Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Jungfern!! Was sollen wir jetzt mit den Knochen anfan-
gen? ohne Haut und Fleisch! -- Lieber und nützlicher
war mir

Das Tobakspfeifenmachen zu sehen, hier nennt
mans Pfeifenbacken. Es ist aber sehr heruntergekom-
men. Lange Pfeifen werden fast gar keine mehr hier ge-
macht, man bringt sie selber nach Cölln von einem an-
dern Orte in der Gegend. Die Erde kömmt aus der
Gegend von Andernach. Zu den kleinen hat der Mann
ein in der Mitte getheiltes Modell von Metall. Er macht
die Erde feucht, walkert die Pfeife, und formt vorne
gleich einen dickern Theil daran, läst sie dann so, mehre-
re an einander, in der Stube, oder im Keller trocken
werden. Dann hat er einen Stift von Eisen oder Stahl,
mit dem stößt er sie durch, und indem die Pfeife über dem
Stifte ist, legt er sie in das Modell, und kneipt sie ab,
das modelt sie. Die überschiessenden Anhangsel schnei-
det er dann mit einem Messer ab. Die Glätte gibt er
ihr aussen mit einem Stück Achat, und innen mit einem
Stuck Holz, das grade die Grösse des Kopfs hat. Es
gehört ein Handgrif dazu, daß das Loch vor dem Kopfe
grade in die Mitte kommt, sonst bricht die Pfeife. --
Hierauf setzt man die Pfeifen in Töpfen in Ofen. Man
kan mit nichts feuern, als mit Büchenkohlen. Eichen-
holz will man nicht. -- Zur Glasur nimmt man eine
Art Seifenerde, die mit Wasser wie Milch aussieht etc.

Bemerkungen.

Ich begegnete heute um 9. Uhr dem Bürgermei-
ster,
da er auf die Regierung fuhr. Es sind ihrer 6,
und zwei davon regierend. Sie wechseln alle Jahre.

Vor
Q q 5

Jungfern!! Was ſollen wir jetzt mit den Knochen anfan-
gen? ohne Haut und Fleiſch! — Lieber und nuͤtzlicher
war mir

Das Tobakspfeifenmachen zu ſehen, hier nennt
mans Pfeifenbacken. Es iſt aber ſehr heruntergekom-
men. Lange Pfeifen werden faſt gar keine mehr hier ge-
macht, man bringt ſie ſelber nach Coͤlln von einem an-
dern Orte in der Gegend. Die Erde koͤmmt aus der
Gegend von Andernach. Zu den kleinen hat der Mann
ein in der Mitte getheiltes Modell von Metall. Er macht
die Erde feucht, walkert die Pfeife, und formt vorne
gleich einen dickern Theil daran, laͤſt ſie dann ſo, mehre-
re an einander, in der Stube, oder im Keller trocken
werden. Dann hat er einen Stift von Eiſen oder Stahl,
mit dem ſtoͤßt er ſie durch, und indem die Pfeife uͤber dem
Stifte iſt, legt er ſie in das Modell, und kneipt ſie ab,
das modelt ſie. Die uͤberſchieſſenden Anhångſel ſchnei-
det er dann mit einem Meſſer ab. Die Glaͤtte gibt er
ihr auſſen mit einem Stuͤck Achat, und innen mit einem
Stůck Holz, das grade die Groͤſſe des Kopfs hat. Es
gehoͤrt ein Handgrif dazu, daß das Loch vor dem Kopfe
grade in die Mitte kommt, ſonſt bricht die Pfeife. —
Hierauf ſetzt man die Pfeifen in Toͤpfen in Ofen. Man
kan mit nichts feuern, als mit Buͤchenkohlen. Eichen-
holz will man nicht. — Zur Glaſur nimmt man eine
Art Seifenerde, die mit Waſſer wie Milch ausſieht ꝛc.

Bemerkungen.

Ich begegnete heute um 9. Uhr dem Buͤrgermei-
ſter,
da er auf die Regierung fuhr. Es ſind ihrer 6,
und zwei davon regierend. Sie wechſeln alle Jahre.

Vor
Q q 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0641" n="617"/>
Jungfern!! Was &#x017F;ollen wir jetzt mit den Knochen anfan-<lb/>
gen? ohne Haut und Flei&#x017F;ch! &#x2014; Lieber und nu&#x0364;tzlicher<lb/>
war mir</p><lb/>
            <p>Das <hi rendition="#fr">Tobakspfeifenmachen</hi> zu &#x017F;ehen, hier nennt<lb/>
mans <hi rendition="#fr">Pfeifenbacken.</hi> Es i&#x017F;t aber &#x017F;ehr heruntergekom-<lb/>
men. Lange Pfeifen werden fa&#x017F;t gar keine mehr hier ge-<lb/>
macht, man bringt &#x017F;ie &#x017F;elber nach <hi rendition="#fr">Co&#x0364;lln</hi> von einem an-<lb/>
dern Orte in der Gegend. Die Erde ko&#x0364;mmt aus der<lb/>
Gegend von <hi rendition="#fr">Andernach.</hi> Zu den kleinen hat der Mann<lb/>
ein in der Mitte getheiltes Modell von Metall. Er macht<lb/>
die Erde feucht, walkert die Pfeife, und formt vorne<lb/>
gleich einen dickern Theil daran, la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ie dann &#x017F;o, mehre-<lb/>
re an einander, in der Stube, oder im Keller trocken<lb/>
werden. Dann hat er einen Stift von Ei&#x017F;en oder Stahl,<lb/>
mit dem &#x017F;to&#x0364;ßt er &#x017F;ie durch, und indem die Pfeife u&#x0364;ber dem<lb/>
Stifte i&#x017F;t, legt er &#x017F;ie in das Modell, und kneipt &#x017F;ie ab,<lb/>
das modelt &#x017F;ie. Die u&#x0364;ber&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;enden Anhång&#x017F;el &#x017F;chnei-<lb/>
det er dann mit einem Me&#x017F;&#x017F;er ab. Die Gla&#x0364;tte gibt er<lb/>
ihr au&#x017F;&#x017F;en mit einem Stu&#x0364;ck Achat, und innen mit einem<lb/>
St&#x016F;ck Holz, das grade die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e des Kopfs hat. Es<lb/>
geho&#x0364;rt ein Handgrif dazu, daß das Loch vor dem Kopfe<lb/>
grade in die Mitte kommt, &#x017F;on&#x017F;t bricht die Pfeife. &#x2014;<lb/>
Hierauf &#x017F;etzt man die Pfeifen in To&#x0364;pfen in Ofen. Man<lb/>
kan mit nichts feuern, als mit Bu&#x0364;chenkohlen. Eichen-<lb/>
holz will man nicht. &#x2014; Zur Gla&#x017F;ur nimmt man eine<lb/>
Art Seifenerde, die mit Wa&#x017F;&#x017F;er wie Milch aus&#x017F;ieht &#xA75B;c.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr">Bemerkungen.</hi> </head><lb/>
            <p>Ich begegnete heute um 9. Uhr dem <hi rendition="#fr">Bu&#x0364;rgermei-<lb/>
&#x017F;ter,</hi> da er auf die Regierung fuhr. Es &#x017F;ind ihrer 6,<lb/>
und zwei davon regierend. Sie wech&#x017F;eln alle Jahre.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q q 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Vor</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[617/0641] Jungfern!! Was ſollen wir jetzt mit den Knochen anfan- gen? ohne Haut und Fleiſch! — Lieber und nuͤtzlicher war mir Das Tobakspfeifenmachen zu ſehen, hier nennt mans Pfeifenbacken. Es iſt aber ſehr heruntergekom- men. Lange Pfeifen werden faſt gar keine mehr hier ge- macht, man bringt ſie ſelber nach Coͤlln von einem an- dern Orte in der Gegend. Die Erde koͤmmt aus der Gegend von Andernach. Zu den kleinen hat der Mann ein in der Mitte getheiltes Modell von Metall. Er macht die Erde feucht, walkert die Pfeife, und formt vorne gleich einen dickern Theil daran, laͤſt ſie dann ſo, mehre- re an einander, in der Stube, oder im Keller trocken werden. Dann hat er einen Stift von Eiſen oder Stahl, mit dem ſtoͤßt er ſie durch, und indem die Pfeife uͤber dem Stifte iſt, legt er ſie in das Modell, und kneipt ſie ab, das modelt ſie. Die uͤberſchieſſenden Anhångſel ſchnei- det er dann mit einem Meſſer ab. Die Glaͤtte gibt er ihr auſſen mit einem Stuͤck Achat, und innen mit einem Stůck Holz, das grade die Groͤſſe des Kopfs hat. Es gehoͤrt ein Handgrif dazu, daß das Loch vor dem Kopfe grade in die Mitte kommt, ſonſt bricht die Pfeife. — Hierauf ſetzt man die Pfeifen in Toͤpfen in Ofen. Man kan mit nichts feuern, als mit Buͤchenkohlen. Eichen- holz will man nicht. — Zur Glaſur nimmt man eine Art Seifenerde, die mit Waſſer wie Milch ausſieht ꝛc. Bemerkungen. Ich begegnete heute um 9. Uhr dem Buͤrgermei- ſter, da er auf die Regierung fuhr. Es ſind ihrer 6, und zwei davon regierend. Sie wechſeln alle Jahre. Vor Q q 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/641
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/641>, abgerufen am 22.11.2024.