trat ich diese Reise von neuem an, ging nach Stras- burg, und nahm nun in Augenschein, was mir von Merkwürdigkeiten zu besehen, das Erstemahl zurückge- blieben war. Dahin rechne ich;
Das Monument des Grafen und Marschals von Sachsen in der Thomaskirche. Im Chor dieser an sich schon wegen ihrer grossen Weite sehr sehenswürdigen Kirche steht seit einem Jahr dies Werk, das der Nation, der Stadt, dem Erfinder und noch mehr dem Verfertiger, Hrn. Pigalle Ehre macht *). Ein Werk, das mit dem Transport 300000. Liver gekostet hat, und das aus ungeheuren Steinmassen, wiewohl man's ihm nicht ansieht, zusammengesetzt ist. Es ist breit, hoch, und macht gleich beim ersten Anblick ei- nen tiefen Eindruck. Der Kenner bewundert's, und der Laie verweilt gern dabei, und wird durch den Anblick der vielen affektvollen Vorstellungen warm. Es ist aus schwarzem und weissem Marmor zusammengesetzt. In den Kupferstichen die man davon hat, ist der Marschal zu klein vorgestellt; von weitem ist ers auch. Alle andre Figuren sind kolossalisch, er aber ist in nur Lebens- grösse. Er steht oben, ernsthaft, lieblich, und steigt auf einer Stufe herab. Die Bildsäulen sind alle weis, der Sarg, der Deckel, und die obre und untre Wand aber alle schwarz. Der Held will in den Sarg steigen, der Tod steht zur Linken, gros, in ein Gewand gehüllt, die Knochen in seinem Gesicht sind vortreflich ausgedrückt, er hat eine Sanduhr in der Hand, und hebt mit der ei-
nen
*) Er hat sich damit den Michaelsorden erworben, der in Frankreich für Künstler gestiftet ist.
trat ich dieſe Reiſe von neuem an, ging nach Stras- burg, und nahm nun in Augenſchein, was mir von Merkwuͤrdigkeiten zu beſehen, das Erſtemahl zuruͤckge- blieben war. Dahin rechne ich;
Das Monument des Grafen und Marſchals von Sachſen in der Thomaskirche. Im Chor dieſer an ſich ſchon wegen ihrer groſſen Weite ſehr ſehenswuͤrdigen Kirche ſteht ſeit einem Jahr dies Werk, das der Nation, der Stadt, dem Erfinder und noch mehr dem Verfertiger, Hrn. Pigalle Ehre macht *). Ein Werk, das mit dem Transport 300000. Liver gekoſtet hat, und das aus ungeheuren Steinmaſſen, wiewohl man’s ihm nicht anſieht, zuſammengeſetzt iſt. Es iſt breit, hoch, und macht gleich beim erſten Anblick ei- nen tiefen Eindruck. Der Kenner bewundert’s, und der Laie verweilt gern dabei, und wird durch den Anblick der vielen affektvollen Vorſtellungen warm. Es iſt aus ſchwarzem und weiſſem Marmor zuſammengeſetzt. In den Kupferſtichen die man davon hat, iſt der Marſchal zu klein vorgeſtellt; von weitem iſt ers auch. Alle andre Figuren ſind koloſſaliſch, er aber iſt in nur Lebens- groͤſſe. Er ſteht oben, ernſthaft, lieblich, und ſteigt auf einer Stufe herab. Die Bildſaͤulen ſind alle weis, der Sarg, der Deckel, und die obre und untre Wand aber alle ſchwarz. Der Held will in den Sarg ſteigen, der Tod ſteht zur Linken, gros, in ein Gewand gehuͤllt, die Knochen in ſeinem Geſicht ſind vortreflich ausgedruͤckt, er hat eine Sanduhr in der Hand, und hebt mit der ei-
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*) Er hat ſich damit den Michaelsorden erworben, der in Frankreich fuͤr Kuͤnſtler geſtiftet iſt.
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trat ich dieſe Reiſe von neuem an, ging nach Stras-
burg, und nahm nun in Augenſchein, was mir von
Merkwuͤrdigkeiten zu beſehen, das Erſtemahl zuruͤckge-
blieben war. Dahin rechne ich;
Das Monument des Grafen und Marſchals
von Sachſen in der Thomaskirche. Im
Chor dieſer an ſich ſchon wegen ihrer groſſen Weite ſehr
ſehenswuͤrdigen Kirche ſteht ſeit einem Jahr dies Werk,
das der Nation, der Stadt, dem Erfinder und noch mehr
dem Verfertiger, Hrn. Pigalle Ehre macht *). Ein
Werk, das mit dem Transport 300000. Liver gekoſtet
hat, und das aus ungeheuren Steinmaſſen, wiewohl
man’s ihm nicht anſieht, zuſammengeſetzt iſt. Es
iſt breit, hoch, und macht gleich beim erſten Anblick ei-
nen tiefen Eindruck. Der Kenner bewundert’s, und
der Laie verweilt gern dabei, und wird durch den Anblick
der vielen affektvollen Vorſtellungen warm. Es iſt aus
ſchwarzem und weiſſem Marmor zuſammengeſetzt. In
den Kupferſtichen die man davon hat, iſt der Marſchal
zu klein vorgeſtellt; von weitem iſt ers auch. Alle
andre Figuren ſind koloſſaliſch, er aber iſt in nur Lebens-
groͤſſe. Er ſteht oben, ernſthaft, lieblich, und ſteigt
auf einer Stufe herab. Die Bildſaͤulen ſind alle weis,
der Sarg, der Deckel, und die obre und untre Wand
aber alle ſchwarz. Der Held will in den Sarg ſteigen,
der Tod ſteht zur Linken, gros, in ein Gewand gehuͤllt,
die Knochen in ſeinem Geſicht ſind vortreflich ausgedruͤckt,
er hat eine Sanduhr in der Hand, und hebt mit der ei-
nen
*) Er hat ſich damit den Michaelsorden erworben, der
in Frankreich fuͤr Kuͤnſtler geſtiftet iſt.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/37>, abgerufen am 21.11.2024.
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