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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Falsch verbreitete man hier das Gerücht, der Kai-
ser
sei bei der Begleitung und dem endlichen Abschied
vom Pabste vor ihm auf die Knie gefallen, habe geweint,
und sich seinen Segen ausgebeten. In der Kirche ver-
richteten sie die Andacht mit einander, aber sonst erfolgte
nichts von der Art. Sie umarmten sich zuletzt wie
beim Empfang.

Bemerkungen.

Viel schöne Gesichter sieht man hier nicht. Ent-
weder sind sie geschminkt, oder bleich, oder gelblicht,
kurz, sie haben die ungesunde Farbe der Unordnung und
des schwelgerischen Lebens.

Auch gibt's hier keine Jungfern, sondern lauter
Fräulein, und ausser den Bedienten ist niemand bür-
gerlich,
sondern alles adelich, gnädig. -- Man er-
zählt, daß Kaiser Franz I. einmal im Scherz einen
Bedienten, der ihm in Weg lief, auch Herr von nann-
te. Der Mann hatte Gegenwart des Geistes, nahm
den Kaiser beim Wort, bedankte sich zugleich allerunter-
thänigst für die Nobilitirung, und seine Familie ist noch
jetzt im Adelstande.

Man kan hier ganze Boutiquen von eingefaßten
Ringen sehen, mit allen möglichen ächten und falschen
Steinen, mit Köpfen, mit Blumen, mit nachgemach-
ten Insekten, mit dem Bildnis des Kaisers, des Pabsts.

Man bringt eine Menge lebendiger Karpfen aus
Böhmen hieher, setzt sie bei Nußdorf eine Zeitlang
wieder ins Donauwasser, und verkauft sie hernach für
Donaukarpfen. Wenn auch einer einen Teich anlegen,
und erst mit Setzkarpfen besetzen will, kan er 130 -- 140.
Stücke auf einmal verschreiben, und bekommt sie richtig.

Den

Falſch verbreitete man hier das Geruͤcht, der Kai-
ſer
ſei bei der Begleitung und dem endlichen Abſchied
vom Pabſte vor ihm auf die Knie gefallen, habe geweint,
und ſich ſeinen Segen ausgebeten. In der Kirche ver-
richteten ſie die Andacht mit einander, aber ſonſt erfolgte
nichts von der Art. Sie umarmten ſich zuletzt wie
beim Empfang.

Bemerkungen.

Viel ſchoͤne Geſichter ſieht man hier nicht. Ent-
weder ſind ſie geſchminkt, oder bleich, oder gelblicht,
kurz, ſie haben die ungeſunde Farbe der Unordnung und
des ſchwelgeriſchen Lebens.

Auch gibt’s hier keine Jungfern, ſondern lauter
Fraͤulein, und auſſer den Bedienten iſt niemand buͤr-
gerlich,
ſondern alles adelich, gnaͤdig. — Man er-
zaͤhlt, daß Kaiſer Franz I. einmal im Scherz einen
Bedienten, der ihm in Weg lief, auch Herr von nann-
te. Der Mann hatte Gegenwart des Geiſtes, nahm
den Kaiſer beim Wort, bedankte ſich zugleich allerunter-
thaͤnigſt fuͤr die Nobilitirung, und ſeine Familie iſt noch
jetzt im Adelſtande.

Man kan hier ganze Boutiquen von eingefaßten
Ringen ſehen, mit allen moͤglichen aͤchten und falſchen
Steinen, mit Koͤpfen, mit Blumen, mit nachgemach-
ten Inſekten, mit dem Bildnis des Kaiſers, des Pabſts.

Man bringt eine Menge lebendiger Karpfen aus
Boͤhmen hieher, ſetzt ſie bei Nußdorf eine Zeitlang
wieder ins Donauwaſſer, und verkauft ſie hernach fuͤr
Donaukarpfen. Wenn auch einer einen Teich anlegen,
und erſt mit Setzkarpfen beſetzen will, kan er 130 — 140.
Stuͤcke auf einmal verſchreiben, und bekommt ſie richtig.

Den
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[506/0544] Falſch verbreitete man hier das Geruͤcht, der Kai- ſer ſei bei der Begleitung und dem endlichen Abſchied vom Pabſte vor ihm auf die Knie gefallen, habe geweint, und ſich ſeinen Segen ausgebeten. In der Kirche ver- richteten ſie die Andacht mit einander, aber ſonſt erfolgte nichts von der Art. Sie umarmten ſich zuletzt wie beim Empfang. Bemerkungen. Viel ſchoͤne Geſichter ſieht man hier nicht. Ent- weder ſind ſie geſchminkt, oder bleich, oder gelblicht, kurz, ſie haben die ungeſunde Farbe der Unordnung und des ſchwelgeriſchen Lebens. Auch gibt’s hier keine Jungfern, ſondern lauter Fraͤulein, und auſſer den Bedienten iſt niemand buͤr- gerlich, ſondern alles adelich, gnaͤdig. — Man er- zaͤhlt, daß Kaiſer Franz I. einmal im Scherz einen Bedienten, der ihm in Weg lief, auch Herr von nann- te. Der Mann hatte Gegenwart des Geiſtes, nahm den Kaiſer beim Wort, bedankte ſich zugleich allerunter- thaͤnigſt fuͤr die Nobilitirung, und ſeine Familie iſt noch jetzt im Adelſtande. Man kan hier ganze Boutiquen von eingefaßten Ringen ſehen, mit allen moͤglichen aͤchten und falſchen Steinen, mit Koͤpfen, mit Blumen, mit nachgemach- ten Inſekten, mit dem Bildnis des Kaiſers, des Pabſts. Man bringt eine Menge lebendiger Karpfen aus Boͤhmen hieher, ſetzt ſie bei Nußdorf eine Zeitlang wieder ins Donauwaſſer, und verkauft ſie hernach fuͤr Donaukarpfen. Wenn auch einer einen Teich anlegen, und erſt mit Setzkarpfen beſetzen will, kan er 130 — 140. Stuͤcke auf einmal verſchreiben, und bekommt ſie richtig. Den

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/544>, abgerufen am 24.11.2024.