Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Es ist ein grüner Pelz. -- Von Christi Kreuz ein
Stück. -- Die Kleider des Kaisers bei der Krönung.
-- Die Bekleidung des Kaiserlichen Stuhls. -- Die
Churfürstenmäntel, einer wiegt 80. Pfund. -- Das
Jurisdiktionsschwert, das vorgetragen wird. --
Silberne Leuchter und Meßsachen, von einer ungemei-
nen Grösse, Pracht und Arbeit. -- Zwölf Apostel aus
vergoldetem Silber. -- Kruzifixe, schwer von Gold,
Edelgesteinen, Schmelzarbeit etc. -- Schmuck und Kro-
nen für Maria und ihr Kind. -- Eine Bischofsmü-
tze,
ganz aus ächten orientalischen Perlenschnüren. --

An allen diesen Sachen ist die Pracht, der Reich-
thum, die Menge und die Grösse der Edelsteine, die an
einigen Stücken noch roh sind, unbeschreiblich. Ich sah
mehr auf das, als auf jene Dinge, und, wie mir der
Mann wieder von vorn so feierlich anfing, seinen religiö-
sen Unsinn herzuleiern, so warf ich ihm mein Geld mit
sichtbarer Verachtung hin, und hätte ihn gern -- --
Drauf besuchte ich

Die Kirche der heil. Ursula. -- In diese Kirche
ging ich auch noch, der Kirchengeschichte zu Ehren. St.
Ursula hat ein ziemlich schönes Grabmahl darin, an dem
steht, Indicio columbae detectum. Nebst dem
gehen oben in der ganzen Kirche an der Porkirche Wand-
kasten mit Gitterfenstern herum, hinter denen die Gebei-
ne von 11000. Jungfern aufbewahrt werden; unten,
hinten, und wo man hinsieht, sind grosse Kasten voll
Knochen, und überall Gemälde von Jungfern mit Pfei-
len durchbohrt, und dafür mit Kronen gekrönt. Die ar-
men Kinder!! Damahls müssen die Jungfern nicht so
selten gewesen seyn! -- -- Ewig Schade, 11000.

Jung-

Es iſt ein gruͤner Pelz. — Von Chriſti Kreuz ein
Stuͤck. — Die Kleider des Kaiſers bei der Kroͤnung.
— Die Bekleidung des Kaiſerlichen Stuhls. — Die
Churfuͤrſtenmaͤntel, einer wiegt 80. Pfund. — Das
Jurisdiktionsſchwert, das vorgetragen wird. —
Silberne Leuchter und Meßſachen, von einer ungemei-
nen Groͤſſe, Pracht und Arbeit. — Zwoͤlf Apoſtel aus
vergoldetem Silber. — Kruzifixe, ſchwer von Gold,
Edelgeſteinen, Schmelzarbeit ꝛc. — Schmuck und Kro-
nen fuͤr Maria und ihr Kind. — Eine Biſchofsmuͤ-
tze,
ganz aus aͤchten orientaliſchen Perlenſchnuͤren. —

An allen dieſen Sachen iſt die Pracht, der Reich-
thum, die Menge und die Groͤſſe der Edelſteine, die an
einigen Stuͤcken noch roh ſind, unbeſchreiblich. Ich ſah
mehr auf das, als auf jene Dinge, und, wie mir der
Mann wieder von vorn ſo feierlich anfing, ſeinen religioͤ-
ſen Unſinn herzuleiern, ſo warf ich ihm mein Geld mit
ſichtbarer Verachtung hin, und haͤtte ihn gern — —
Drauf beſuchte ich

Die Kirche der heil. Urſula. — In dieſe Kirche
ging ich auch noch, der Kirchengeſchichte zu Ehren. St.
Urſula hat ein ziemlich ſchoͤnes Grabmahl darin, an dem
ſteht, Indicio columbae detectum. Nebſt dem
gehen oben in der ganzen Kirche an der Porkirche Wand-
kaſten mit Gitterfenſtern herum, hinter denen die Gebei-
ne von 11000. Jungfern aufbewahrt werden; unten,
hinten, und wo man hinſieht, ſind groſſe Kaſten voll
Knochen, und uͤberall Gemaͤlde von Jungfern mit Pfei-
len durchbohrt, und dafuͤr mit Kronen gekroͤnt. Die ar-
men Kinder!! Damahls muͤſſen die Jungfern nicht ſo
ſelten geweſen ſeyn! — — Ewig Schade, 11000.

Jung-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0640" n="616"/>
Es i&#x017F;t ein gru&#x0364;ner Pelz. &#x2014; Von <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;ti</hi> Kreuz ein<lb/>
Stu&#x0364;ck. &#x2014; Die Kleider des Kai&#x017F;ers bei der Kro&#x0364;nung.<lb/>
&#x2014; Die Bekleidung des Kai&#x017F;erlichen Stuhls. &#x2014; Die<lb/><hi rendition="#fr">Churfu&#x0364;r&#x017F;tenma&#x0364;ntel,</hi> einer wiegt 80. Pfund. &#x2014; Das<lb/><hi rendition="#fr">Jurisdiktions&#x017F;chwert,</hi> das vorgetragen wird. &#x2014;<lb/>
Silberne <hi rendition="#fr">Leuchter</hi> und Meß&#x017F;achen, von einer ungemei-<lb/>
nen Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, Pracht und Arbeit. &#x2014; Zwo&#x0364;lf Apo&#x017F;tel aus<lb/>
vergoldetem Silber. &#x2014; Kruzifixe, &#x017F;chwer von Gold,<lb/>
Edelge&#x017F;teinen, Schmelzarbeit &#xA75B;c. &#x2014; Schmuck und Kro-<lb/>
nen fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">Maria</hi> und ihr Kind. &#x2014; Eine <hi rendition="#fr">Bi&#x017F;chofsmu&#x0364;-<lb/>
tze,</hi> ganz aus a&#x0364;chten orientali&#x017F;chen Perlen&#x017F;chnu&#x0364;ren. &#x2014;</p><lb/>
            <p>An allen die&#x017F;en Sachen i&#x017F;t die Pracht, der Reich-<lb/>
thum, die Menge und die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Edel&#x017F;teine, die an<lb/>
einigen Stu&#x0364;cken noch roh &#x017F;ind, unbe&#x017F;chreiblich. Ich &#x017F;ah<lb/>
mehr auf das, als auf jene Dinge, und, wie mir der<lb/>
Mann wieder von vorn &#x017F;o feierlich anfing, &#x017F;einen religio&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en Un&#x017F;inn herzuleiern, &#x017F;o warf ich ihm mein Geld mit<lb/>
&#x017F;ichtbarer Verachtung hin, und ha&#x0364;tte ihn gern &#x2014; &#x2014;<lb/>
Drauf be&#x017F;uchte ich</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Kirche der heil. Ur&#x017F;ula.</hi> &#x2014; In die&#x017F;e Kirche<lb/>
ging ich auch noch, der Kirchenge&#x017F;chichte zu Ehren. St.<lb/><hi rendition="#fr">Ur&#x017F;ula</hi> hat ein ziemlich &#x017F;cho&#x0364;nes Grabmahl darin, an dem<lb/>
&#x017F;teht, <hi rendition="#aq">Indicio columbae detectum.</hi> Neb&#x017F;t dem<lb/>
gehen oben in der ganzen Kirche an der Porkirche Wand-<lb/>
ka&#x017F;ten mit Gitterfen&#x017F;tern herum, hinter denen die Gebei-<lb/>
ne von 11000. Jungfern aufbewahrt werden; unten,<lb/>
hinten, und wo man hin&#x017F;ieht, &#x017F;ind gro&#x017F;&#x017F;e Ka&#x017F;ten voll<lb/>
Knochen, und u&#x0364;berall Gema&#x0364;lde von Jungfern mit Pfei-<lb/>
len durchbohrt, und dafu&#x0364;r mit Kronen gekro&#x0364;nt. Die ar-<lb/>
men Kinder!! Damahls mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Jungfern nicht &#x017F;o<lb/>
&#x017F;elten gewe&#x017F;en &#x017F;eyn! &#x2014; &#x2014; Ewig Schade, 11000.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Jung-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[616/0640] Es iſt ein gruͤner Pelz. — Von Chriſti Kreuz ein Stuͤck. — Die Kleider des Kaiſers bei der Kroͤnung. — Die Bekleidung des Kaiſerlichen Stuhls. — Die Churfuͤrſtenmaͤntel, einer wiegt 80. Pfund. — Das Jurisdiktionsſchwert, das vorgetragen wird. — Silberne Leuchter und Meßſachen, von einer ungemei- nen Groͤſſe, Pracht und Arbeit. — Zwoͤlf Apoſtel aus vergoldetem Silber. — Kruzifixe, ſchwer von Gold, Edelgeſteinen, Schmelzarbeit ꝛc. — Schmuck und Kro- nen fuͤr Maria und ihr Kind. — Eine Biſchofsmuͤ- tze, ganz aus aͤchten orientaliſchen Perlenſchnuͤren. — An allen dieſen Sachen iſt die Pracht, der Reich- thum, die Menge und die Groͤſſe der Edelſteine, die an einigen Stuͤcken noch roh ſind, unbeſchreiblich. Ich ſah mehr auf das, als auf jene Dinge, und, wie mir der Mann wieder von vorn ſo feierlich anfing, ſeinen religioͤ- ſen Unſinn herzuleiern, ſo warf ich ihm mein Geld mit ſichtbarer Verachtung hin, und haͤtte ihn gern — — Drauf beſuchte ich Die Kirche der heil. Urſula. — In dieſe Kirche ging ich auch noch, der Kirchengeſchichte zu Ehren. St. Urſula hat ein ziemlich ſchoͤnes Grabmahl darin, an dem ſteht, Indicio columbae detectum. Nebſt dem gehen oben in der ganzen Kirche an der Porkirche Wand- kaſten mit Gitterfenſtern herum, hinter denen die Gebei- ne von 11000. Jungfern aufbewahrt werden; unten, hinten, und wo man hinſieht, ſind groſſe Kaſten voll Knochen, und uͤberall Gemaͤlde von Jungfern mit Pfei- len durchbohrt, und dafuͤr mit Kronen gekroͤnt. Die ar- men Kinder!! Damahls muͤſſen die Jungfern nicht ſo ſelten geweſen ſeyn! — — Ewig Schade, 11000. Jung-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/640
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/640>, abgerufen am 22.11.2024.