unüberlegt gebaut. Wenn einer eine Stadt in der Ab- sicht anlegen wollte, daß das geringste Feuer sie einmahl ganz, wie Gera, auffressen sollte, so könnte er die Häu- ser nicht enger in einander hängen und verschieben. Von dem Gestank, der mir entgegen kam, und mich verfolgte, bis ich wieder in der freien offenen Natur war, will ich gar nichts sagen.
Von Bahlingen über Schömberg (ein Oesterrei- chischer Ort) nach Altingen. An diesem Theile des Landes haben wohl sieben Herren Antheil, daher ist die Chaussee zuweilen gemacht, zuweilen nicht. Welch ein Weg, und welch ein ewiger Wechsel von Höhen und Tie- fen das sei, das weiß und glaubt niemand, als der, der's selber erfahren hat. Alle Unbequemlichkeiten des rauhen Landes, des Schwarzwaldes und der steinigten Ge- bürge. Doch was immer für den Reisenden das Beste ist, noch überall gute, ehrliche, hülfreiche, willige Men- schen. Wo auch die Strasse nur etliche hundert Schrit- te durch das Würtembergische geht, da ist sie gemacht, aber weil hier kein Sand zum Ueberführen und Ueberschüt- ten der Strassen ist, so muß man auf den blosen, klein- gehackten, spitzigen, vieleckigten, harten, und doch immer ausweichenden, lettigen Kalksteinen gehen, reiten und fahren. Und doch geht hier ein ordinairer Postwagen von Stuttgard über Engen nach Schafhausen, und die Extrapost geht sehr stark aus der Schweiz über Al- tingen.
Altingen selber liegt auf einer breiten, ebenen, frucht- baren Höhe, doch ist die Gegend rauh. Man kennt hier z. B. den Weizen nicht. Nur Spelz, Korn, Haber, Kartoffeln, Wicken werden gebaut. Wein, Krapp und
Tobak
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unuͤberlegt gebaut. Wenn einer eine Stadt in der Ab- ſicht anlegen wollte, daß das geringſte Feuer ſie einmahl ganz, wie Gera, auffreſſen ſollte, ſo koͤnnte er die Haͤu- ſer nicht enger in einander haͤngen und verſchieben. Von dem Geſtank, der mir entgegen kam, und mich verfolgte, bis ich wieder in der freien offenen Natur war, will ich gar nichts ſagen.
Von Bahlingen uͤber Schoͤmberg (ein Oeſterrei- chiſcher Ort) nach Altingen. An dieſem Theile des Landes haben wohl ſieben Herren Antheil, daher iſt die Chauſſee zuweilen gemacht, zuweilen nicht. Welch ein Weg, und welch ein ewiger Wechſel von Hoͤhen und Tie- fen das ſei, das weiß und glaubt niemand, als der, der’s ſelber erfahren hat. Alle Unbequemlichkeiten des rauhen Landes, des Schwarzwaldes und der ſteinigten Ge- buͤrge. Doch was immer fuͤr den Reiſenden das Beſte iſt, noch uͤberall gute, ehrliche, huͤlfreiche, willige Men- ſchen. Wo auch die Straſſe nur etliche hundert Schrit- te durch das Wuͤrtembergiſche geht, da iſt ſie gemacht, aber weil hier kein Sand zum Ueberfuͤhren und Ueberſchuͤt- ten der Straſſen iſt, ſo muß man auf den bloſen, klein- gehackten, ſpitzigen, vieleckigten, harten, und doch immer ausweichenden, lettigen Kalkſteinen gehen, reiten und fahren. Und doch geht hier ein ordinairer Poſtwagen von Stuttgard uͤber Engen nach Schafhauſen, und die Extrapoſt geht ſehr ſtark aus der Schweiz uͤber Al- tingen.
Altingen ſelber liegt auf einer breiten, ebenen, frucht- baren Hoͤhe, doch iſt die Gegend rauh. Man kennt hier z. B. den Weizen nicht. Nur Spelz, Korn, Haber, Kartoffeln, Wicken werden gebaut. Wein, Krapp und
Tobak
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unuͤberlegt gebaut. Wenn einer eine Stadt in der Ab-
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ganz, wie Gera, auffreſſen ſollte, ſo koͤnnte er die Haͤu-
ſer nicht enger in einander haͤngen und verſchieben. Von
dem Geſtank, der mir entgegen kam, und mich verfolgte,
bis ich wieder in der freien offenen Natur war, will ich
gar nichts ſagen.
Von Bahlingen uͤber Schoͤmberg (ein Oeſterrei-
chiſcher Ort) nach Altingen. An dieſem Theile des
Landes haben wohl ſieben Herren Antheil, daher iſt die
Chauſſee zuweilen gemacht, zuweilen nicht. Welch ein
Weg, und welch ein ewiger Wechſel von Hoͤhen und Tie-
fen das ſei, das weiß und glaubt niemand, als der, der’s
ſelber erfahren hat. Alle Unbequemlichkeiten des rauhen
Landes, des Schwarzwaldes und der ſteinigten Ge-
buͤrge. Doch was immer fuͤr den Reiſenden das Beſte
iſt, noch uͤberall gute, ehrliche, huͤlfreiche, willige Men-
ſchen. Wo auch die Straſſe nur etliche hundert Schrit-
te durch das Wuͤrtembergiſche geht, da iſt ſie gemacht,
aber weil hier kein Sand zum Ueberfuͤhren und Ueberſchuͤt-
ten der Straſſen iſt, ſo muß man auf den bloſen, klein-
gehackten, ſpitzigen, vieleckigten, harten, und doch immer
ausweichenden, lettigen Kalkſteinen gehen, reiten und
fahren. Und doch geht hier ein ordinairer Poſtwagen
von Stuttgard uͤber Engen nach Schafhauſen, und
die Extrapoſt geht ſehr ſtark aus der Schweiz uͤber Al-
tingen.
Altingen ſelber liegt auf einer breiten, ebenen, frucht-
baren Hoͤhe, doch iſt die Gegend rauh. Man kennt hier
z. B. den Weizen nicht. Nur Spelz, Korn, Haber,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/297>, abgerufen am 24.11.2024.
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