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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Die Patres verstehen fast alle Musik, und spielen
beim Hochamt selber die Orgel und die Violin. Da ei-
ner unter ihnen, P. Aloysius, der Sohn unsers hiesi-
gen Kapellmeisters Schmittbauers ist, der von Jugend
auf von seinem geschickten Vater Musik gelernt hat, so
ist dadurch noch mehr Eifer und Liebe zur Tonkunst unter
die Geistlichen gekommen.

Innerhalb den Ringmauern des Konvents ist ein
kleiner Garten voll Blumen, in welchem sich diejenigen,
welche die Gärtnerei lieben, ein Stück Land aussuchen,
und es selber bepflanzen und bauen können.

Man zeigte mir hier schöne Monstranzen, die der
Hofjubelirer hier in Carlsruhe gemacht hat. Wiewohl
an der größten und schönsten nur falsche Steine sind, so
kostet sie doch 4000. Gulden. Da sah ich deutlich die
silberne Lunula, auf welcher die geweihte Hostie, oder
das Sanctissimum, wie sie es heissen, zur Anbetung
ausgesetzt wird. Vorne ist das Kästchen mit Glas ein-
gefaßt, und von hinten wird es geöfnet.

Auch sah ich hier silberne Abtsstäbe, doch geht in-
wendig ein hölzerner dadurch.

Ferner Infuln von allen Farben, wie sie nur infu-
lirte Aebte tragen dürfen. Diese und den Abtstab braucht
der Reichsprälat, wenn er an hohen Festen selber pon-
tifizirt,
d. h. das Hochamt verrichtet. So oft das
geschieht, müssen ihm nicht nur seine Kanzleibedienten,
sondern auch der Reichs-Schulz der Stadt, weil er ihn
wählt, kredenziren, wie man sagt, oder assistiren

Zwei Zentner weisses Wachs braucht das Kloster
alle Jahre. Sie lassen es von Augsburg, vermuth-

lich

Die Patres verſtehen faſt alle Muſik, und ſpielen
beim Hochamt ſelber die Orgel und die Violin. Da ei-
ner unter ihnen, P. Aloyſius, der Sohn unſers hieſi-
gen Kapellmeiſters Schmittbauers iſt, der von Jugend
auf von ſeinem geſchickten Vater Muſik gelernt hat, ſo
iſt dadurch noch mehr Eifer und Liebe zur Tonkunſt unter
die Geiſtlichen gekommen.

Innerhalb den Ringmauern des Konvents iſt ein
kleiner Garten voll Blumen, in welchem ſich diejenigen,
welche die Gaͤrtnerei lieben, ein Stuͤck Land ausſuchen,
und es ſelber bepflanzen und bauen koͤnnen.

Man zeigte mir hier ſchoͤne Monſtranzen, die der
Hofjubelirer hier in Carlsruhe gemacht hat. Wiewohl
an der groͤßten und ſchoͤnſten nur falſche Steine ſind, ſo
koſtet ſie doch 4000. Gulden. Da ſah ich deutlich die
ſilberne Lunula, auf welcher die geweihte Hoſtie, oder
das Sanctiſſimum, wie ſie es heiſſen, zur Anbetung
ausgeſetzt wird. Vorne iſt das Kaͤſtchen mit Glas ein-
gefaßt, und von hinten wird es geoͤfnet.

Auch ſah ich hier ſilberne Abtsſtaͤbe, doch geht in-
wendig ein hoͤlzerner dadurch.

Ferner Infuln von allen Farben, wie ſie nur infu-
lirte Aebte tragen duͤrfen. Dieſe und den Abtſtab braucht
der Reichspraͤlat, wenn er an hohen Feſten ſelber pon-
tifizirt,
d. h. das Hochamt verrichtet. So oft das
geſchieht, muͤſſen ihm nicht nur ſeine Kanzleibedienten,
ſondern auch der Reichs-Schulz der Stadt, weil er ihn
waͤhlt, kredenziren, wie man ſagt, oder aſſiſtiren

Zwei Zentner weiſſes Wachs braucht das Kloſter
alle Jahre. Sie laſſen es von Augsburg, vermuth-

lich
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[340/0378] Die Patres verſtehen faſt alle Muſik, und ſpielen beim Hochamt ſelber die Orgel und die Violin. Da ei- ner unter ihnen, P. Aloyſius, der Sohn unſers hieſi- gen Kapellmeiſters Schmittbauers iſt, der von Jugend auf von ſeinem geſchickten Vater Muſik gelernt hat, ſo iſt dadurch noch mehr Eifer und Liebe zur Tonkunſt unter die Geiſtlichen gekommen. Innerhalb den Ringmauern des Konvents iſt ein kleiner Garten voll Blumen, in welchem ſich diejenigen, welche die Gaͤrtnerei lieben, ein Stuͤck Land ausſuchen, und es ſelber bepflanzen und bauen koͤnnen. Man zeigte mir hier ſchoͤne Monſtranzen, die der Hofjubelirer hier in Carlsruhe gemacht hat. Wiewohl an der groͤßten und ſchoͤnſten nur falſche Steine ſind, ſo koſtet ſie doch 4000. Gulden. Da ſah ich deutlich die ſilberne Lunula, auf welcher die geweihte Hoſtie, oder das Sanctiſſimum, wie ſie es heiſſen, zur Anbetung ausgeſetzt wird. Vorne iſt das Kaͤſtchen mit Glas ein- gefaßt, und von hinten wird es geoͤfnet. Auch ſah ich hier ſilberne Abtsſtaͤbe, doch geht in- wendig ein hoͤlzerner dadurch. Ferner Infuln von allen Farben, wie ſie nur infu- lirte Aebte tragen duͤrfen. Dieſe und den Abtſtab braucht der Reichspraͤlat, wenn er an hohen Feſten ſelber pon- tifizirt, d. h. das Hochamt verrichtet. So oft das geſchieht, muͤſſen ihm nicht nur ſeine Kanzleibedienten, ſondern auch der Reichs-Schulz der Stadt, weil er ihn waͤhlt, kredenziren, wie man ſagt, oder aſſiſtiren Zwei Zentner weiſſes Wachs braucht das Kloſter alle Jahre. Sie laſſen es von Augsburg, vermuth- lich

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/378>, abgerufen am 22.11.2024.