herum, vor diesen liegt der Arbeiter ganz horizontal auf dem Boden, und schleift. Zu dem Aushöhlen der Do- sen, wo jedes Stück ein Ganzes ist, hat man noch eine eigne Maschine. Die Schleifer kaufen den Achathänd- lern die rohen Stücke ab, und müssen dann, -- oft mit ihrem Schaden -- erwarten, was sie inwendig beim Anschleifen finden. Oft kaufen die Goldschmiede die Stücke, und geben sie den Schleifern. Das Recht, vor ei- nem Schleifstein zu liegen, kostet oft etliche 100. Gulden etc. Die Obrigkeit hat Gesetze darüber gegeben, wieviel Gesel- len ein Schleifermeister annehmen kan, und daß er nur einem seiner Söhne das Handwerk lehren darf. Wegen dieser Schleifwerke setzen sich viele Goldschmiede, die in Paris gelernt haben, hieher, und fassen die geschliffenen Stücke. Die Charniere zu den Dosen werden vermittelst einer Maschine, die sehenswürdig ist, aus dem Ganzen gezogen, sonst könnten sie nicht so wohlfeil seyn. Die Vergoldung der messingartigen Metallmischung geschieht vermittelst einer Analgamation mit Quecksilber im Feuer mit wahren Dukatengold, die durch eine Mühle hier ge- mahlen wird. Auf dem Platze kostet das grosse, wie das kleine Stück 18.-20. Batzen etc. Die Leute ziehen mit ihren Waaren auf die Frankfurter Messe, auch laufen überall in der Welt Leute genug mit diesen Waa- ren herum. Daß man aber hier einen streifichten Achat gleich versteinertes Holz nennt, das ist bei der handwerks- mässigen Behandlung aller dieser Sachen leicht zu be- greifen.
Eine andre Merkwürdigkeit in Oberstein ist die Kirche, in der sich die Einwohner versammeln. Sie liegt hinter dem Orte auf einem ungeheuern Felsen, und ist selbst in den Felsen gehauen. Sie stellt einen wahren
Keller
herum, vor dieſen liegt der Arbeiter ganz horizontal auf dem Boden, und ſchleift. Zu dem Aushoͤhlen der Do- ſen, wo jedes Stuͤck ein Ganzes iſt, hat man noch eine eigne Maſchine. Die Schleifer kaufen den Achathaͤnd- lern die rohen Stuͤcke ab, und muͤſſen dann, — oft mit ihrem Schaden — erwarten, was ſie inwendig beim Anſchleifen finden. Oft kaufen die Goldſchmiede die Stuͤcke, und geben ſie den Schleifern. Das Recht, vor ei- nem Schleifſtein zu liegen, koſtet oft etliche 100. Gulden ꝛc. Die Obrigkeit hat Geſetze daruͤber gegeben, wieviel Geſel- len ein Schleifermeiſter annehmen kan, und daß er nur einem ſeiner Soͤhne das Handwerk lehren darf. Wegen dieſer Schleifwerke ſetzen ſich viele Goldſchmiede, die in Paris gelernt haben, hieher, und faſſen die geſchliffenen Stuͤcke. Die Charniere zu den Doſen werden vermittelſt einer Maſchine, die ſehenswuͤrdig iſt, aus dem Ganzen gezogen, ſonſt koͤnnten ſie nicht ſo wohlfeil ſeyn. Die Vergoldung der meſſingartigen Metallmiſchung geſchieht vermittelſt einer Analgamation mit Queckſilber im Feuer mit wahren Dukatengold, die durch eine Muͤhle hier ge- mahlen wird. Auf dem Platze koſtet das groſſe, wie das kleine Stuͤck 18.-20. Batzen ꝛc. Die Leute ziehen mit ihren Waaren auf die Frankfurter Meſſe, auch laufen uͤberall in der Welt Leute genug mit dieſen Waa- ren herum. Daß man aber hier einen ſtreifichten Achat gleich verſteinertes Holz nennt, das iſt bei der handwerks- maͤſſigen Behandlung aller dieſer Sachen leicht zu be- greifen.
Eine andre Merkwuͤrdigkeit in Oberſtein iſt die Kirche, in der ſich die Einwohner verſammeln. Sie liegt hinter dem Orte auf einem ungeheuern Felſen, und iſt ſelbſt in den Felſen gehauen. Sie ſtellt einen wahren
Keller
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herum, vor dieſen liegt der Arbeiter ganz horizontal auf
dem Boden, und ſchleift. Zu dem Aushoͤhlen der Do-
ſen, wo jedes Stuͤck ein Ganzes iſt, hat man noch eine
eigne Maſchine. Die Schleifer kaufen den Achathaͤnd-
lern die rohen Stuͤcke ab, und muͤſſen dann, — oft mit
ihrem Schaden — erwarten, was ſie inwendig beim
Anſchleifen finden. Oft kaufen die Goldſchmiede die
Stuͤcke, und geben ſie den Schleifern. Das Recht, vor ei-
nem Schleifſtein zu liegen, koſtet oft etliche 100. Gulden ꝛc.
Die Obrigkeit hat Geſetze daruͤber gegeben, wieviel Geſel-
len ein Schleifermeiſter annehmen kan, und daß er nur
einem ſeiner Soͤhne das Handwerk lehren darf. Wegen
dieſer Schleifwerke ſetzen ſich viele Goldſchmiede, die in
Paris gelernt haben, hieher, und faſſen die geſchliffenen
Stuͤcke. Die Charniere zu den Doſen werden vermittelſt
einer Maſchine, die ſehenswuͤrdig iſt, aus dem Ganzen
gezogen, ſonſt koͤnnten ſie nicht ſo wohlfeil ſeyn. Die
Vergoldung der meſſingartigen Metallmiſchung geſchieht
vermittelſt einer Analgamation mit Queckſilber im Feuer
mit wahren Dukatengold, die durch eine Muͤhle hier ge-
mahlen wird. Auf dem Platze koſtet das groſſe, wie
das kleine Stuͤck 18.-20. Batzen ꝛc. Die Leute ziehen
mit ihren Waaren auf die Frankfurter Meſſe, auch
laufen uͤberall in der Welt Leute genug mit dieſen Waa-
ren herum. Daß man aber hier einen ſtreifichten Achat
gleich verſteinertes Holz nennt, das iſt bei der handwerks-
maͤſſigen Behandlung aller dieſer Sachen leicht zu be-
greifen.
Eine andre Merkwuͤrdigkeit in Oberſtein iſt die
Kirche, in der ſich die Einwohner verſammeln. Sie
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/646>, abgerufen am 22.11.2024.
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