auch zum erstenmahle rothen und weissen Etschwein von sonderbarem Nachgeschmack. Der Tyroler Wein wächst meistens auf der Seite nach Italien, man hat weissen und rothen, der rothe hält sich auch hier nicht, verliert bald seine Süssigkeit, alle aber sind hitzig.
Den 8ten April.
Inspruck. Hier war ich heute. Die Stadt liegt schön am Inn hin, und erinnerte mich im Kleinen an Hamburg. Ueber den Strom gehen hölzerne Brücken. Er ist sehr wütend, und versandet ganze Gegenden. Er entspringt in Graubündten, und fällt bei Passau in die Donau. Die Theresienstadt oder Vorstadt ist eine schöne gerade Strasse, und schöner als die Stadt. Ich logirte im Löwen bei Ugonia. Die Stadt hat keine einzige Quelle, man leitet aber Wasser durch Röh- ren von Mühlen, von Ambras und von allen Gegen- den hin.
Das goldene Dächlein an dem alten Universitäts- gebäude, -- jetzt eine Kaserne, -- das der Erzherzog FriedrichIV. von Oesterreich verfertigen lies, zum Beweis, daß man ihn unrecht den mit der leeren Tasche hies, verdient gesehen zu werden. Die Ziegel sind alle wohl eines Fingers dick vergoldet. Das Dächlein ist nicht gros, doch thut's in der Sonne eine schöne Wirkung. Schade, daß es nicht in der Residenz ist.
Am Inn hinab liegt der Flecken Mühlen*), wo die Frau von Sternbach, eine Schwester der Frau
Präsi-
*) Der Ort hat seinen Namen von den vielen Mühlen, die hier sind, Säge-Oel-Schmidtmühlen etc. Ein Bach,
der
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auch zum erſtenmahle rothen und weiſſen Etſchwein von ſonderbarem Nachgeſchmack. Der Tyroler Wein waͤchſt meiſtens auf der Seite nach Italien, man hat weiſſen und rothen, der rothe haͤlt ſich auch hier nicht, verliert bald ſeine Suͤſſigkeit, alle aber ſind hitzig.
Den 8ten April.
Inſpruck. Hier war ich heute. Die Stadt liegt ſchoͤn am Inn hin, und erinnerte mich im Kleinen an Hamburg. Ueber den Strom gehen hoͤlzerne Bruͤcken. Er iſt ſehr wuͤtend, und verſandet ganze Gegenden. Er entſpringt in Graubuͤndten, und faͤllt bei Paſſau in die Donau. Die Thereſienſtadt oder Vorſtadt iſt eine ſchoͤne gerade Straſſe, und ſchoͤner als die Stadt. Ich logirte im Loͤwen bei Ugonia. Die Stadt hat keine einzige Quelle, man leitet aber Waſſer durch Roͤh- ren von Muͤhlen, von Ambras und von allen Gegen- den hin.
Das goldene Daͤchlein an dem alten Univerſitaͤts- gebaͤude, — jetzt eine Kaſerne, — das der Erzherzog FriedrichIV. von Oeſterreich verfertigen lies, zum Beweis, daß man ihn unrecht den mit der leeren Taſche hies, verdient geſehen zu werden. Die Ziegel ſind alle wohl eines Fingers dick vergoldet. Das Daͤchlein iſt nicht gros, doch thut’s in der Sonne eine ſchoͤne Wirkung. Schade, daß es nicht in der Reſidenz iſt.
Am Inn hinab liegt der Flecken Muͤhlen*), wo die Frau von Sternbach, eine Schweſter der Frau
Praͤſi-
*) Der Ort hat ſeinen Namen von den vielen Muͤhlen, die hier ſind, Saͤge-Oel-Schmidtmuͤhlen ꝛc. Ein Bach,
der
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waͤchſt meiſtens auf der Seite nach Italien, man hat
weiſſen und rothen, der rothe haͤlt ſich auch hier nicht,
verliert bald ſeine Suͤſſigkeit, alle aber ſind hitzig.
Den 8ten April.
Inſpruck. Hier war ich heute. Die Stadt liegt
ſchoͤn am Inn hin, und erinnerte mich im Kleinen an
Hamburg. Ueber den Strom gehen hoͤlzerne Bruͤcken.
Er iſt ſehr wuͤtend, und verſandet ganze Gegenden. Er
entſpringt in Graubuͤndten, und faͤllt bei Paſſau in
die Donau. Die Thereſienſtadt oder Vorſtadt iſt
eine ſchoͤne gerade Straſſe, und ſchoͤner als die Stadt.
Ich logirte im Loͤwen bei Ugonia. Die Stadt hat
keine einzige Quelle, man leitet aber Waſſer durch Roͤh-
ren von Muͤhlen, von Ambras und von allen Gegen-
den hin.
Das goldene Daͤchlein an dem alten Univerſitaͤts-
gebaͤude, — jetzt eine Kaſerne, — das der Erzherzog
Friedrich IV. von Oeſterreich verfertigen lies, zum
Beweis, daß man ihn unrecht den mit der leeren Taſche
hies, verdient geſehen zu werden. Die Ziegel ſind alle
wohl eines Fingers dick vergoldet. Das Daͤchlein iſt
nicht gros, doch thut’s in der Sonne eine ſchoͤne Wirkung.
Schade, daß es nicht in der Reſidenz iſt.
Am Inn hinab liegt der Flecken Muͤhlen *), wo
die Frau von Sternbach, eine Schweſter der Frau
Praͤſi-
*) Der Ort hat ſeinen Namen von den vielen Muͤhlen,
die hier ſind, Saͤge-Oel-Schmidtmuͤhlen ꝛc. Ein Bach,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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