schmückten Legende, die an den Wänden der Kirche in Todtmoos abgemalt ist. Diese Kirche hat einige Schönheiten, sie ist zwar nur von Holz, entweder ver- goldet oder marmorirt. Auch hier sieht man, wie über- oll in katholischen Ländern, die Agathenzettel an allen Thüren und Eingängen angeklebt. Ich muß gestehen, daß ich vorher die Bedeutung der drei Buchstaben, C. M. B., die gewöhnlich unten beigeschrieben sind, nicht gewußt habe. Ein Pater aus dem Superiorat erklärte mir es so: Es wären die Anfangsbuchstaben von den Namen der heiligen drei Könige, Caspar, Melchior, Balzer oder Balthasar. Denn diese Zettel werden [a]m Agathen- und am Dreikönigstage in der Kirche geweiht. Ein anderer Pater hatte in dieser Probstei ei- nen schönen Sperber an einer Leine vor dem Fenster. Er war in diesen Gegenden gefangen worden, und trug ein herrliches schwarzes Band auf dem Rücken.
Nach Tische setzte ich die Reise fort, und war nach wenigen Stunden in St. Blasien.
Auf dem Todtmoos hatte ich schon den P. Ober- pfleger angetroffen, der eben von seinen halbjährigen Schulvsitationen zurückkam und nach dem Kloster ritt, um dem Fürsten seinen Bericht zu erstatten. Er war bereits in alter, aber ein ehrwürdiger, einsichtsvoller und liebeicher Mann. Wir sprachen zusammen über die Einrchtung der Oesterreichischen und Baadischen Schulen und manches, das ich ihm erzählte, gefiel ihm sehr wohl. Er setzte sich nachher in seine Chaise, und lies sch die schrecklichen Berge hinaufziehen. Ich hatte das Vergnügen, an und vor seinem Wagen zu reiten, u[nd] so erreichten wir endlich die letzte Höhe, die
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ſchmuͤckten Legende, die an den Waͤnden der Kirche in Todtmoos abgemalt iſt. Dieſe Kirche hat einige Schoͤnheiten, ſie iſt zwar nur von Holz, entweder ver- goldet oder marmorirt. Auch hier ſieht man, wie uͤber- oll in katholiſchen Laͤndern, die Agathenzettel an allen Thuͤren und Eingaͤngen angeklebt. Ich muß geſtehen, daß ich vorher die Bedeutung der drei Buchſtaben, C. M. B., die gewoͤhnlich unten beigeſchrieben ſind, nicht gewußt habe. Ein Pater aus dem Superiorat erklaͤrte mir es ſo: Es waͤren die Anfangsbuchſtaben von den Namen der heiligen drei Koͤnige, Caſpar, Melchior, Balzer oder Balthaſar. Denn dieſe Zettel werden [a]m Agathen- und am Dreikoͤnigstage in der Kirche geweiht. Ein anderer Pater hatte in dieſer Probſtei ei- nen ſchoͤnen Sperber an einer Leine vor dem Fenſter. Er war in dieſen Gegenden gefangen worden, und trug ein herrliches ſchwarzes Band auf dem Ruͤcken.
Nach Tiſche ſetzte ich die Reiſe fort, und war nach wenigen Stunden in St. Blaſien.
Auf dem Todtmoos hatte ich ſchon den P. Ober- pfleger angetroffen, der eben von ſeinen halbjaͤhrigen Schulvſitationen zuruͤckkam und nach dem Kloſter ritt, um dem Fuͤrſten ſeinen Bericht zu erſtatten. Er war bereits in alter, aber ein ehrwuͤrdiger, einſichtsvoller und liebeicher Mann. Wir ſprachen zuſammen uͤber die Einrchtung der Oeſterreichiſchen und Baadiſchen Schulen und manches, das ich ihm erzaͤhlte, gefiel ihm ſehr wohl. Er ſetzte ſich nachher in ſeine Chaiſe, und lies ſch die ſchrecklichen Berge hinaufziehen. Ich hatte das Vergnuͤgen, an und vor ſeinem Wagen zu reiten, u[nd] ſo erreichten wir endlich die letzte Hoͤhe, die
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ſchmuͤckten Legende, die an den Waͤnden der Kirche in
Todtmoos abgemalt iſt. Dieſe Kirche hat einige
Schoͤnheiten, ſie iſt zwar nur von Holz, entweder ver-
goldet oder marmorirt. Auch hier ſieht man, wie uͤber-
oll in katholiſchen Laͤndern, die Agathenzettel an allen
Thuͤren und Eingaͤngen angeklebt. Ich muß geſtehen,
daß ich vorher die Bedeutung der drei Buchſtaben, C.
M. B., die gewoͤhnlich unten beigeſchrieben ſind, nicht
gewußt habe. Ein Pater aus dem Superiorat erklaͤrte
mir es ſo: Es waͤren die Anfangsbuchſtaben von den
Namen der heiligen drei Koͤnige, Caſpar, Melchior,
Balzer oder Balthaſar. Denn dieſe Zettel werden
am Agathen- und am Dreikoͤnigstage in der Kirche
geweiht. Ein anderer Pater hatte in dieſer Probſtei ei-
nen ſchoͤnen Sperber an einer Leine vor dem Fenſter.
Er war in dieſen Gegenden gefangen worden, und trug
ein herrliches ſchwarzes Band auf dem Ruͤcken.
Nach Tiſche ſetzte ich die Reiſe fort, und war nach
wenigen Stunden in St. Blaſien.
Auf dem Todtmoos hatte ich ſchon den P. Ober-
pfleger angetroffen, der eben von ſeinen halbjaͤhrigen
Schulvſitationen zuruͤckkam und nach dem Kloſter ritt,
um dem Fuͤrſten ſeinen Bericht zu erſtatten. Er war
bereits in alter, aber ein ehrwuͤrdiger, einſichtsvoller
und liebeicher Mann. Wir ſprachen zuſammen uͤber
die Einrchtung der Oeſterreichiſchen und Baadiſchen
Schulen und manches, das ich ihm erzaͤhlte, gefiel
ihm ſehr wohl. Er ſetzte ſich nachher in ſeine Chaiſe,
und lies ſch die ſchrecklichen Berge hinaufziehen. Ich
hatte das Vergnuͤgen, an und vor ſeinem Wagen zu
reiten, und ſo erreichten wir endlich die letzte Hoͤhe, die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/429>, abgerufen am 22.11.2024.
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