die Höle, aller Beschwerlichkeiten, und der unzähligen Steine des Anstosses ungeachtet, so lange fort, als es nur möglich war. Zuletzt kamen wir an einen starken und reissenden Bach, der wenigstens in einer Tiefe von zwanzig Klaftern im Boden läuft. Ueber diesem Bache ist die Höle viel höher, als ein gewöhnlich steinernes Haus. Ich bemerkte, was nach der Aussage meiner Begleiter noch niemand bemerkt hatte, daß nämlich das Wasser vorne kalt, und hinten merklich warm ist. Ich fand das, da ich so lange hineinging, als ich festen Bo- den vermuthen konnte, das Wasser auf der Zunge ver- suchte, und mir die Augen damit auswusch. Unzählig sind die schrecklichen Massen von Kalksteinen, die hier hängen, schweben, allerlei Figuren bilden, herabstürzen, unten entstehen, von oben herabwachsen und den untern begegnen. -- Unzählbar sind alle diese Brocken, wie- wohl man schon schreckliche Lasten davon abgeschlagen und herausgeschaft hat. Doch die nähere Beschreibung die- ser fürchterlich schönen unterirrdischen Merkwürdigkeit ge- hört nicht hieher, ich werde sie an einem andern Orte den Naturforschern mittheilen.
Von Hasel mußte auf Befehl des lieben Oberforst- meisters, Hrn. von Adelsheim, der Jäger, oder wie die Leute hier sagen, der Schütze mit mir reiten, und mich die nächste Straffe nach St. Blasien führen. Ich kam dabei an die diesseitigen Grenzen meines Vaterlan- des, und sah einige Waldungen und Waldorte, die ge- sehen zu werden verdienen. Wir ritten (der Jäger mit seiner Kugelbüchse und Jägertasche bewafnet voran) über manchen steilen Felsen, über langgestreckte Baumwur- zeln, und verwachsenes Gesträuch, über leere Heide-
plätze,
die Hoͤle, aller Beſchwerlichkeiten, und der unzaͤhligen Steine des Anſtoſſes ungeachtet, ſo lange fort, als es nur moͤglich war. Zuletzt kamen wir an einen ſtarken und reiſſenden Bach, der wenigſtens in einer Tiefe von zwanzig Klaftern im Boden laͤuft. Ueber dieſem Bache iſt die Hoͤle viel hoͤher, als ein gewoͤhnlich ſteinernes Haus. Ich bemerkte, was nach der Ausſage meiner Begleiter noch niemand bemerkt hatte, daß naͤmlich das Waſſer vorne kalt, und hinten merklich warm iſt. Ich fand das, da ich ſo lange hineinging, als ich feſten Bo- den vermuthen konnte, das Waſſer auf der Zunge ver- ſuchte, und mir die Augen damit auswuſch. Unzaͤhlig ſind die ſchrecklichen Maſſen von Kalkſteinen, die hier haͤngen, ſchweben, allerlei Figuren bilden, herabſtuͤrzen, unten entſtehen, von oben herabwachſen und den untern begegnen. — Unzaͤhlbar ſind alle dieſe Brocken, wie- wohl man ſchon ſchreckliche Laſten davon abgeſchlagen und herausgeſchaft hat. Doch die naͤhere Beſchreibung die- ſer fuͤrchterlich ſchoͤnen unterirrdiſchen Merkwuͤrdigkeit ge- hoͤrt nicht hieher, ich werde ſie an einem andern Orte den Naturforſchern mittheilen.
Von Haſel mußte auf Befehl des lieben Oberforſt- meiſters, Hrn. von Adelsheim, der Jaͤger, oder wie die Leute hier ſagen, der Schuͤtze mit mir reiten, und mich die naͤchſte Straffe nach St. Blaſien fuͤhren. Ich kam dabei an die dieſſeitigen Grenzen meines Vaterlan- des, und ſah einige Waldungen und Waldorte, die ge- ſehen zu werden verdienen. Wir ritten (der Jaͤger mit ſeiner Kugelbuͤchſe und Jaͤgertaſche bewafnet voran) uͤber manchen ſteilen Felſen, uͤber langgeſtreckte Baumwur- zeln, und verwachſenes Geſtraͤuch, uͤber leere Heide-
plaͤtze,
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die Hoͤle, aller Beſchwerlichkeiten, und der unzaͤhligen
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nur moͤglich war. Zuletzt kamen wir an einen ſtarken
und reiſſenden Bach, der wenigſtens in einer Tiefe von
zwanzig Klaftern im Boden laͤuft. Ueber dieſem Bache
iſt die Hoͤle viel hoͤher, als ein gewoͤhnlich ſteinernes
Haus. Ich bemerkte, was nach der Ausſage meiner
Begleiter noch niemand bemerkt hatte, daß naͤmlich das
Waſſer vorne kalt, und hinten merklich warm iſt. Ich
fand das, da ich ſo lange hineinging, als ich feſten Bo-
den vermuthen konnte, das Waſſer auf der Zunge ver-
ſuchte, und mir die Augen damit auswuſch. Unzaͤhlig
ſind die ſchrecklichen Maſſen von Kalkſteinen, die hier
haͤngen, ſchweben, allerlei Figuren bilden, herabſtuͤrzen,
unten entſtehen, von oben herabwachſen und den untern
begegnen. — Unzaͤhlbar ſind alle dieſe Brocken, wie-
wohl man ſchon ſchreckliche Laſten davon abgeſchlagen und
herausgeſchaft hat. Doch die naͤhere Beſchreibung die-
ſer fuͤrchterlich ſchoͤnen unterirrdiſchen Merkwuͤrdigkeit ge-
hoͤrt nicht hieher, ich werde ſie an einem andern Orte den
Naturforſchern mittheilen.
Von Haſel mußte auf Befehl des lieben Oberforſt-
meiſters, Hrn. von Adelsheim, der Jaͤger, oder wie
die Leute hier ſagen, der Schuͤtze mit mir reiten, und
mich die naͤchſte Straffe nach St. Blaſien fuͤhren. Ich
kam dabei an die dieſſeitigen Grenzen meines Vaterlan-
des, und ſah einige Waldungen und Waldorte, die ge-
ſehen zu werden verdienen. Wir ritten (der Jaͤger mit
ſeiner Kugelbuͤchſe und Jaͤgertaſche bewafnet voran) uͤber
manchen ſteilen Felſen, uͤber langgeſtreckte Baumwur-
zeln, und verwachſenes Geſtraͤuch, uͤber leere Heide-
plaͤtze,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/421>, abgerufen am 22.11.2024.
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