bald Mangel an Büchern und gelehrten Freun- den leiden, bald Neid und Unterdrückung finden, wo sie Beyfall und Aufmunterung erwarteten, und nachdem sie anfänglich viel thun wolten, endlich damit aufhören, daß sie nichts thun, was der Erwartung, die sie erregten, nur einigermas- sen entspräche, hätte er, sag' ich, als Landpre- diger dieses Schicksal auch nicht gehabt, so würde er doch auf dem Lande auch bei den besten Vorsätzen, das nicht haben leisten können, was er als Professor in Karlsruhe wirklich geleistet hat, und in der Folge geleistet haben würde. Ich fürchte nicht, daß irgend ein geschickter, fleis- siger und thätiger Landprediger diese Aeußerung als eine Herabwürdigung des Predigerstandes ansehen werde. Ich weis es recht gut, wie viel alle Zweige der Wissenschaften den Landpredi- gern zu danken haben. Ich rede nicht von den Ausnahmen, ich rede von der Regel. Die häu- figen Klagen geschickter Landgeistlichen über die Menge lästiger Haus- und Wirthschaftssorgen, über den Mangel der Bücher, der Journale, der Aufmunterung, Unterstützung und des gelehrten Umgangs rechtfertigen meine Meinung, daß Sander als Professor in Karlsruhe sich ge- meinnütziger machen konnte, als es auf dem Lande
würde
a 5
bald Mangel an Buͤchern und gelehrten Freun- den leiden, bald Neid und Unterdruͤckung finden, wo ſie Beyfall und Aufmunterung erwarteten, und nachdem ſie anfaͤnglich viel thun wolten, endlich damit aufhoͤren, daß ſie nichts thun, was der Erwartung, die ſie erregten, nur einigermaſ- ſen entſpraͤche, haͤtte er, ſag’ ich, als Landpre- diger dieſes Schickſal auch nicht gehabt, ſo wuͤrde er doch auf dem Lande auch bei den beſten Vorſaͤtzen, das nicht haben leiſten koͤnnen, was er als Profeſſor in Karlsruhe wirklich geleiſtet hat, und in der Folge geleiſtet haben wuͤrde. Ich fuͤrchte nicht, daß irgend ein geſchickter, fleiſ- ſiger und thaͤtiger Landprediger dieſe Aeußerung als eine Herabwuͤrdigung des Predigerſtandes anſehen werde. Ich weis es recht gut, wie viel alle Zweige der Wiſſenſchaften den Landpredi- gern zu danken haben. Ich rede nicht von den Ausnahmen, ich rede von der Regel. Die haͤu- figen Klagen geſchickter Landgeiſtlichen uͤber die Menge laͤſtiger Haus- und Wirthſchaftsſorgen, uͤber den Mangel der Buͤcher, der Journale, der Aufmunterung, Unterſtuͤtzung und des gelehrten Umgangs rechtfertigen meine Meinung, daß Sander als Profeſſor in Karlsruhe ſich ge- meinnuͤtziger machen konnte, als es auf dem Lande
wuͤrde
a 5
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0015"n="IX"/>
bald Mangel an Buͤchern und gelehrten Freun-<lb/>
den leiden, bald Neid und Unterdruͤckung finden,<lb/>
wo ſie Beyfall und Aufmunterung erwarteten,<lb/>
und nachdem ſie anfaͤnglich viel thun wolten,<lb/>
endlich damit aufhoͤren, daß ſie nichts thun, was<lb/>
der Erwartung, die ſie erregten, nur einigermaſ-<lb/>ſen entſpraͤche, haͤtte er, ſag’ ich, als Landpre-<lb/>
diger dieſes Schickſal auch nicht gehabt, ſo<lb/>
wuͤrde er doch auf dem Lande auch bei den beſten<lb/>
Vorſaͤtzen, das nicht haben leiſten <hirendition="#fr">koͤnnen,</hi> was<lb/>
er als Profeſſor in <hirendition="#fr">Karlsruhe</hi> wirklich geleiſtet<lb/>
hat, und in der Folge geleiſtet haben wuͤrde.<lb/>
Ich fuͤrchte nicht, daß irgend ein geſchickter, fleiſ-<lb/>ſiger und thaͤtiger Landprediger dieſe Aeußerung<lb/>
als eine Herabwuͤrdigung des Predigerſtandes<lb/>
anſehen werde. Ich weis es recht gut, wie viel<lb/>
alle Zweige der Wiſſenſchaften den Landpredi-<lb/>
gern zu danken haben. Ich rede nicht von den<lb/>
Ausnahmen, ich rede von der Regel. Die haͤu-<lb/>
figen Klagen geſchickter Landgeiſtlichen uͤber die<lb/>
Menge laͤſtiger Haus- und Wirthſchaftsſorgen,<lb/>
uͤber den Mangel der Buͤcher, der Journale, der<lb/>
Aufmunterung, Unterſtuͤtzung und des gelehrten<lb/>
Umgangs rechtfertigen meine Meinung, daß<lb/><hirendition="#fr">Sander</hi> als Profeſſor in <hirendition="#fr">Karlsruhe</hi>ſich ge-<lb/>
meinnuͤtziger machen konnte, als es auf dem Lande<lb/><fwplace="bottom"type="sig">a 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">wuͤrde</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[IX/0015]
bald Mangel an Buͤchern und gelehrten Freun-
den leiden, bald Neid und Unterdruͤckung finden,
wo ſie Beyfall und Aufmunterung erwarteten,
und nachdem ſie anfaͤnglich viel thun wolten,
endlich damit aufhoͤren, daß ſie nichts thun, was
der Erwartung, die ſie erregten, nur einigermaſ-
ſen entſpraͤche, haͤtte er, ſag’ ich, als Landpre-
diger dieſes Schickſal auch nicht gehabt, ſo
wuͤrde er doch auf dem Lande auch bei den beſten
Vorſaͤtzen, das nicht haben leiſten koͤnnen, was
er als Profeſſor in Karlsruhe wirklich geleiſtet
hat, und in der Folge geleiſtet haben wuͤrde.
Ich fuͤrchte nicht, daß irgend ein geſchickter, fleiſ-
ſiger und thaͤtiger Landprediger dieſe Aeußerung
als eine Herabwuͤrdigung des Predigerſtandes
anſehen werde. Ich weis es recht gut, wie viel
alle Zweige der Wiſſenſchaften den Landpredi-
gern zu danken haben. Ich rede nicht von den
Ausnahmen, ich rede von der Regel. Die haͤu-
figen Klagen geſchickter Landgeiſtlichen uͤber die
Menge laͤſtiger Haus- und Wirthſchaftsſorgen,
uͤber den Mangel der Buͤcher, der Journale, der
Aufmunterung, Unterſtuͤtzung und des gelehrten
Umgangs rechtfertigen meine Meinung, daß
Sander als Profeſſor in Karlsruhe ſich ge-
meinnuͤtziger machen konnte, als es auf dem Lande
wuͤrde
a 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/15>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.