Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Es liegt an der Saale, die ich nun noch oft sehen wer-
de. Ich lenkte nach dem Fürstenthum Schwarzburg
hin, um Rudolstadt zu erreichen. In der That sind
auch die dasselbe einschliessende Gebürge in der Nähe und
in der Ferne ganz schwarz. Ich passirte das Städtchen
Schwarzach, und einige Dörfer, die zwischen lauter
Bergen in der Tiefe des Thals die schönsten Felder ha-
ben, und langte drauf in

Rudolstadt an, einem ziemlich grossen und wohl-
habenden artigen Städtchen, ebenfalls an der Saale ge-
legen. Das Schlos oder die Burg liegt angenehm
auf einem hohen Berge. Die Einwohner sind alle Evan-
gelisch-Lutherisch, und nur wenige Katholicken unter ih-
nen. Die Weibspersonen sitzen hier mit blauen Manns-
mänteln, die mit breiten goldnen Borten eingefaßt sind,
in der Kirche.

Ich erfuhr, daß grade heute der Erbprinz zur Kom-
munion ging. Folglich konnt' ich zu meinem grossen
Bedauern, sein Naturalienkabinet *) nicht zu sehen krie-

gen.
*) Dieses vortrefliche Kabinet steht in einigen Zimmern
auf dem Schlosse Ludwigsburg wohl geordnet, und
ist besonders in den Konchylien und Mineralien sehr
vollständig, und an seltenen Stücken reich; aber auch
in der Zoologie kan es viel Schönes aufweisen. Da-
bei befinden sich noch die kostbarsten Werke aus der
Natnrgeschichte, als Regenfuß, Lister, Gualtie-
ri, Clerk, Merianin
etc. Der Hr. Erbprinz ist
selbst gründlicher Kenner. Mehreres von diesem
Kabinette findet man S. 306. u. f. des 10. B. der
bernoullischen Samml. kurzer Reisebeschr.
Herausgeber.
Zweiter Theil. G

Es liegt an der Saale, die ich nun noch oft ſehen wer-
de. Ich lenkte nach dem Fuͤrſtenthum Schwarzburg
hin, um Rudolſtadt zu erreichen. In der That ſind
auch die daſſelbe einſchlieſſende Gebuͤrge in der Naͤhe und
in der Ferne ganz ſchwarz. Ich paſſirte das Staͤdtchen
Schwarzach, und einige Doͤrfer, die zwiſchen lauter
Bergen in der Tiefe des Thals die ſchoͤnſten Felder ha-
ben, und langte drauf in

Rudolſtadt an, einem ziemlich groſſen und wohl-
habenden artigen Staͤdtchen, ebenfalls an der Saale ge-
legen. Das Schlos oder die Burg liegt angenehm
auf einem hohen Berge. Die Einwohner ſind alle Evan-
geliſch-Lutheriſch, und nur wenige Katholicken unter ih-
nen. Die Weibsperſonen ſitzen hier mit blauen Manns-
maͤnteln, die mit breiten goldnen Borten eingefaßt ſind,
in der Kirche.

Ich erfuhr, daß grade heute der Erbprinz zur Kom-
munion ging. Folglich konnt’ ich zu meinem groſſen
Bedauern, ſein Naturalienkabinet *) nicht zu ſehen krie-

gen.
*) Dieſes vortrefliche Kabinet ſteht in einigen Zimmern
auf dem Schloſſe Ludwigsburg wohl geordnet, und
iſt beſonders in den Konchylien und Mineralien ſehr
vollſtaͤndig, und an ſeltenen Stuͤcken reich; aber auch
in der Zoologie kan es viel Schoͤnes aufweiſen. Da-
bei befinden ſich noch die koſtbarſten Werke aus der
Natnrgeſchichte, als Regenfuß, Liſter, Gualtie-
ri, Clerk, Merianin
ꝛc. Der Hr. Erbprinz iſt
ſelbſt gruͤndlicher Kenner. Mehreres von dieſem
Kabinette findet man S. 306. u. f. des 10. B. der
bernoulliſchen Samml. kurzer Reiſebeſchr.
Herausgeber.
Zweiter Theil. G
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0135" n="97"/>
Es liegt an der <hi rendition="#fr">Saale,</hi> die ich nun noch oft &#x017F;ehen wer-<lb/>
de. Ich lenkte nach dem Fu&#x0364;r&#x017F;tenthum <hi rendition="#fr">Schwarzburg</hi><lb/>
hin, um <hi rendition="#fr">Rudol&#x017F;tadt</hi> zu erreichen. In der That &#x017F;ind<lb/>
auch die da&#x017F;&#x017F;elbe ein&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ende Gebu&#x0364;rge in der Na&#x0364;he und<lb/>
in der Ferne ganz <hi rendition="#fr">&#x017F;chwarz.</hi> Ich pa&#x017F;&#x017F;irte das Sta&#x0364;dtchen<lb/><hi rendition="#fr">Schwarzach,</hi> und einige Do&#x0364;rfer, die zwi&#x017F;chen lauter<lb/>
Bergen in der Tiefe des Thals die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Felder ha-<lb/>
ben, und langte drauf in</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Rudol&#x017F;tadt</hi> an, einem ziemlich gro&#x017F;&#x017F;en und wohl-<lb/>
habenden artigen Sta&#x0364;dtchen, ebenfalls an der <hi rendition="#fr">Saale</hi> ge-<lb/>
legen. Das <hi rendition="#fr">Schlos</hi> oder die <hi rendition="#fr">Burg</hi> liegt angenehm<lb/>
auf einem hohen Berge. Die Einwohner &#x017F;ind alle Evan-<lb/>
geli&#x017F;ch-Lutheri&#x017F;ch, und nur wenige Katholicken unter ih-<lb/>
nen. Die Weibsper&#x017F;onen &#x017F;itzen hier mit blauen Manns-<lb/>
ma&#x0364;nteln, die mit breiten goldnen Borten eingefaßt &#x017F;ind,<lb/>
in der Kirche.</p><lb/>
            <p>Ich erfuhr, daß grade heute der Erbprinz zur Kom-<lb/>
munion ging. Folglich konnt&#x2019; ich zu meinem gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Bedauern, &#x017F;ein Naturalienkabinet <note place="foot" n="*)">Die&#x017F;es vortrefliche Kabinet &#x017F;teht in einigen Zimmern<lb/>
auf dem Schlo&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">Ludwigsburg</hi> wohl geordnet, und<lb/>
i&#x017F;t be&#x017F;onders in den Konchylien und Mineralien &#x017F;ehr<lb/>
voll&#x017F;ta&#x0364;ndig, und an &#x017F;eltenen Stu&#x0364;cken reich; aber auch<lb/>
in der Zoologie kan es viel Scho&#x0364;nes aufwei&#x017F;en. Da-<lb/>
bei befinden &#x017F;ich noch die ko&#x017F;tbar&#x017F;ten Werke aus der<lb/>
Natnrge&#x017F;chichte, als <hi rendition="#fr">Regenfuß, Li&#x017F;ter, Gualtie-<lb/>
ri, Clerk, Merianin</hi> &#xA75B;c. Der Hr. Erbprinz i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t gru&#x0364;ndlicher Kenner. Mehreres von die&#x017F;em<lb/>
Kabinette findet man S. 306. u. f. des 10. B. der<lb/><hi rendition="#fr">bernoull</hi>i&#x017F;chen Samml. kurzer Rei&#x017F;ebe&#x017F;chr.<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Herausgeber.</hi></hi></note> nicht zu &#x017F;ehen krie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen.</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Zweiter Theil.</hi> G</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0135] Es liegt an der Saale, die ich nun noch oft ſehen wer- de. Ich lenkte nach dem Fuͤrſtenthum Schwarzburg hin, um Rudolſtadt zu erreichen. In der That ſind auch die daſſelbe einſchlieſſende Gebuͤrge in der Naͤhe und in der Ferne ganz ſchwarz. Ich paſſirte das Staͤdtchen Schwarzach, und einige Doͤrfer, die zwiſchen lauter Bergen in der Tiefe des Thals die ſchoͤnſten Felder ha- ben, und langte drauf in Rudolſtadt an, einem ziemlich groſſen und wohl- habenden artigen Staͤdtchen, ebenfalls an der Saale ge- legen. Das Schlos oder die Burg liegt angenehm auf einem hohen Berge. Die Einwohner ſind alle Evan- geliſch-Lutheriſch, und nur wenige Katholicken unter ih- nen. Die Weibsperſonen ſitzen hier mit blauen Manns- maͤnteln, die mit breiten goldnen Borten eingefaßt ſind, in der Kirche. Ich erfuhr, daß grade heute der Erbprinz zur Kom- munion ging. Folglich konnt’ ich zu meinem groſſen Bedauern, ſein Naturalienkabinet *) nicht zu ſehen krie- gen. *) Dieſes vortrefliche Kabinet ſteht in einigen Zimmern auf dem Schloſſe Ludwigsburg wohl geordnet, und iſt beſonders in den Konchylien und Mineralien ſehr vollſtaͤndig, und an ſeltenen Stuͤcken reich; aber auch in der Zoologie kan es viel Schoͤnes aufweiſen. Da- bei befinden ſich noch die koſtbarſten Werke aus der Natnrgeſchichte, als Regenfuß, Liſter, Gualtie- ri, Clerk, Merianin ꝛc. Der Hr. Erbprinz iſt ſelbſt gruͤndlicher Kenner. Mehreres von dieſem Kabinette findet man S. 306. u. f. des 10. B. der bernoulliſchen Samml. kurzer Reiſebeſchr. Herausgeber. Zweiter Theil. G

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/135
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/135>, abgerufen am 25.11.2024.