Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Gewaltig viel Schneehühner, Haselhühner, Reh-
böcke, Haasen etc. gibts hier, aber auch viel Wilderer,
die den ganzen Sommer durch auf den Bergen liegen, die
Gemsen wegschiessen, und im Winter als Hafenbinder
herum laufen.

Ich fuhr in der gnädigen Frau Wagen mit dem Ka-
plan herein, und sah noch -- den Berg Martinswand
mit dem Kruzifix oben, wo Maximilian I. sich einmahl
so sehr verstieg, -- das Aeussere der Burg oder die Re-
sidenz,
wobei ich zugleich die Erzherzogin und Aebtissin
vom Stifte, Elisabeth, halb schwarz halb weis geklei-
det, mit 6. Schimmeln ausfahren sah. Zwei Kammer-
damen sassen bei ihr, aber beide rücklings. Die Kanz-
lei,
die ein Theil der Burg ist, -- den Redouten-
saal
und das Komödienhaus, -- das Collegium No-
bilium
,
ehemals das Jesuiterkollegium, wo Herr Vize-
direktor und erster Hofmeister, Hr. Bobb, ein sehr ge-
fälliger Mann war.

Darauf machte ich bei Hrn. Baron und Gubernial-
rath Ignatz von Sternbach einen Besuch, der auf
einen Brief von Mühlen mir Erlaubnis nach Hall zu
geben versprach.

Den 9ten April.

Das hiesige Adeliche Damenstift stiftete erst die
verstorbene Kaiserin, Maria Theresia, und lies zum
Andenken des Todes ihres Gemahls aus dem Orte, wo
er starb, eine Kapelle machen, welches nun die Stifts-
kapelle ist, wo alle Tage 2. Franziskaner Messe lesen
müssen. Ich besah heute das

Natura-
E e 4

Gewaltig viel Schneehuͤhner, Haſelhuͤhner, Reh-
boͤcke, Haaſen ꝛc. gibts hier, aber auch viel Wilderer,
die den ganzen Sommer durch auf den Bergen liegen, die
Gemſen wegſchieſſen, und im Winter als Hafenbinder
herum laufen.

Ich fuhr in der gnaͤdigen Frau Wagen mit dem Ka-
plan herein, und ſah noch — den Berg Martinswand
mit dem Kruzifix oben, wo Maximilian I. ſich einmahl
ſo ſehr verſtieg, — das Aeuſſere der Burg oder die Re-
ſidenz,
wobei ich zugleich die Erzherzogin und Aebtiſſin
vom Stifte, Eliſabeth, halb ſchwarz halb weis geklei-
det, mit 6. Schimmeln ausfahren ſah. Zwei Kammer-
damen ſaſſen bei ihr, aber beide ruͤcklings. Die Kanz-
lei,
die ein Theil der Burg iſt, — den Redouten-
ſaal
und das Komoͤdienhaus, — das Collegium No-
bilium
,
ehemals das Jeſuiterkollegium, wo Herr Vize-
direktor und erſter Hofmeiſter, Hr. Bobb, ein ſehr ge-
faͤlliger Mann war.

Darauf machte ich bei Hrn. Baron und Gubernial-
rath Ignatz von Sternbach einen Beſuch, der auf
einen Brief von Muͤhlen mir Erlaubnis nach Hall zu
geben verſprach.

Den 9ten April.

Das hieſige Adeliche Damenſtift ſtiftete erſt die
verſtorbene Kaiſerin, Maria Thereſia, und lies zum
Andenken des Todes ihres Gemahls aus dem Orte, wo
er ſtarb, eine Kapelle machen, welches nun die Stifts-
kapelle iſt, wo alle Tage 2. Franziskaner Meſſe leſen
muͤſſen. Ich beſah heute das

Natura-
E e 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0477" n="439"/>
              <p>Gewaltig viel <hi rendition="#fr">Schneehu&#x0364;hner,</hi> Ha&#x017F;elhu&#x0364;hner, Reh-<lb/>
bo&#x0364;cke, Haa&#x017F;en &#xA75B;c. gibts hier, aber auch viel <hi rendition="#fr">Wilderer,</hi><lb/>
die den ganzen Sommer durch auf den Bergen liegen, die<lb/>
Gem&#x017F;en weg&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en, und im Winter als Hafenbinder<lb/>
herum laufen.</p><lb/>
              <p>Ich fuhr in der gna&#x0364;digen Frau Wagen mit dem Ka-<lb/>
plan herein, und &#x017F;ah noch &#x2014; den Berg <hi rendition="#fr">Martinswand</hi><lb/>
mit dem Kruzifix oben, wo <hi rendition="#fr">Maximilian</hi> <hi rendition="#aq">I.</hi> &#x017F;ich einmahl<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr ver&#x017F;tieg, &#x2014; das Aeu&#x017F;&#x017F;ere der Burg oder die <hi rendition="#fr">Re-<lb/>
&#x017F;idenz,</hi> wobei ich zugleich die Erzherzogin und Aebti&#x017F;&#x017F;in<lb/>
vom Stifte, <hi rendition="#fr">Eli&#x017F;abeth,</hi> halb &#x017F;chwarz halb weis geklei-<lb/>
det, mit 6. Schimmeln ausfahren &#x017F;ah. Zwei Kammer-<lb/>
damen &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en bei ihr, aber beide ru&#x0364;cklings. Die <hi rendition="#fr">Kanz-<lb/>
lei,</hi> die ein Theil der Burg i&#x017F;t, &#x2014; den <hi rendition="#fr">Redouten-<lb/>
&#x017F;aal</hi> und das Komo&#x0364;dienhaus, &#x2014; das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Collegium No-<lb/>
bilium</hi>,</hi> ehemals das Je&#x017F;uiterkollegium, wo Herr Vize-<lb/>
direktor und er&#x017F;ter Hofmei&#x017F;ter, Hr. <hi rendition="#fr">Bobb,</hi> ein &#x017F;ehr ge-<lb/>
fa&#x0364;lliger Mann war.</p><lb/>
              <p>Darauf machte ich bei Hrn. Baron und Gubernial-<lb/>
rath <hi rendition="#fr">Ignatz von Sternbach</hi> einen Be&#x017F;uch, der auf<lb/>
einen Brief von <hi rendition="#fr">Mu&#x0364;hlen</hi> mir Erlaubnis nach <hi rendition="#fr">Hall</hi> zu<lb/>
geben ver&#x017F;prach.</p>
            </div><lb/>
            <div n="3">
              <head>Den 9ten April.</head><lb/>
              <p>Das hie&#x017F;ige <hi rendition="#fr">Adeliche Damen&#x017F;tift</hi> &#x017F;tiftete er&#x017F;t die<lb/>
ver&#x017F;torbene Kai&#x017F;erin, <hi rendition="#fr">Maria There&#x017F;ia,</hi> und lies zum<lb/>
Andenken des Todes ihres Gemahls aus dem Orte, wo<lb/>
er &#x017F;tarb, eine Kapelle machen, welches nun die Stifts-<lb/>
kapelle i&#x017F;t, wo alle Tage 2. Franziskaner Me&#x017F;&#x017F;e le&#x017F;en<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Ich be&#x017F;ah heute das</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">E e 4</fw>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Natura-</hi> </fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[439/0477] Gewaltig viel Schneehuͤhner, Haſelhuͤhner, Reh- boͤcke, Haaſen ꝛc. gibts hier, aber auch viel Wilderer, die den ganzen Sommer durch auf den Bergen liegen, die Gemſen wegſchieſſen, und im Winter als Hafenbinder herum laufen. Ich fuhr in der gnaͤdigen Frau Wagen mit dem Ka- plan herein, und ſah noch — den Berg Martinswand mit dem Kruzifix oben, wo Maximilian I. ſich einmahl ſo ſehr verſtieg, — das Aeuſſere der Burg oder die Re- ſidenz, wobei ich zugleich die Erzherzogin und Aebtiſſin vom Stifte, Eliſabeth, halb ſchwarz halb weis geklei- det, mit 6. Schimmeln ausfahren ſah. Zwei Kammer- damen ſaſſen bei ihr, aber beide ruͤcklings. Die Kanz- lei, die ein Theil der Burg iſt, — den Redouten- ſaal und das Komoͤdienhaus, — das Collegium No- bilium, ehemals das Jeſuiterkollegium, wo Herr Vize- direktor und erſter Hofmeiſter, Hr. Bobb, ein ſehr ge- faͤlliger Mann war. Darauf machte ich bei Hrn. Baron und Gubernial- rath Ignatz von Sternbach einen Beſuch, der auf einen Brief von Muͤhlen mir Erlaubnis nach Hall zu geben verſprach. Den 9ten April. Das hieſige Adeliche Damenſtift ſtiftete erſt die verſtorbene Kaiſerin, Maria Thereſia, und lies zum Andenken des Todes ihres Gemahls aus dem Orte, wo er ſtarb, eine Kapelle machen, welches nun die Stifts- kapelle iſt, wo alle Tage 2. Franziskaner Meſſe leſen muͤſſen. Ich beſah heute das Natura- E e 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/477
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/477>, abgerufen am 22.11.2024.