stanz fort. Bei Allenspach verliert man den See aus dem Gesicht, der Weg zieht sich mit grossen Krümmun- gen über einen waldichten Berg hin. Auf diesem liegt ein Lustschlos, Garten und Weinberg, Hägenheim, das dem Fürstbischoff von Costanz gehört, und das wegen seiner hohen Lage und wegen seiner herlichen Aussicht über den ganzen See, und selbst in die jenseitige schweizerische Seite, eins der schönsten und anmuthigsten Landhäuser seyn muß, die ich je gesehen habe. Sonst stossen oft Fruchtfelder, oft aber Rebberge bis an das Ufer des Bo- densees hin. Er wirft zuweilen hohe Wellen, aber er bleibt doch in seinem Bette. Sein freundliches Wasser verheert nichts, es nützt nur.
Wurmedingen ist der letzte Ort vor Costanz. Diese Stadt selber hat nun die allervortreflichste Lage. Ganz am See gebaut, grade da, wo der Rhein aus dem Bodensee herausgeht, also zum Handel ausseror- dentlich bequem. In der Mitte zwischen Deutschland, Italien, Schweiz, Tyrol. Das Auge kan nichts schöne[r]s sehen, als den stillen See, wie ihn, in einer zwölf Stunden langen Entfernung, die Vorgebürge der Schweizeralven einschliessen, und nun zu beiden Seiten deutsche, oder schwäbische und schweizerische Landschaften. Von der schwäbischen Seite kommt man gleich über die Rheinbrücke in die Stadt. Diese heist so, weil sie über den Ausfluß des Rheins gebaut ist. Bei Rhei- neck geht er in den See, hier unter der Costanzer Brü- cke geht er heraus, fliest fort nach Schaffhausen, macht bei Lauffen den Rheinfall, und geht so immer weiter nach Deutschland herab.
Die Stadt Costanz selbst ist gros, hat viele schöne Strassen, meistens steinerne und hohe Häuser, die nicht
alle
ſtanz fort. Bei Allenſpach verliert man den See aus dem Geſicht, der Weg zieht ſich mit groſſen Kruͤmmun- gen uͤber einen waldichten Berg hin. Auf dieſem liegt ein Luſtſchlos, Garten und Weinberg, Haͤgenheim, das dem Fuͤrſtbiſchoff von Coſtanz gehoͤrt, und das wegen ſeiner hohen Lage und wegen ſeiner herlichen Ausſicht uͤber den ganzen See, und ſelbſt in die jenſeitige ſchweizeriſche Seite, eins der ſchoͤnſten und anmuthigſten Landhaͤuſer ſeyn muß, die ich je geſehen habe. Sonſt ſtoſſen oft Fruchtfelder, oft aber Rebberge bis an das Ufer des Bo- denſees hin. Er wirft zuweilen hohe Wellen, aber er bleibt doch in ſeinem Bette. Sein freundliches Waſſer verheert nichts, es nuͤtzt nur.
Wurmedingen iſt der letzte Ort vor Coſtanz. Dieſe Stadt ſelber hat nun die allervortreflichſte Lage. Ganz am See gebaut, grade da, wo der Rhein aus dem Bodenſee herausgeht, alſo zum Handel auſſeror- dentlich bequem. In der Mitte zwiſchen Deutſchland, Italien, Schweiz, Tyrol. Das Auge kan nichts ſchoͤne[r]s ſehen, als den ſtillen See, wie ihn, in einer zwoͤlf Stunden langen Entfernung, die Vorgebuͤrge der Schweizeralven einſchlieſſen, und nun zu beiden Seiten deutſche, oder ſchwaͤbiſche und ſchweizeriſche Landſchaften. Von der ſchwaͤbiſchen Seite kommt man gleich uͤber die Rheinbruͤcke in die Stadt. Dieſe heiſt ſo, weil ſie uͤber den Ausfluß des Rheins gebaut iſt. Bei Rhei- neck geht er in den See, hier unter der Coſtanzer Bruͤ- cke geht er heraus, flieſt fort nach Schaffhauſen, macht bei Lauffen den Rheinfall, und geht ſo immer weiter nach Deutſchland herab.
Die Stadt Coſtanz ſelbſt iſt gros, hat viele ſchoͤne Straſſen, meiſtens ſteinerne und hohe Haͤuſer, die nicht
alle
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ſtanz fort. Bei Allenſpach verliert man den See aus
dem Geſicht, der Weg zieht ſich mit groſſen Kruͤmmun-
gen uͤber einen waldichten Berg hin. Auf dieſem liegt
ein Luſtſchlos, Garten und Weinberg, Haͤgenheim, das
dem Fuͤrſtbiſchoff von Coſtanz gehoͤrt, und das wegen
ſeiner hohen Lage und wegen ſeiner herlichen Ausſicht uͤber
den ganzen See, und ſelbſt in die jenſeitige ſchweizeriſche
Seite, eins der ſchoͤnſten und anmuthigſten Landhaͤuſer
ſeyn muß, die ich je geſehen habe. Sonſt ſtoſſen oft
Fruchtfelder, oft aber Rebberge bis an das Ufer des Bo-
denſees hin. Er wirft zuweilen hohe Wellen, aber er
bleibt doch in ſeinem Bette. Sein freundliches Waſſer
verheert nichts, es nuͤtzt nur.
Wurmedingen iſt der letzte Ort vor Coſtanz.
Dieſe Stadt ſelber hat nun die allervortreflichſte Lage.
Ganz am See gebaut, grade da, wo der Rhein aus
dem Bodenſee herausgeht, alſo zum Handel auſſeror-
dentlich bequem. In der Mitte zwiſchen Deutſchland,
Italien, Schweiz, Tyrol. Das Auge kan nichts
ſchoͤners ſehen, als den ſtillen See, wie ihn, in einer
zwoͤlf Stunden langen Entfernung, die Vorgebuͤrge der
Schweizeralven einſchlieſſen, und nun zu beiden Seiten
deutſche, oder ſchwaͤbiſche und ſchweizeriſche Landſchaften.
Von der ſchwaͤbiſchen Seite kommt man gleich uͤber die
Rheinbruͤcke in die Stadt. Dieſe heiſt ſo, weil ſie
uͤber den Ausfluß des Rheins gebaut iſt. Bei Rhei-
neck geht er in den See, hier unter der Coſtanzer Bruͤ-
cke geht er heraus, flieſt fort nach Schaffhauſen, macht
bei Lauffen den Rheinfall, und geht ſo immer weiter
nach Deutſchland herab.
Die Stadt Coſtanz ſelbſt iſt gros, hat viele ſchoͤne
Straſſen, meiſtens ſteinerne und hohe Haͤuſer, die nicht
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/302>, abgerufen am 24.11.2024.
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