und zehn Zentner wiegen sollte. Ich habe aber bei der Einrichtung nichts verschieden gefunden von der Anstalt, die ich in Speier gesehen habe *). Es war gut, daß man hier die Materie nicht gespart hatte. Denn der Ofen bekam schnell eine Ritze, das geschmolzene Gut fing an auszulaufen, der Meister bei der ganzen Sache wollte es sich vorher vom Fürsten ausbitten, daß Er mit seiner geweihten Hand anstechen möchte; es ward ihm aber ab- geschlagen, und die Umstände des Ofens nöthigten ihn, in der Eile die Materie auslaufen zu lassen, und den Guß zu wagen. Es gelang ihm aber recht gut, so viel man nachher an der neuen Glocke sehen konnte, ehe sie ganz gereinigt war. -- Man konnte den kostbaren Bau der Kirche, und so manches andre in St. Blasien um so viel leichter ausführen, da die Vorsehung auf den un- glücklichen Brand jene theuren Jahre folgen lies, wo besonders die Brodfrucht, und das Getreide, wovon St. Blasien einen Ueberfluß hat, in sehr hohem Preise stand.
Mit eben so grossem Vergnügen besah ich im ober- sten Stock bei Hofe, da wo über der Thüre ein Papagei gemalt ist, das Naturalienkabinet. Es steht unter der Aufsicht des P. Franz, Oberrechner, dessen Gütig- keit, Höflichkeit und Dienstfertigkeit gegen mich ich über- haupt nicht genug rühmen kan. Schade, daß dieser fleissige und gescheute Mann nicht mehr Zeit auf das Stu- dium der Natur wenden, und sich nicht die besten und unentbehrlichsten Bücher anschaffen kan. Wir würden gewis aus dieser noch unbekannten, und nicht untersuch- ten Gegend des Schwarzwaldes manchen wichtigen Beitrag zur Summe unsrer naturhistorischen Kenntnisse
erhal-
*) S. Seite 325,
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und zehn Zentner wiegen ſollte. Ich habe aber bei der Einrichtung nichts verſchieden gefunden von der Anſtalt, die ich in Speier geſehen habe *). Es war gut, daß man hier die Materie nicht geſpart hatte. Denn der Ofen bekam ſchnell eine Ritze, das geſchmolzene Gut fing an auszulaufen, der Meiſter bei der ganzen Sache wollte es ſich vorher vom Fuͤrſten ausbitten, daß Er mit ſeiner geweihten Hand anſtechen moͤchte; es ward ihm aber ab- geſchlagen, und die Umſtaͤnde des Ofens noͤthigten ihn, in der Eile die Materie auslaufen zu laſſen, und den Guß zu wagen. Es gelang ihm aber recht gut, ſo viel man nachher an der neuen Glocke ſehen konnte, ehe ſie ganz gereinigt war. — Man konnte den koſtbaren Bau der Kirche, und ſo manches andre in St. Blaſien um ſo viel leichter ausfuͤhren, da die Vorſehung auf den un- gluͤcklichen Brand jene theuren Jahre folgen lies, wo beſonders die Brodfrucht, und das Getreide, wovon St. Blaſien einen Ueberfluß hat, in ſehr hohem Preiſe ſtand.
Mit eben ſo groſſem Vergnuͤgen beſah ich im ober- ſten Stock bei Hofe, da wo uͤber der Thuͤre ein Papagei gemalt iſt, das Naturalienkabinet. Es ſteht unter der Aufſicht des P. Franz, Oberrechner, deſſen Guͤtig- keit, Hoͤflichkeit und Dienſtfertigkeit gegen mich ich uͤber- haupt nicht genug ruͤhmen kan. Schade, daß dieſer fleiſſige und geſcheute Mann nicht mehr Zeit auf das Stu- dium der Natur wenden, und ſich nicht die beſten und unentbehrlichſten Buͤcher anſchaffen kan. Wir wuͤrden gewis aus dieſer noch unbekannten, und nicht unterſuch- ten Gegend des Schwarzwaldes manchen wichtigen Beitrag zur Summe unſrer naturhiſtoriſchen Kenntniſſe
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und zehn Zentner wiegen ſollte. Ich habe aber bei der
Einrichtung nichts verſchieden gefunden von der Anſtalt,
die ich in Speier geſehen habe *). Es war gut, daß
man hier die Materie nicht geſpart hatte. Denn der
Ofen bekam ſchnell eine Ritze, das geſchmolzene Gut fing
an auszulaufen, der Meiſter bei der ganzen Sache wollte
es ſich vorher vom Fuͤrſten ausbitten, daß Er mit ſeiner
geweihten Hand anſtechen moͤchte; es ward ihm aber ab-
geſchlagen, und die Umſtaͤnde des Ofens noͤthigten ihn,
in der Eile die Materie auslaufen zu laſſen, und den
Guß zu wagen. Es gelang ihm aber recht gut, ſo viel
man nachher an der neuen Glocke ſehen konnte, ehe ſie
ganz gereinigt war. — Man konnte den koſtbaren Bau
der Kirche, und ſo manches andre in St. Blaſien um
ſo viel leichter ausfuͤhren, da die Vorſehung auf den un-
gluͤcklichen Brand jene theuren Jahre folgen lies, wo
beſonders die Brodfrucht, und das Getreide, wovon St.
Blaſien einen Ueberfluß hat, in ſehr hohem Preiſe ſtand.
Mit eben ſo groſſem Vergnuͤgen beſah ich im ober-
ſten Stock bei Hofe, da wo uͤber der Thuͤre ein Papagei
gemalt iſt, das Naturalienkabinet. Es ſteht unter
der Aufſicht des P. Franz, Oberrechner, deſſen Guͤtig-
keit, Hoͤflichkeit und Dienſtfertigkeit gegen mich ich uͤber-
haupt nicht genug ruͤhmen kan. Schade, daß dieſer
fleiſſige und geſcheute Mann nicht mehr Zeit auf das Stu-
dium der Natur wenden, und ſich nicht die beſten und
unentbehrlichſten Buͤcher anſchaffen kan. Wir wuͤrden
gewis aus dieſer noch unbekannten, und nicht unterſuch-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/445>, abgerufen am 25.11.2024.
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