nander, aber so hoch, daß keine Leitern zu brauchen sind, sondern in der Höhe des letzten Bücherschafts ist wieder ein Gang mit einer Brustlehne durch alle Zimmer durch. Da laufen die Aufseher und Bedienten herum, schlupfen auf dem Gang durch kleine Thüren aus einem Zimmer ins andre, hohlen die Bücher, und steigen durch kleine in jeder Ecke angebrachte Treppen wieder herab. Die Frem- den dürfen aber da nicht hinaufsteigen. Alle Schränke sind mit geflochtenen Gittern von Messingdrat vermacht. Im zweiten Zimmer sas der Garde de la Bibl. Mr. l'Abbe Desaunays, ein Mann von mittlern Jahren, höflich, doch nicht so, wie der Bibliothekar der Abtei St. Germain. -- Er stand [v]or ganzen Gesellschaften von Fremden mit Damen nicht einmal auf, schnupfte alle Augenblicke, und lies sie allein herumgehen. Im Lateinischen merkte ich eine häßliche Pronunciation an ihm; er sagte immer de cochlenis, Observationes Redi de Vipenris. -- Weder auf dieser, noch auf einer andern Bibliothek fand ich nur Ein deutsches Buch, oder nur Eine deutsche gelehrte Zeitung, ein Journal, eine Bi- bliothek etc. Die Bibliothekare wissen auch nicht das Geringste von der deutschen Litteratur. Englische Bü- cher findet man auch sehr wenige, desto mehr französische und italiänische. Ihre Dictionaires encyclop. und portatifs, ihre Memoires, Contes, Tableaux, Recueils, Histoires abregees etc. findet man da- gegen in Menge. Er gab mir den Katalog der Bücher in der Naturgeschichte, es war der IX. T. des Cata- logi*), den er in einem Kasten neben sich liegen hatte.
Der
*) Man kennt den gedruckten Katalog dieser Bibliothek. Welch eine erschreckliche Menge von Dingen, die des
Nennens
nander, aber ſo hoch, daß keine Leitern zu brauchen ſind, ſondern in der Hoͤhe des letzten Buͤcherſchafts iſt wieder ein Gang mit einer Bruſtlehne durch alle Zimmer durch. Da laufen die Aufſeher und Bedienten herum, ſchlupfen auf dem Gang durch kleine Thuͤren aus einem Zimmer ins andre, hohlen die Buͤcher, und ſteigen durch kleine in jeder Ecke angebrachte Treppen wieder herab. Die Frem- den duͤrfen aber da nicht hinaufſteigen. Alle Schraͤnke ſind mit geflochtenen Gittern von Meſſingdrat vermacht. Im zweiten Zimmer ſas der Garde de la Bibl. Mr. l’Abbé Deſaunays, ein Mann von mittlern Jahren, hoͤflich, doch nicht ſo, wie der Bibliothekar der Abtei St. Germain. — Er ſtand [v]or ganzen Geſellſchaften von Fremden mit Damen nicht einmal auf, ſchnupfte alle Augenblicke, und lies ſie allein herumgehen. Im Lateiniſchen merkte ich eine haͤßliche Pronunciation an ihm; er ſagte immer de cochlẽis, Obſervationes Redi de Vipẽris. — Weder auf dieſer, noch auf einer andern Bibliothek fand ich nur Ein deutſches Buch, oder nur Eine deutſche gelehrte Zeitung, ein Journal, eine Bi- bliothek ꝛc. Die Bibliothekare wiſſen auch nicht das Geringſte von der deutſchen Litteratur. Engliſche Buͤ- cher findet man auch ſehr wenige, deſto mehr franzoͤſiſche und italiaͤniſche. Ihre Dictionaires encyclop. und portatifs, ihre Memoires, Contes, Tableaux, Recueils, Hiſtoires abregées etc. findet man da- gegen in Menge. Er gab mir den Katalog der Buͤcher in der Naturgeſchichte, es war der IX. T. des Cata- logi*), den er in einem Kaſten neben ſich liegen hatte.
Der
*) Man kennt den gedruckten Katalog dieſer Bibliothek. Welch eine erſchreckliche Menge von Dingen, die des
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nander, aber ſo hoch, daß keine Leitern zu brauchen ſind,
ſondern in der Hoͤhe des letzten Buͤcherſchafts iſt wieder
ein Gang mit einer Bruſtlehne durch alle Zimmer durch.
Da laufen die Aufſeher und Bedienten herum, ſchlupfen
auf dem Gang durch kleine Thuͤren aus einem Zimmer
ins andre, hohlen die Buͤcher, und ſteigen durch kleine in
jeder Ecke angebrachte Treppen wieder herab. Die Frem-
den duͤrfen aber da nicht hinaufſteigen. Alle Schraͤnke
ſind mit geflochtenen Gittern von Meſſingdrat vermacht.
Im zweiten Zimmer ſas der Garde de la Bibl. Mr.
l’Abbé Deſaunays, ein Mann von mittlern Jahren,
hoͤflich, doch nicht ſo, wie der Bibliothekar der Abtei
St. Germain. — Er ſtand vor ganzen Geſellſchaften
von Fremden mit Damen nicht einmal auf, ſchnupfte
alle Augenblicke, und lies ſie allein herumgehen. Im
Lateiniſchen merkte ich eine haͤßliche Pronunciation an
ihm; er ſagte immer de cochlẽis, Obſervationes
Redi de Vipẽris. — Weder auf dieſer, noch auf einer
andern Bibliothek fand ich nur Ein deutſches Buch, oder
nur Eine deutſche gelehrte Zeitung, ein Journal, eine Bi-
bliothek ꝛc. Die Bibliothekare wiſſen auch nicht das
Geringſte von der deutſchen Litteratur. Engliſche Buͤ-
cher findet man auch ſehr wenige, deſto mehr franzoͤſiſche
und italiaͤniſche. Ihre Dictionaires encyclop. und
portatifs, ihre Memoires, Contes, Tableaux,
Recueils, Hiſtoires abregées etc. findet man da-
gegen in Menge. Er gab mir den Katalog der Buͤcher
in der Naturgeſchichte, es war der IX. T. des Cata-
logi *), den er in einem Kaſten neben ſich liegen hatte.
Der
*) Man kennt den gedruckten Katalog dieſer Bibliothek.
Welch eine erſchreckliche Menge von Dingen, die des
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/98>, abgerufen am 21.11.2024.
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