alles tragen, was man von ihnen verlangt, die oft im Jahre dreimal tragen, die nach den schon oft gemachten Berechnungen weit reicher sind, und mehr tragen, als al- le andre für fruchtbar gehaltene Striche in Deutschland, als selbst die sogenannte goldene Aue, und die immer besser werden, je näher sie der Herrschaft Mahlberg, Hachberg und Badenweiler kommen. Seit einigen Jahren ist die Kultur des Sandbodens auch ausseror- dentlich gestiegen. Man hilft überall dem Boden nach, durch Düngung, Wässerung, österes Bearbeiten und Bepflanzen. Ich ritt beinahe von Carlsruhe bis Sindsheim durch lauter türkischen Weizen, oder Welschkorn (Zea Linn.), und diese Pflanze, die den Sandboden liebt, gerieth heuer vortreflich. So weit das Auge oft hinauslaufen konnte, sah ich nichts, als Welsch- kornfelder, und freute mich der grossen Erndte, die jetzt eben zur Sichel reif war.
Es war gerade Sonntag, und die Bauern sammel- ten sich gegen Abend in den Wirthshäusern. Dabei muß ich Ihnen sagen, daß ich einige Reflexionen darüber ge- macht habe, wie es oft möglich ist, daß der Wirth, mit- ten im größten und lange anhaltenden Getümmel von be- soffenen und schreienden Bauern, doch zu seiner Bezah- lung kömmt, wie seine Haushaltung bei dem täglichen, meistens bis in die Nacht fortgesetzten Lärmen doch noch bestehen kan, wie er bei der bekannten Untreue und Fahr- lässigkeit der Bedienten doch noch Vermögen sammeln, und an der Wirthschaft, die oft so bunt und kraus aus- sieht, noch gewinnen kan. Freilich gehen auf dem Lan- de viele Haushaltungen auf diese Art zu Grunde, beson- ders wenn entweder der Mann, oder die Frau selber dem
Spiel
alles tragen, was man von ihnen verlangt, die oft im Jahre dreimal tragen, die nach den ſchon oft gemachten Berechnungen weit reicher ſind, und mehr tragen, als al- le andre fuͤr fruchtbar gehaltene Striche in Deutſchland, als ſelbſt die ſogenannte goldene Aue, und die immer beſſer werden, je naͤher ſie der Herrſchaft Mahlberg, Hachberg und Badenweiler kommen. Seit einigen Jahren iſt die Kultur des Sandbodens auch auſſeror- dentlich geſtiegen. Man hilft uͤberall dem Boden nach, durch Duͤngung, Waͤſſerung, oͤſteres Bearbeiten und Bepflanzen. Ich ritt beinahe von Carlsruhe bis Sindsheim durch lauter tuͤrkiſchen Weizen, oder Welſchkorn (Zea Linn.), und dieſe Pflanze, die den Sandboden liebt, gerieth heuer vortreflich. So weit das Auge oft hinauslaufen konnte, ſah ich nichts, als Welſch- kornfelder, und freute mich der groſſen Erndte, die jetzt eben zur Sichel reif war.
Es war gerade Sonntag, und die Bauern ſammel- ten ſich gegen Abend in den Wirthshaͤuſern. Dabei muß ich Ihnen ſagen, daß ich einige Reflexionen daruͤber ge- macht habe, wie es oft moͤglich iſt, daß der Wirth, mit- ten im groͤßten und lange anhaltenden Getuͤmmel von be- ſoffenen und ſchreienden Bauern, doch zu ſeiner Bezah- lung koͤmmt, wie ſeine Haushaltung bei dem taͤglichen, meiſtens bis in die Nacht fortgeſetzten Laͤrmen doch noch beſtehen kan, wie er bei der bekannten Untreue und Fahr- laͤſſigkeit der Bedienten doch noch Vermoͤgen ſammeln, und an der Wirthſchaft, die oft ſo bunt und kraus aus- ſieht, noch gewinnen kan. Freilich gehen auf dem Lan- de viele Haushaltungen auf dieſe Art zu Grunde, beſon- ders wenn entweder der Mann, oder die Frau ſelber dem
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alles tragen, was man von ihnen verlangt, die oft im
Jahre dreimal tragen, die nach den ſchon oft gemachten
Berechnungen weit reicher ſind, und mehr tragen, als al-
le andre fuͤr fruchtbar gehaltene Striche in Deutſchland,
als ſelbſt die ſogenannte goldene Aue, und die immer
beſſer werden, je naͤher ſie der Herrſchaft Mahlberg,
Hachberg und Badenweiler kommen. Seit einigen
Jahren iſt die Kultur des Sandbodens auch auſſeror-
dentlich geſtiegen. Man hilft uͤberall dem Boden nach,
durch Duͤngung, Waͤſſerung, oͤſteres Bearbeiten und
Bepflanzen. Ich ritt beinahe von Carlsruhe bis
Sindsheim durch lauter tuͤrkiſchen Weizen, oder
Welſchkorn (Zea Linn.), und dieſe Pflanze, die den
Sandboden liebt, gerieth heuer vortreflich. So weit das
Auge oft hinauslaufen konnte, ſah ich nichts, als Welſch-
kornfelder, und freute mich der groſſen Erndte, die jetzt
eben zur Sichel reif war.
Es war gerade Sonntag, und die Bauern ſammel-
ten ſich gegen Abend in den Wirthshaͤuſern. Dabei muß
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macht habe, wie es oft moͤglich iſt, daß der Wirth, mit-
ten im groͤßten und lange anhaltenden Getuͤmmel von be-
ſoffenen und ſchreienden Bauern, doch zu ſeiner Bezah-
lung koͤmmt, wie ſeine Haushaltung bei dem taͤglichen,
meiſtens bis in die Nacht fortgeſetzten Laͤrmen doch noch
beſtehen kan, wie er bei der bekannten Untreue und Fahr-
laͤſſigkeit der Bedienten doch noch Vermoͤgen ſammeln,
und an der Wirthſchaft, die oft ſo bunt und kraus aus-
ſieht, noch gewinnen kan. Freilich gehen auf dem Lan-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/369>, abgerufen am 21.11.2024.
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