel-
lands und Hollands, — liegen wie niedergeworfen da.
Dies hat der Stolz der Nation angebracht, die Kunſt
aber hat dabei das Ihrige gethan. Das falticht und
wellenwerfend uͤber den Sarg herabhaͤngende Tuch iſt die
groͤßte Nachahmung der Natur. Aber das Meiſterſtuͤck
iſt Herkules, der dem Tod gegenuͤber ſteht, mit dem
rechten Arme in die linke Hand geſtuͤtzt, die linke auf der
Keule ruhen laͤßt, die rechte bedeckt halb die Stirne.
Alles was ſtillen Schmerz, was bittern Gram uͤber die
Sterblichkeit des Helden ausdrucken kan, das alles hat Pi-
galle’s herrlicher Meiſſel da angebracht. Falſch iſts, daß
er weinerlich, heulend vorgeſtellt ſei, wie Schloſſer ſagt.
Auch iſt der Tadel an der Lage des Sargdeckels, meines
Erachtens, uͤberfluͤſſig. An der Seite des Monuments
geht man durch eine krumme ſteinerne Treppe in ein klei-
nes praͤchtiges Gewoͤlbe hinab, das die ganze Laſt traͤgt.
In der Mitte ſteht ein ſteinerner Sarg aus Einem Stuͤck,
in welchen die Aſche des Mannes gebracht werden ſoll,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/38>, abgerufen am 21.11.2024.
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