führt, vornehmlich im Winter die Stockfische etc. Mit dem Rheinwasser kan man auch hier nicht wässern. Sein Wasser schadet vielmehr den Wiesen, wenn es aus- lauft. Im Jahr 1758. war die stärkste Ueberschwem- mung, deren sich alte Leute erinnern können, und vor wenigen Jahren war der Strom eben so gros, wie da- mals. Alle Felder und Wiesen rings um die Stadt her- um waren ein einziger See. Man hat Dämme von aufgeworfener Erde zu beiden Seiten, mit Weidenbäu- men eingefaßt. So lange sie nicht durchbrechen, kostet ihre jährliche Unterhaltung nicht viel.
Auf den Weideplätzen sind auch einige Seen; man nennt einen unter ihnen die Goldgrube, weil sehr viele Fische darin sind. Zuweilen setzt man hinein, doch sind auch schon Fische durch andre Anstalten der Natur hin- eingekommen, die man nicht anpflanzen wollte. Im hohen Rheinwasser kommen einige Arten Fische in den See, und andre gehen mit dem hohen Wasserstande da- von. Die Seen haben unterirdische Quellen. Man weis aber hier nichts davon, daß man sie zuweilen ab- lassen, austrocknen, und eine Zeitlang in Aecker ver- wandeln soll.
Man kan beinahe mit Recht behaupten, daß in Speier keine allgemeine Hungersnoth entstehen kan. Das Erdreich und das Wasser ernährt die Menschen; man hat allerlei Feld und Boden; man hat Winter- und Sommerfrüchte. Die Witterung mag noch so ungün- stig seyn, so geräth doch einiges. Mislingen die Ge- wächse auf den Feldern, so wächst noch eine erstaunliche Menge von Nahrungsmitteln in den schönen Gärten, die theils innerhalb, theils ausser der Stadt sind. Und,
weil
fuͤhrt, vornehmlich im Winter die Stockfiſche ꝛc. Mit dem Rheinwaſſer kan man auch hier nicht waͤſſern. Sein Waſſer ſchadet vielmehr den Wieſen, wenn es aus- lauft. Im Jahr 1758. war die ſtaͤrkſte Ueberſchwem- mung, deren ſich alte Leute erinnern koͤnnen, und vor wenigen Jahren war der Strom eben ſo gros, wie da- mals. Alle Felder und Wieſen rings um die Stadt her- um waren ein einziger See. Man hat Daͤmme von aufgeworfener Erde zu beiden Seiten, mit Weidenbaͤu- men eingefaßt. So lange ſie nicht durchbrechen, koſtet ihre jaͤhrliche Unterhaltung nicht viel.
Auf den Weideplaͤtzen ſind auch einige Seen; man nennt einen unter ihnen die Goldgrube, weil ſehr viele Fiſche darin ſind. Zuweilen ſetzt man hinein, doch ſind auch ſchon Fiſche durch andre Anſtalten der Natur hin- eingekommen, die man nicht anpflanzen wollte. Im hohen Rheinwaſſer kommen einige Arten Fiſche in den See, und andre gehen mit dem hohen Waſſerſtande da- von. Die Seen haben unterirdiſche Quellen. Man weis aber hier nichts davon, daß man ſie zuweilen ab- laſſen, austrocknen, und eine Zeitlang in Aecker ver- wandeln ſoll.
Man kan beinahe mit Recht behaupten, daß in Speier keine allgemeine Hungersnoth entſtehen kan. Das Erdreich und das Waſſer ernaͤhrt die Menſchen; man hat allerlei Feld und Boden; man hat Winter- und Sommerfruͤchte. Die Witterung mag noch ſo unguͤn- ſtig ſeyn, ſo geraͤth doch einiges. Mislingen die Ge- waͤchſe auf den Feldern, ſo waͤchſt noch eine erſtaunliche Menge von Nahrungsmitteln in den ſchoͤnen Gaͤrten, die theils innerhalb, theils auſſer der Stadt ſind. Und,
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fuͤhrt, vornehmlich im Winter die Stockfiſche ꝛc. Mit
dem Rheinwaſſer kan man auch hier nicht waͤſſern.
Sein Waſſer ſchadet vielmehr den Wieſen, wenn es aus-
lauft. Im Jahr 1758. war die ſtaͤrkſte Ueberſchwem-
mung, deren ſich alte Leute erinnern koͤnnen, und vor
wenigen Jahren war der Strom eben ſo gros, wie da-
mals. Alle Felder und Wieſen rings um die Stadt her-
um waren ein einziger See. Man hat Daͤmme von
aufgeworfener Erde zu beiden Seiten, mit Weidenbaͤu-
men eingefaßt. So lange ſie nicht durchbrechen, koſtet
ihre jaͤhrliche Unterhaltung nicht viel.
Auf den Weideplaͤtzen ſind auch einige Seen; man
nennt einen unter ihnen die Goldgrube, weil ſehr viele
Fiſche darin ſind. Zuweilen ſetzt man hinein, doch ſind
auch ſchon Fiſche durch andre Anſtalten der Natur hin-
eingekommen, die man nicht anpflanzen wollte. Im
hohen Rheinwaſſer kommen einige Arten Fiſche in den
See, und andre gehen mit dem hohen Waſſerſtande da-
von. Die Seen haben unterirdiſche Quellen. Man
weis aber hier nichts davon, daß man ſie zuweilen ab-
laſſen, austrocknen, und eine Zeitlang in Aecker ver-
wandeln ſoll.
Man kan beinahe mit Recht behaupten, daß in
Speier keine allgemeine Hungersnoth entſtehen kan.
Das Erdreich und das Waſſer ernaͤhrt die Menſchen;
man hat allerlei Feld und Boden; man hat Winter- und
Sommerfruͤchte. Die Witterung mag noch ſo unguͤn-
ſtig ſeyn, ſo geraͤth doch einiges. Mislingen die Ge-
waͤchſe auf den Feldern, ſo waͤchſt noch eine erſtaunliche
Menge von Nahrungsmitteln in den ſchoͤnen Gaͤrten, die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/341>, abgerufen am 26.11.2024.
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