gendhaften Seele durch zufällige Vorzüge der Ge- burt oder des Vermögens zu ersetzen suchten. Seine Anmerkungen, die er über diesen Gegen- stand machte, waren so freymüthig als bitter. Schade, daß er den Brief des Königs von Preus- sen nicht gelesen hat, der neulich in den öffentli- chen Blättern stand, worinne der gekrönte Phi- losoph blos das persönliche Verdienst auf Ko- sten aller zufälligen Vorzüge erhebt, die er ohne Umschweife für Narrenspossen erklärt, so bald sie nicht durch Weisheit und Tugend gel- tend gemacht werden. Dieser Brief würde ihm unendlich viel Freude gemacht haben, da er ein so erklärter Feind der Unwissenheit und des win- dichten Stolzes war. Von der Religion Jesu war sein Herz ganz eingenommen; auch in seiner fröhlichsten Laune entwischte ihm nichts, was mit seinem Eifer für Weisheit und Tugend, wo- von alle seine Schriften voll sind, in Widerspruch gestanden hätte. Das Lob, welches ihm ein öf- fentliches Blatt ertheilt, ist gewiß nicht übertrie- ben, und jeder, der ihn von Person kannte, oder ihn aus seinen Schriften kennt, wird es unter- schreiben: "Alle seine Schriften athmen tiefe "innige Verehrung der Christlichen Religion mit "Wärme und Feuer vorgetragen, und sind bey
"einen
gendhaften Seele durch zufaͤllige Vorzuͤge der Ge- burt oder des Vermoͤgens zu erſetzen ſuchten. Seine Anmerkungen, die er uͤber dieſen Gegen- ſtand machte, waren ſo freymuͤthig als bitter. Schade, daß er den Brief des Koͤnigs von Preuſ- ſen nicht geleſen hat, der neulich in den oͤffentli- chen Blaͤttern ſtand, worinne der gekroͤnte Phi- loſoph blos das perſoͤnliche Verdienſt auf Ko- ſten aller zufaͤlligen Vorzuͤge erhebt, die er ohne Umſchweife fuͤr Narrenspoſſen erklaͤrt, ſo bald ſie nicht durch Weisheit und Tugend gel- tend gemacht werden. Dieſer Brief wuͤrde ihm unendlich viel Freude gemacht haben, da er ein ſo erklaͤrter Feind der Unwiſſenheit und des win- dichten Stolzes war. Von der Religion Jeſu war ſein Herz ganz eingenommen; auch in ſeiner froͤhlichſten Laune entwiſchte ihm nichts, was mit ſeinem Eifer fuͤr Weisheit und Tugend, wo- von alle ſeine Schriften voll ſind, in Widerſpruch geſtanden haͤtte. Das Lob, welches ihm ein oͤf- fentliches Blatt ertheilt, iſt gewiß nicht uͤbertrie- ben, und jeder, der ihn von Perſon kannte, oder ihn aus ſeinen Schriften kennt, wird es unter- ſchreiben: „Alle ſeine Schriften athmen tiefe „innige Verehrung der Chriſtlichen Religion mit „Waͤrme und Feuer vorgetragen, und ſind bey
„einen
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[XXIX/0035]
gendhaften Seele durch zufaͤllige Vorzuͤge der Ge-
burt oder des Vermoͤgens zu erſetzen ſuchten.
Seine Anmerkungen, die er uͤber dieſen Gegen-
ſtand machte, waren ſo freymuͤthig als bitter.
Schade, daß er den Brief des Koͤnigs von Preuſ-
ſen nicht geleſen hat, der neulich in den oͤffentli-
chen Blaͤttern ſtand, worinne der gekroͤnte Phi-
loſoph blos das perſoͤnliche Verdienſt auf Ko-
ſten aller zufaͤlligen Vorzuͤge erhebt, die er
ohne Umſchweife fuͤr Narrenspoſſen erklaͤrt, ſo
bald ſie nicht durch Weisheit und Tugend gel-
tend gemacht werden. Dieſer Brief wuͤrde ihm
unendlich viel Freude gemacht haben, da er ein
ſo erklaͤrter Feind der Unwiſſenheit und des win-
dichten Stolzes war. Von der Religion Jeſu
war ſein Herz ganz eingenommen; auch in ſeiner
froͤhlichſten Laune entwiſchte ihm nichts, was
mit ſeinem Eifer fuͤr Weisheit und Tugend, wo-
von alle ſeine Schriften voll ſind, in Widerſpruch
geſtanden haͤtte. Das Lob, welches ihm ein oͤf-
fentliches Blatt ertheilt, iſt gewiß nicht uͤbertrie-
ben, und jeder, der ihn von Perſon kannte, oder
ihn aus ſeinen Schriften kennt, wird es unter-
ſchreiben: „Alle ſeine Schriften athmen tiefe
„innige Verehrung der Chriſtlichen Religion mit
„Waͤrme und Feuer vorgetragen, und ſind bey
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. XXIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/35>, abgerufen am 23.11.2024.
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