Zweibrücksche. Der Gesang selber geht sehr lahm, und unerträglich schlecht. Die Leute setzen auch ihre Hü- te in der Kirche auf. Die Geistlichen lassen das Kir- chengebet oft weg, und beten -- auch am Kommunion- tage -- nichts, als das Vater unser. Auch wurde vorm Altare nichts verlesen.
Auf der Rückreise bemerkte ich: 1) Daß man hier eine ziemlich feine Seifenerde findet. Sie schäumt mit Wasser ziemlich. Die Bauern sollen sich den Bart damit einseiffen. Es ist ein Mann hier in der Gegend, der eine sehr gute Seife, das Pfund für 5. Kreuzer verkauft, er wills zwar nicht Wort haben, daß er die Erde dazu braucht, vermuthlich aber geschiehts doch. 2) Daß man eine sonderbare Steinart hier antrift, die wie verhärte- tes Bergöhl aussieht. Man hat ein Stück davon an- schleisen lassen, es nimmt eine ziemliche Politur an, und verdient nähere Untersuchung. 3) Daß die ganze Graf- schaft Sponheim allerdings durch Vesuve und nachher durch Wasserfluthen scheint gebildet zu seyn. Denn die Menge der löcherichten, poreusen Materien beweißt das erste. Und die strata super strata, aus denen alle Berge bestehen, beweisen das andre. Indessen müssen auch Erderschütterungen und Erdbeben erschrecklich gewü- tet haben. Das zeigen die gestürzten Steinarten, die man hin und wieder findet, und die schiefe Richtung aller Schichten in den Bergen. Auch findet man hie und da schmale Streifen Landes, die voller Achat oder andren Sachen sind: und hart dabei, zu beiden Seiten sind nicht die geringsten Spuren von dergleichen. Eben dies ist auch der Grund, warum sich von den Sponheimer Bergwerken sogar viel mit Gewisheit nicht erwarten läst,
denn
Zweibruͤckſche. Der Geſang ſelber geht ſehr lahm, und unertraͤglich ſchlecht. Die Leute ſetzen auch ihre Huͤ- te in der Kirche auf. Die Geiſtlichen laſſen das Kir- chengebet oft weg, und beten — auch am Kommunion- tage — nichts, als das Vater unſer. Auch wurde vorm Altare nichts verleſen.
Auf der Ruͤckreiſe bemerkte ich: 1) Daß man hier eine ziemlich feine Seifenerde findet. Sie ſchaͤumt mit Waſſer ziemlich. Die Bauern ſollen ſich den Bart damit einſeiffen. Es iſt ein Mann hier in der Gegend, der eine ſehr gute Seife, das Pfund fuͤr 5. Kreuzer verkauft, er wills zwar nicht Wort haben, daß er die Erde dazu braucht, vermuthlich aber geſchiehts doch. 2) Daß man eine ſonderbare Steinart hier antrift, die wie verhaͤrte- tes Bergoͤhl ausſieht. Man hat ein Stuͤck davon an- ſchleiſen laſſen, es nimmt eine ziemliche Politur an, und verdient naͤhere Unterſuchung. 3) Daß die ganze Graf- ſchaft Sponheim allerdings durch Veſuve und nachher durch Waſſerfluthen ſcheint gebildet zu ſeyn. Denn die Menge der loͤcherichten, poreuſen Materien beweißt das erſte. Und die ſtrata ſuper ſtrata, aus denen alle Berge beſtehen, beweiſen das andre. Indeſſen muͤſſen auch Erderſchuͤtterungen und Erdbeben erſchrecklich gewuͤ- tet haben. Das zeigen die geſtuͤrzten Steinarten, die man hin und wieder findet, und die ſchiefe Richtung aller Schichten in den Bergen. Auch findet man hie und da ſchmale Streifen Landes, die voller Achat oder andren Sachen ſind: und hart dabei, zu beiden Seiten ſind nicht die geringſten Spuren von dergleichen. Eben dies iſt auch der Grund, warum ſich von den Sponheimer Bergwerken ſogar viel mit Gewisheit nicht erwarten laͤſt,
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Zweibruͤckſche. Der Geſang ſelber geht ſehr lahm,
und unertraͤglich ſchlecht. Die Leute ſetzen auch ihre Huͤ-
te in der Kirche auf. Die Geiſtlichen laſſen das Kir-
chengebet oft weg, und beten — auch am Kommunion-
tage — nichts, als das Vater unſer. Auch wurde
vorm Altare nichts verleſen.
Auf der Ruͤckreiſe bemerkte ich: 1) Daß man hier
eine ziemlich feine Seifenerde findet. Sie ſchaͤumt
mit Waſſer ziemlich. Die Bauern ſollen ſich den Bart
damit einſeiffen. Es iſt ein Mann hier in der Gegend, der
eine ſehr gute Seife, das Pfund fuͤr 5. Kreuzer verkauft,
er wills zwar nicht Wort haben, daß er die Erde dazu
braucht, vermuthlich aber geſchiehts doch. 2) Daß man
eine ſonderbare Steinart hier antrift, die wie verhaͤrte-
tes Bergoͤhl ausſieht. Man hat ein Stuͤck davon an-
ſchleiſen laſſen, es nimmt eine ziemliche Politur an, und
verdient naͤhere Unterſuchung. 3) Daß die ganze Graf-
ſchaft Sponheim allerdings durch Veſuve und nachher
durch Waſſerfluthen ſcheint gebildet zu ſeyn. Denn
die Menge der loͤcherichten, poreuſen Materien beweißt
das erſte. Und die ſtrata ſuper ſtrata, aus denen alle
Berge beſtehen, beweiſen das andre. Indeſſen muͤſſen
auch Erderſchuͤtterungen und Erdbeben erſchrecklich gewuͤ-
tet haben. Das zeigen die geſtuͤrzten Steinarten, die
man hin und wieder findet, und die ſchiefe Richtung aller
Schichten in den Bergen. Auch findet man hie und da
ſchmale Streifen Landes, die voller Achat oder andren
Sachen ſind: und hart dabei, zu beiden Seiten ſind
nicht die geringſten Spuren von dergleichen. Eben dies
iſt auch der Grund, warum ſich von den Sponheimer
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/648>, abgerufen am 22.11.2024.
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